Peter Pilz: "Telefonate massenhaft überwacht"

Zehn Transitleitungen, über die Auslandsgespräche von Österreichern liefen, wurden ab 2005 in Frankfurt vom BND für die NSA angezapft.
Auslandsgespräche in Deutschland angezapft: Telekom verifizierte zehn Leitungen.

Der deutsche Nachrichtendienst BND dürfte den Amerikanern über Jahre geholfen haben, andere Länder auszuspionieren. Im Frühjahr hatte der Grüne Peter Pilz anhand von BND-Unterlagen aufgezeigt, dass auch Leitungen der Telekom Austria – und damit also auch Österreicher – von der Spionage betroffen sein dürften. Nun hat sich dieser Verdacht aus Sicht des Aufdeckers durch eine Untersuchung der Telekom Austria bestätigt: Ab 2005 seien Auslandsgespräche von Österreichern angezapft worden.

"Wir konnten zehn Leitungen einwandfrei identifizieren", erklärte Telekom-Austria-Sprecher Peter Schiefer dem KURIER. Für Pilz bedeutet das: "Wir haben jetzt den Beweis, dass das Massenüberwachungen österreichischer Staatsbürger durch die Amerikaner mithilfe der Deutschen waren."

Bisher sei man ja davon ausgegangen, dass vor allem Regierungsmitglieder oder internationale Organisationen im Visier stehen. Nun sei der Beleg erbracht, dass normale Kunden der Telekom ebenso betroffen seien.

"Nicht erfreut"

Telekom-Austria-Mann Schiefer schränkt ein: "Wir können nicht beweisen, dass ein Zugriff auf die (zehn) Leitungen erfolgt ist. Aber der Schluss ist zulässig" – aufgrund von "Prioritäten-Listen" des BND. Schiefer gesteht auch ein, dass man in der Telekom über diese Causa "natürlich nicht erfreut" sei.

Pilz betont, es sei "nicht Aufgabe der Telekom gewesen, die Spionage zu untersuchen, weil die Spionage nicht in Österreich, sondern in Frankfurt, also in Deutschland, stattgefunden hat". Die Telekom sollte lediglich überprüfen, "welcher Verkehr über die ausspionierten Leitungen gelaufen ist". Das habe die Telefongesellschaft "ausgezeichnet erfüllt".

Welcher "Verkehr" lief über die zehn Leitungen?

Täglich Tausende Festnetz- und Handygespräche zwischen Österreich und ausgewählten Ländern wie etwa Schweden, den Niederlanden, Irland, Russland, Luxemburg, Indonesien, Australien etc. Wie viele Telefonate exakt betroffen waren, kann Schiefer nicht sagen, "weil die Daten nicht so lange gespeichert werden".

Wie wurde konkret spioniert? Laut Pilz saßen 15 BND-Mitarbeiter bei der deutschen Telekom in Frankfurt, um Gespräche "abzuleiten". Frankfurt ist deshalb interessant, weil sich dort ein "Knotenpunkt" befindet.

"Telefonate aufgezeichnet"

Die angezapften Telefonate seien "nicht nur abgehört, sondern auch aufgezeichnet und der NSA (amerikanischer Geheimdienst: National Security Agency) übergeben worden", schildert Pilz.

Mit Suchbegriffen, so genannten Selektoren, seien die Daten durchforstet worden.

Wonach wurde in den Auslandsgesprächen von Österreichern gesucht?

Die Amerikaner würden sich weigern, die Suchwörter zu nennen. Nur einer ist laut dem Grün-Mandatar bekannt: "Bundesamt". Es sei naheliegend, dass damit das Bundesamt für Verfassungsschutz gemeint sei.

"Scharfer Protest"

Pilz fordert aufgrund der neuen Erkenntnisse unter anderem, dass Außenminister Sebastian Kurz "scharfen Protest" bei seinem amerikanischen Amtskollegen einbringt – und dass der "CIA-Resident" (Geheimdienst-Vertreter) an der US-Botschaft in Wien aus Österreich ausgewiesen werde. Denn dieser habe die Österreich betreffende Spionage "organisiert". Und: Die gespeicherten Daten müssten gelöscht werden.

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