Roter Kommissar, schwarzer ORF?

APA12632450 - 07052013 - WIEN - ÖSTERREICH: VM Michael Spindelegger (l.) und BK Werner Faymann während des Pressefoyers nach Ende einer Sitzung des Ministerrates am Dienstag, 7. Mai 2013, in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Der Abtausch von 2008 könnte sich wiederholen – mit umgekehrten Vorzeichen.

Der Wahlkampf hat noch gar nicht richtig begonnen, und schon zeichnen sich die großen Personal-Deals für die Zeit nach dem 29. September ab.

Seit Wochen macht ein Ondit die Runde, das sich nach KURIER-Recherchen verfestigt: Demnach soll sich diesmal der Deal von 2008 „Tausche ORF-Chef gegen EU-Kommissar“ wiederholen – nur mit umgekehrten Vorzeichen. Es heißt, Kanzler Werner Faymann sei gewillt, Alexander Wrabetz nach der Nationalratswahl als ORF-Chef fallenzulassen und dafür den EU-Kommissar erstmals mit einem Sozialdemokraten zu besetzen.

Seit dem Beitritt Österreichs zur EU 1995 ist der EU-Kommissar schwarz: Auf zwei Perioden Franz Fischler folgten Benita Ferrero-Waldner und schließlich Gio Hahn.

Bei der Regierungsbildung 2008 hatte sich Faymann Kritik aus der eigenen Partei eingehandelt, weil er den EU-Posten im Austausch gegen den ORF erneut der ÖVP überlassen hatte. Nun bereitet sich jedoch SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schiederder KURIER berichtete darüber gestern – auf einen Wechsel nach Brüssel vor. Die Amtszeit der derzeitigen EU-Kommission läuft mit 1. 1. 2015 ab, nach der Neuwahl des EU-Parlaments im Mai 2014 finden im Herbst 2014 die Hearings der neuen Kommissare statt.

Laut gültigem Gesetz müsste die nächste ORF-Wahl erst 2016 stattfinden, Wrabetz wurde im Sommer 2011 für weitere fünf Jahre vom Stiftungsrat gewählt. Doch der Kanzler hat eine große ORF-Reform mit einer drastischen Verkleinerung und Umformung des Stiftungsrats nach Vorbild eines Aufsichtsrats angekündigt. Am 1. Mai hatte Faymann im KURIER gesagt: „Ich wünschte, die ORF-Reform würde noch vor der Wahl beschlossen. Es kann aber auch erst nach der Wahl im Zuge der Koalitionsbildung sein.“

Der neue ORF-„Aufsichtsrat“ würde sich im Anschluss natürlich eine neue Geschäftsführung suchen, die möglicherweise im Zuge der ORF-Reform ebenfalls (in eine Doppelspitze?) umgestaltet wird.

Somit würden beide Personalentscheidungen – ORF-Führung und EU-Kommissar – ins Jahr 2014 fallen. Da ist es naheliegend, dass im Zuge von Koalitionsverhandlungen Personalabsprachen getroffen werden.

Allerdings sollte der Zweck der ORF-Reform sein, das Staatsfernsehen von der Politik unabhängiger zu machen. Wie sich das dann mit dem parteipolitischen Deal – Kommissar rot, ORF schwarz – ausgehen soll, ist schleierhaft, außer, die ORF-Reform wird wieder nur Kosmetik.

Grant auf die Grünen

SPÖ und ÖVP scheinen sich nicht nur bei Personal-Deals gut zu verstehen. Sie eint derzeit auch der Grant auf die Grünen. Die SPÖ ist verärgert über die Grünen im Allgemeinen, die ÖVP nur über die Bundes-Grünen im Besonderen.

Verstimmung I: Die Grünen haben vergangene Woche in Salzburg eine Koalition mit der ÖVP und dem Team Stronach abgeschlossen. In Salzburg gibt es keine Konzentrationsregierung, was bedeutet, dass das Team Stronach erstmals aufgrund eines politischen Paktes von anderen Parteien als regierungsfähig geadelt wird.

SPÖ-Klubobmann Josef Cap sieht dadurch den „Selbstanspruch der Grünen als Moralwächter“ unterminiert. Cap: „Die Grünen haben in der Gründungsphase des Team Stronach das Durchgriffsrecht des Milliardärs kritisiert. Sie können jetzt nicht sagen, sie würden ja nur mit irgendwelchen Salzburger Mandataren koalieren, die mit dem Team Stronach auf Bundesebene nichts zu tun haben. Die Wahrheit ist: Die Grünen haben ein Bündnis mit Frank Stronach geschlossen.“

Damit, so Cap, würden die Grünen auch ihre Monopolstellung als potenzielle dritte Koalitionspartei im Bund untergraben: „Die Grünen haben den anderen Oppositionsparteien stets auf das heftigste die Qualifikation als Regierungspartei abgesprochen. Jetzt helfen sie selbst mit, dass Stronach auf Bundesebene eine dritte Regierungspartei sein könnte. Viele werden jetzt die Auffassung vertreten: Wenn es in Salzburg geht, könne man im Bund ebenfalls Schwarz-Grün-Stronach machen. Das Salzburger Modell könnte Vorbildcharakter bekommen.“

Die SPÖ registriere mit „großer Sorge“, dass „der Selbst-Anspruch der Grünen, das Monopol auf Standfestigkeit und Prinzipientreue zu haben, massiv erschüttert wurde“. Die Grünen hätten nicht nur das Team Stronach, sondern auch Wilfried Haslauer und die ÖVP, die „im Zentrum der Spekulationsaffäre standen, mit üppigen Ressorts und Geldmitteln ausgestattet“. Cap: „Wo ist da der viel beschworene Neubeginn?“

Die Salzburger Grünen entgegnen, das Salzburger Team Stronach sei „autonom“.

Verstimmung II. Die ÖVP ist im Gegensatz zur SPÖ bemüht, zwischen Grünen in Bund und Land zu differenzieren, immerhin stützen sich mit Haslauer, Günther Platter und Josef Pühringer bereits drei der fünf schwarzen Landeshauptleute auf grüne Regierungspartner. Dass die Grünen diese Woche im Nationalrat versucht haben, das blau-orange Hypo-Desaster der ÖVP bzw. der Bundesregierung umzuhängen, trägt ihnen allerdings scharfe Kritik von ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf ein: „Die Grünen auf Bundesebene sind und bleiben was sie sind: selbstgerechte Populisten ohne jede Regierungskompetenz.“

Kommentare