Pühringer: "Wir haben eine solidarische Pflicht"

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer plädiert für eine europäische Quote und harte Strafen für Schlepper.
Oberösterreich werde die Quoten für Asylunterkünfte erfüllen, so der Landeshauptmann.

Ab Oktober soll in Österreich das Durchgriffsrecht der Bundesregierung gelten, damit Flüchtlinge menschenwürdig und österreichischen Wetter- und Moralstandards entsprechend untergebracht werden. Ab 1. Oktober gilt dann die Aufnahmequote von 1,5 Prozent der Bevölkerungszahl einer Gemeinde.

Im Ö1-Morgenjournal betonte Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, dass der parlamentarische Auftrag an die Bundesregierung, für die Österreich-weite menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen zu sorgen, mit breiter Zustimmung erfolgen sollte.

In seinem Bundesland werde das Durchgriffsrecht nicht angewendet werden müssen, da Oberösterreich die Quote zu 100 Prozent erfüllen werde, betonte er. Die restlichen Unterkünfte würden die Tage belegt.

Auf die Frage, ob die bereits aufgestellten Container menschenwürdige Unterkünfte dastellen würden, erklärte Pühringer, die Container seien ordentlich gebaut, die manchmal auch als vorübergehenden Ersatz für Schulen zum Einsatz kämen: "Wir garantieren eine menschenwürdige Aufnahme", so der Landeshauptmann. Er verlange aber weiterhin eine europäische Quote und harte Strafen für Schlepper. "Wir haben eine solidarische Pflicht", so Pühringer, "aber andere dürfen uns da nicht im Stich lassen".

Wochenlang haben einander Bund, Länder und Gemeinden die Verantwortung für die unmenschlich-untragbaren Zustände in Traiskirchen zugeschoben. Noch immer sind 600 Flüchtlinge im niederösterreichischen Erstaufnahmezentrum obdachlos. Nach wie vor sind dort 3600 Menschen, mehr als 1000 hausen in Zelten – weil es nach wie vor viel zu wenige Quartiere in Kommunen gibt.

Am Montag wurde von unerwarteter Stelle aufgeschrieen: Die Mitarbeiter des „Betreuungsbereiches“ im Innenministerium – darunter fallen all jene, die mit der Grundversorgung zu tun haben, u. a. das Personal in Traiskirchen – wandten sich per Aussendung an die „sehr geehrten Österreicher“. Man richte sich an das Volk, „da bei der Suche nach Quartieren für Menschen auf der Flucht die Lösungskompetenz unseres Föderalstaates an seine Grenzen stößt – und wir deshalb die Hilfe jeder und jedes Einzelnen benötigen“.

Gegeißelt werden die Länder, die ihrer Pflicht, Asylwerber zu beherbergen, nicht nachkommen würden. Man versuche zwar im Ministerium – „trotz anderslautender Rechtslage“ –, Quartiere für alle zu organisieren; trotz „Einsatzes all unserer Kräfte“ stießen die Mitarbeiter „dabei immer mehr an Grenzen“. Daher der Appell an „alle Österreicher, sich an der Quartiersuche zu beteiligen“; und „an die konstruktiven Kräfte im Land, ein Klima zu schaffen, in dem ein seriöser Dialog möglich ist“.

Zeitgleich mit dem Hilferuf aus dem Hause Mikl-Leitner gab es den Polit-Durchbruch in Sachen „Durchgriffsrecht“ für den Bund. Ihm ist fortan möglich, in säumigen Kommunen Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen. Ein Verfassungsgesetz ist dafür nötig. Das bedingt eine Zweidrittelmehrheit im Parlament – welche Rot und Schwarz nicht haben. Und so wurde mit den Grünen verhandelt.

Durchbruch

Am Montag wurden die Klubchefs Andreas Schieder (SPÖ), Reinhold Lopatka (ÖVP) und Eva Glawischnig (Grüne) handelseins. Ab 1. Oktober gilt: Jede Gemeinde soll Asylwerber beherbergen – im Ausmaß von 1,5 Prozent der Wohnbevölkerung. Wird die Vorgabe nicht erfüllt, kann der Bund dort Quartiere schaffen – gegen den Willen des Bürgermeisters. Baubehördliche Widmungen obliegen dann dem Innenministerium. Zudem wird es ab 1. Oktober mehr Geld für die Versorgung eines Flüchtlings geben. Derzeit sind es 19 Euro, ab Herbst 20,5 Euro, im Jänner kommenden Jahres wird auf 21 Euro erhöht. Ursprünglich war vom Innenministerium vorgesehen, den Betrag 2016 auf 20,5 Euro anzuheben. Beschlossen werden soll das Gesetz im September.

Bis es gilt, wird sich an der Situation in Traiskirchen wohl nicht viel ändern. Die Kritik daran wird täglich heftiger; ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner kommt immer mehr unter Druck. Gestern kritisierten die „Ärzte ohne Grenzen“ ihr Ressort.

„Hinhaltetaktik“

Eine „Hinhaltetaktik“ beklagt die Hilfsorganisation. Obwohl am Freitag vereinbart, sei „Ärzte ohne Grenzen“ am Montag verweigert worden, das Flüchtlingszentrum zu betreten, sagt der Österreich-Geschäftsführer Mario Thaler. „Der offizielle Grund für die Absage war, dass kein Ministeriumsbeamter unseren Rundgang begleiten kann. Wir brauchen aber keine Begleitung, wir sind es gewohnt, in großen Lagern zu arbeiten.“

Zudem sei, anders als vom Innenministerium dargestellt, nicht ausgemacht gewesen, dass seine NGO mit mobilen Ärzteteams in Traiskirchen zusammenarbeitet. Mit Amtsärzten zu kooperieren, „kommt nicht in Frage. Wir wollen unabhängige Ärzte, um eine Vertrauensbasis zu den Menschen aufzubauen“, sagt Thaler.

Schon am 6. August war seine Hilfsorganisation im Erstaufnahmezentrum; mehr als ein „grober Überblick“ sei damals aber nicht möglich gewesen. Dass das Innenministerium Besuch Nummer 2 verzögere, sei „inakzeptabel“. Erst recht ob des Regens sei nötig, schnellstmöglich zu handeln.

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