Lahme Regierung gefährdet Jobs

Vizekanzler Michael Spindelegger und Bundeskanzler Werner Faymann
Gewerkschaft und wahlwerbende Länder erhöhen Druck für Steuersenkung.

Die jüngsten Konjunkturprognosen lassen die Alarmglocken schrillen. Während das Münchner Ifo-Institut für Deutschland die Wachstumsaussichten nach oben revidierte, korrigierten WIFO und IHS ihre Konjunkturannahmen für Österreich nach unten. Österreich koppelt sich von seinem stärksten Handelspartner deutlich ab (siehe Grafik), was einen eindeutigen Schluss zulässt: Die schwächere Konjunktur und die in der Folge latent hohe Arbeitslosigkeit werden nicht durch nachlassenden Export verursacht, sondern sind hausgemacht. Die Regierung hat es verabsäumt, rechtzeitig Strukturreformen anzugehen und den Staatshaushalt zu sanieren. Jetzt sitzt sie in der Falle: Sie müsste mit einer Steuersenkung konjunkturell gegensteuern – und hat kein Geld. Das droht nun allen auf den Kopf zu fallen und gefährdet Jobs.

Lahme Regierung gefährdet Jobs
WIFO-ChefKarl Aigingerrechnet vor, dass es 2014 zum fünften Mal in Folge einen Reallohnverlust gibt. Insgesamt haben die Arbeitnehmer in den letzten fünf Jahren fünf Prozent an Kaufkraft eingebüßt.

Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die sich für eine rasche Senkung der Lohn- und Einkommensteuer aussprechen.

ÖGB-Kampagne: Nächste Woche, am 3. Juli, wird der ÖGB – überparteilich, also auch die Christgewerkschaft – eine Kampagne für eine Steuerreform starten. Der ÖGB sammelt Unterschriften für eine sofortige Steuersenkung und wird in den kommenden Monaten massiv die Werbetrommel rühren.

Wirtschaftsland Oberösterreich: Die Steuersenkung ist längst nicht nur Thema der Arbeitnehmervertretung. So drückt auch der für Wirtschaft zuständige Landesrat im Industrie-Kernland Oberösterreich, Michael Strugl, aufs Tempo: "Der Export entwickelt sich gut. Bei den Investitionen gibt es extreme Zurückhaltung, und beim Konsum tut sich nicht viel. Daher ist alles, was den Konsum ankurbelt, dringend notwendig."

Die Steuerreform wird auch in den kommenden Wahlkämpfen zum Hauptthema avancieren – und zwar von der kleinen SPÖ-Vorarlberg bis zur großen SPÖ-Wien. "Bei uns in Vorarlberg ist die prekäre Lohnsituation in aller Munde, weil hier die Lebenshaltungskosten wegen der Nähe zur Schweiz besonders hoch sind", erzählt SPÖ-Chef Michael Ritsch.

Landeshauptmann Hans Niessl macht Druck, dass die Steuern schon im Jänner 2015 sinken, mit der erwünschten Nebenwirkung, die Burgenländer vor der Landtagswahl im Frühjahr in bessere Laune zu versetzen.

Auch in Wien ist die Stimmung gegenüber der Bundesregierung im Keller. In der Wiener SPÖ wird sogar erwogen, deswegen die Wahl vom Herbst auf das Frühjahr 2015 vorzuverlegen. "Wenn die Bundesregierung keine Entlastung zustande bringt, muss sie damit rechnen, als böses Krokodil für Michael Häupls Wahlkampagne zu dienen", erzählt ein Insider. Soll heißen: Entweder die Steuersenkung kommt in der ersten Hälfte 2015, oder sie wird zum Casus Belli.

Hintergrund: Aus ihren Umfragen liest die Wiener SPÖ, dass sie weniger ein Problem mit FPÖ und Neos hat, als viel mehr mit den eigenen Wählern. Zwar räumt die SPÖ-Wien ein, dass ihre Basis auch durch die Rathaus-Grünen verschreckt wurde, aber dieser Unmut sei mit genuin roter Politik – vom Mega-Event Donauinselfest bis zum Beschluss des U-Bahnbaus – in den Griff zu bekommen. "Wirklich angefressen sind unsere Wähler wegen der Bundespolitik, zum Beispiel wegen der Steuerreform", sagt ein bedeutender Player im Rathaus offenherzig.

Kanzler Werner Faymann versucht den aufgestauten Ärger in den Griff zu bekommen, indem er sich den Forderungen anschließt. "Es ist in der Bundespartei mit Faymann und Josef Ostermayer ausgemacht, dass wir für eine Steuersenkung ab 1. Jänner 2015 sind. Falls sich das mit den Gesetzesbeschlüssen nicht rechtzeitig ausgeht, dann soll die Steuersenkung rückwirkend in Kraft treten. Es ist davon auszugehen, dass das so auch auf dem Bundesparteitag beschlossen wird", sagt Michael Ritsch. Der Termin für den Bundesparteitag der SPÖ wird nächste Woche im Parteivorstand festgelegt. Es soll der 28./29. November werden, womit der Parteitag in die Schlussphase der Steuerdiskussion fällt.

Weihnachtsgeschenk SPÖ-Klubchef Andreas Schieder plädiert im KURIER-Gespräch dafür, noch vor Weihnachten "Klarheit zu schaffen". Schieder: "Die Leute sollen vor Weihnachten fix wissen, dass es in der ersten Hälfte 2015 eine Entlastung geben wird. Wirtschaft ist auch Psychologie. Wenn man weiß, man kann mit mehr Geld rechnen, wird die Bremse für die Weihnachtsgeschenke gelockert."

Von Finanzminister Michael Spindelegger fordert Schieder Sparvorschläge ein: "Zuerst hat Spindelegger 500 Millionen Einsparungen bei den Förderungen nicht zusammengebracht, und jetzt nennt er sogar 1,5 Milliarden als sein Sparziel. Er soll konkret sagen, wo er das einsparen will, dann kann man darüber reden." Schieder plädiert generell dafür, "ohne Denkverbote" an die Steuerreform und ihre Gegenfinanzierung heranzugehen.

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