Wenn die Biene zum Verhängnis wird

APA11419162-2 - 12022013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich am Dienstag, 12. Februar 2013, vor Beginn des Ministerrats im Bundeskanzleramt in Wien. APA-FOTO: BKA/ANDY WENZEL
PR-Debakel: Umweltminister Berlakovich hat bei der Pestizid-Debatte alle Fehler begangen, die ein Politiker vermeiden muss. PR-Profis sagen, warum.

Der Umweltminister als Mörder der Biene Maja. So stellte es der Boulevard dar.

Der Umweltminister verschleiert den Einsatz von Pestiziden unter Berufung auf das Amtsgeheimnis. Das kreideten seriöse Medien dem Politiker an.

Nun galt Niki Berlakovich zwar schon vor der Pestizid-Debatte als Ablösekandidat, aber nachdem PR-Debakel der vergangenen Tage dementiert nicht einmal mehr er selbst, dass er der nächsten Bundesregierung nicht mehr angehören wird. In Bauernbund-Kreisen werden bereits Nachfolger gehandelt. Etwa der Chef der Hagelversicherung, Kurt Weinberger; oder erstmals eine Frau, etwa Ex-Bundesbäuerinnen-Chefin Anna Höllerer oder deren Nachfolgerin Andrea Schwarzmann. Der frühere ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger kommt, wie es heißt, eher nicht infrage.

Dass eine Zeichentrick-Figur einen Minister das Amt kosten kann, wird von Experten durchaus problematisch gesehen. Denn selbst wenn an den Argumenten des Ministers inhaltlich etwas dran gewesen wäre, „hätte der Minister keine Chance gehabt“, meint Lothar Lockl, Spezialist für strategische Kommunikation und Ex-Sprecher von Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. Das Bild der Biene Maja habe eine „hohe Symbolkraft mit starker emotionaler Aufladung“. Lockl: „Gegen so ein Symbol kann man nicht ankämpfen, schon gar nicht, wenn dieser Kampf im Widerspruch zur Rolle als Umweltminister steht.“

„Ob die Sache zu gewinnen gewesen wäre, weiß ich nicht“, sagt Kommunikations-Spezialist Josef Kalina, früher Spin-Doktor der SPÖ. Sicher sei jedoch, dass der Minister handwerkliche Grundfehler begangen habe. Kalina: „Er hätte die Debatte von Anfang an selbst bestimmen müssen. Er hätte das Gegenszenario aufbauen müssen: Dass der Maiswurzelkäfer die Maisernte bedroht, und dass man diesem neu eingeschleppten Insekt nur mit Genmais zu Leibe rücken kann.“ Dann wären einander zwei emotionale Bedrohungsbilder gegenübergestanden: Die Bedrohung für die Bienen versus Genmais. Kalina: „Die Aversion gegen Gentechnik hat in Österreich ja fast pseudo-religiösen Charakter.“

Unabhängig vom „Extremfall Berlakovich“ sind Lockl und Kalina einer Meinung, dass es immer schwieriger wird, mit sachlichen Argumenten gegen hochgeschaukelte Emotionen anzukämpfen. Lockl nennt als eine der Ursachen die neuen Medien: „Früher hatten die klassischen Medien die Deutungshoheit über Ereignisse. Man konnte davon ausgehen, dass die meisten Journalisten ein Problem reflektierten, bevor sie es kommentierten. Heute lädt jeder in Sekundenschnelle seine Emotionen im Internat ab. Innerhalb von Stunden entsteht Ein Shit-Storm.“

Kalina nennt ein weiteres Problem: „Die Burschen von den NGOs erzählen ja auch nicht nur Fakten. Sie sind sehr professionell im Erzeugen von Hysterie.“ Kalina erzählt ein Beispiel: In Wien soll eine Wohnhausanlage für Jungfamilien gebaut werden. Auf dem Baugrund wohnen Ziesel. Wer meint, die Frage „Wohnungen für Jungfamilien oder für Ziesel?“ würde klar zugunsten der Jungfamilien ausgehen, irrt. Kalina: „Das gewinnt man heute nicht mehr.“ Jetzt hat der Bauträger ein benachbartes Ersatzgrundstück für die Ziesel bereitgestellt und internationale Zieselexperten beigezogen. und haben eine Strategie entworfen, wie man die Ziesel zur freiwilligen Übersiedlung aufs Nachbargrundstück anregen kann. Darüber hinaus wurde zugesagt, dass nur die letzten zehn Prozent der Ziesel eingefangen und „zwangsweise“ umgesiedelt werden. Kalina: „All diese Prozesse laufen völlig transparent und unter Einbeziehung der Ziesel-Lobby ab.“

Transparenz, so Kalina, sei der Schlüssel, um in solchen emotionalen Debatten überhaupt eine Chance zu haben. Und das hat Berlakovich – siehe „Amtsgeheimnis“ – auch nicht beherzigt.

Was sollten Politiker im Wahlkampf tun oder lassen, um ein PR-Debakel zu vermeiden?

Lockl: „Politiker sollten sie selbst bleiben und das vertreten, was sie echt meinen. Die typische Polit-Blasen-Kritik geht oft an der Bevölkerung vorbei. Was wurde nicht an Angela Merkels Aussehen oder Peter Kaisers Blässe herumgenörgelt! Oft imponiert es den Leuten, wenn sich ein Politiker dem Mainstream der Politik-Blase widersetzt.“

Kalina meint, Politiker sollten grundsätzlich nicht rechthaberisch, schnippisch oder zornig auftreten. Von Sozialdemokraten werde heute zudem ein bestimmter Lebensstil erwartet. „Zu KreiskysZeiten gab es noch so viel Respekt vor der Obrigkeit, dass sich niemand an Maßanzügen stieß. Heute ist zu viel Luxus fehl am Platz.“ Ganz schlecht kommt die Kombination aus Luxus und Tiermord an. Kalina: „Einen Elefanten kann auch kein König mehr schießen.“

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