Prozess gegen Grasser könnte sich weiter verzögern

Prozess gegen Grasser könnte sich weiter verzögern
Buwog: Am 12. Jänner sollte Prozess starten, aber ist Richterin überhaupt zuständig? Der OGH muss das jetzt prüfen.

Nach acht Jahren Ermittlungen und 19 Tage vor dem geplanten Prozessbeginn ist immer noch ungewiss, wer die zuständige Richterin für Karl-Heinz Grasser und 14 Mitangeklagte ist. Das könnte den Start des Buwog-Prozesses um Monate verzögern.

Am Mittwoch wurde bekannt: Der Oberste Gerichtshof (OGH) prüft auf Antrag der Generalprokuratur (sie hat die Wahrung der Gesetze zu überwachen) die Richter-Zuständigkeit im sogenannten Villa Esmara-Verfahren. Es geht dabei um ein gescheitertes Trainingszentrum des börsenotierten Immobilienkonzerns Immofinanz für Spitzensportler in der Nähe von Monaco. Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics und dem Tennismanager Ronald Leitgeb wird Untreue vorgeworfen.

Die Richterin Marion Hohenecker verurteilte Leitgeb im Juni 2016, Petrikovics war damals verhandlungsunfähig. Der OGH hob das Urteil auf und ordnete eine Prozesswiederholung vor einem neuen Schöffensenat an, zuständig ist nun Richterin Caroline Csarmann.

Zusammenhänge

Aber auch gegen Petrikovics – mittlerweile wieder für verhandlungsfähig befunden – muss im Fall Villa Esmara noch verhandelt werden. Nur: Vor wem? Vor Caroline Csarmann, die bereits einen ersten Prozesstag über Leitgeb abgehalten hat?

Prozess gegen Grasser könnte sich weiter verzögern
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Oder vor Marion Hohenecker, die das Verfahren gegen Petrikovics wegen seiner Krankheit seinerzeit auf Eis gelegt hat? Darüber scheiden sich die Geister. Die Strafprozessordnung sieht vor, dass thematisch zusammenhängende Verfahren miteinander verbunden werden. Es gibt bislang aber noch keine höchstgerichtliche Judikatur, ob das auch für Neuauflagen und deren ausgeschiedene (noch nicht verhandelte) Teile bzw. Angeklagte gilt.

Kompliziert genug, aber was hat das alles mit Karl-Heinz Grasser zu tun? Petrikovics ist auch bei Buwog angeklagt. Nach der Strafprozessordnung ist jener Richter für ein neu anfallendes Verfahren zuständig, bei dem schon ein älteres Verfahren gegen einen der Angeklagten anhängig ist. Dieses Glied in der Kette ist Petrikovics, seine Richterin heißt immer noch Hohenecker, daher fiel ihr der Buwog-Prozess gegen Grasser, Petrikovics&Co zu.

Nach der Beschwerde eines Verteidigers beim Verfassungsgerichtshof, der die Frage aus formalen Gründen nicht geklärt hat, schaltete sich die Generalprokuratur ein. Sie kam zum Ergebnis, dass Richterin Csarmann im Villa Esmara-Fall über Leitgeb und Petrikovics gemeinsam entscheiden sollte, und trug das an den OGH heran.

Prozessprogramm

Folgt das Höchstgericht der Ansicht, wäre Csarmann für Petrikovics auch im Fall Buwog zuständig – und Hohenecker den Vorsitz los. Diese erarbeitet seit Monaten ein Programm für den Buwog-Prozess und sollte ihn am 12. Dezember eröffnen.

Wie OGH-Pressesprecherin Alexandra Michel-Kwapinski dem KURIER sagte, sei "mehr oder weniger auszuschließen", dass der OGH bis dahin entscheidet. Ob der Buwog-Prozess trotz dieser Unsicherheit über seine Vorsitzende beginnt, ist im Landesgericht noch unklar.

Sieben Jahre bis zur Anklage, jetzt wackelt Prozesstermin. Was bisher geschah:

Warum dauerten die Ermittlungen sieben Jahre?

Die komplexen Stiftungen, Bank- und Treuhandkonten im In- und Ausland von Grasser & Co. zu entflechten, kostete viel Zeit und vor allem auch Geld. In Ländern wie der Schweiz oder Liechtenstein können sich Banken per Gesetz gegen die Öffnung von Konten wehren, aber auch in Österreich kann man das bis zum Oberlandesgericht anfechten. Dazu kommt, dass Anwälte Beweisanträge während laufender Verfahren stellen dürfen – und bei so vielen Verdächtigen summiert sich das.

Wie hoch sind die Kosten?

Die Ermittlungen starteten im Herbst 2009. Seitdem wurden 700 Einvernahmen und 600 Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen, Sicherstellungen, Telefonüberwachungen durchgeführt, sowie 40 Rechtshilfeersuchen ins Ausland gestellt. Insider schätzen, dass die Ermittlungen samt Arbeitsstunden der Staatsanwälte rund zehn Millionen Euro verschlungen haben.

Was wird Grasser genau vorgeworfen?

Bei der Privatisierung der Bundeswohnungen 2004 in der Ära Grasser erhielt die Immofinanz den Zuschlag. Kurz davor hatte der Immofinanz-Chef Karl Petrikovics einen geheimen Tipp von Peter Hochegger bekommen, wie viel er bieten müsse. Hochegger hatte den Tipp von Meischberger. Dieser bestreitet, die Information von Grasser bekommen zu haben. Petrikovics zahlte eine Provision von rund 9,6 Millionen Euro an Hocheggers Firma auf Zypern. Nach Abzug der Hochegger-Provision landeten rund 7,5 Millionen auf drei Konten in Liechtenstein, die die Staatsanwaltschaft Grasser, Meischberger und Ernst Plech zuordnet.

Welche Beweise gibt es?

Die Staatsanwaltschaft stützt sich im Wesentlichen auf Indizien – es fehlt die so genannte „Smoking Gun“ für den Verdacht der Untreue und Bestechlichkeit. Die Anklage beschreibt daher nur einen „einheitlichen Tatplan“ der Angeklagten. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft.

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