Sebastian Kurz soll in Wien auf Stimmenfang gehen

Spitzenkandidat, nein danke: Kurz.
Die ÖVP will die Städte zurückerobern - für Wien wird Jungtalent Kurz ins Gespräch gebracht.

Als Wolfgang Schüssel 1995 Parteichef wurde, gab er eine Parole aus: Die ÖVP müsse die Städte zurückerobern. Wien war schon damals schwarzes Brachland. Das ist es bis heute. Bei der Gemeinderatswahl im Jahr 2010 brachten es die Christlichsozialen auf nur 13,9 Prozentpunkte; 4,8 Prozent verloren sie.

Für die Wahl 2015 schaut es für die ÖVP im rot-grün regierten Wien nicht besser aus. In Umfragen liegt sie bei acht bis zehn Prozent. Manfred Juraczka, der die Partei seit Februar 2012 führt, ist kein Zugpferd. Zudem gibt es weitere Konkurrenz; die Neos von Matthias Strolz treten erstmals auch in der Bundeshauptstadt an.Und so fürchten nicht nur Landesfunktionäre, noch schlechter als beim letzten Mal abzuschneiden. In der Bundespartei ist man ebenfalls besorgt.

Also liebäugeln da wie dort manche damit, nicht Juraczka als Frontman in das Rennen zu schicken. Für die einen wäre Familienministerin Sophie Karmasin ideal. Ob ihrer wirtschafts- und gesellschaftsliberalen Einstellung könnte sie den Neos Paroli bieten, heißt es. Karmasin will aber nicht. "Das ist kein Thema", sagt ihr Sprecher. Andere hätten gern Außenminister Sebastian Kurz als Spitzenkandidat. Er sei bekannt, beliebt, könnte glaubwürdig für moderne Stadtpolitik stehen – und somit ein viel besseres Resultat einfahren als Juraczka. Damit hätte die ÖVP auch beim Koalitionspoker bessere Karten.

Sebastian Kurz soll in Wien auf Stimmenfang gehen
APA19071846_26062014 - WIEN - ÖSTERREICH: ÖVP-Landesparteiobmann Manfred Juraczka am Donnerstag, 26. Juni 2014, anl. der PK "ÖVP Wien Spitzenkandidat für die Gemeinderatswahl" in Wien. Juraczka tritt als ÖVP-Spitzenkandidat bei der Gemeinderatswahl 2015 an. FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
Hat Juraczka geahnt, dass so etwas kommt? Er hat sich jedenfalls schon im Juni als Spitzenkandidat einzementiert – mit einstimmigem Votum der Landesgruppe. Darauf verweist nunAdi Tiller, ÖVP-Bezirksvorsteher in Döbling. "An dem Beschluss hat sich auch aus meiner Sicht nichts geändert", sagt Wirtschaftsbund-Direktor und Juraczka-VizeAlexander Biach. "Es gibt vonseiten des Wirtschaftsbunds keine Veranlassung, über den Spitzenkandidaten zu diskutieren." Mehr Strahlkraft als Juraczka dürfte Biach aber Neo-BundeschefReinhold Mitterlehnerzugestehen: "Die positiven Veränderungen in der ÖVP" würden "natürlich auch auf Wien wirken". Kurz will Juraczka die Spitzenkandidatur ebenfalls nicht streitig machen. Intern hat er abgewunken. Mit dem Argument: Juraczka sei die beste Integrationsfigur. Es gehe primär auch nicht darum, die Neos abzuwehren, sondern die schwarzen Kernschichten zu binden. Als Stimmenfänger eingesetzt soll Kurz aber werden. Parteichef Mitterlehnersagt zum KURIER: "Wir haben in vielen Wiener Bezirken bekannte Bundespolitiker; die werden sich in den Wahlkampf einbringen. Ich werde mich im 19. Bezirk engagieren. Auch die Familienministerin, der Außenminister und der Finanzminister werden aktiv sein."

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