"Pensionsschock – was soll das sein?"

Altpräsident Fischer mit Ban Ki-moon
"Österreich für Optimisten" heißt sein neues Buch. Wie der Ex-Präsident die Pension genießt.

Seine Agilität hat nicht abgenommen. Seine Beliebtheit ist ungebrochen. Selbst Achtjährige, die Heinz Fischer zur Geburtstagsparty einladen, zählen zu seinen Fans. Sein Terminkalender ist nach wie vor prall gefüllt. Allein in den nächsten Monaten reist der Altbundespräsident für Vorträge nach China, London, Oxford, Prag, Bratislava und Bozen.

Weilt der flotte Pensionist in Wien, dann geht er um neun Uhr ins Büro – im Dachgeschoß der Hofburg – und koordiniert die Feierlichkeiten rund um das 100-Jahr-Jubiläum der Republik. "Pensionsschock? Was soll das sein? Mir ist nie fad. Es geht mir besser, als mir das manche einreden wollten", zieht Fischer nach 14 Monaten in der Rente Bilanz.

Klingt eigentlich alles nach "business as usual". Nicht ganz. Der eine oder andere neue Pensionsluxus, der als Bundespräsident noch undenkbar gewesen wäre, hat sich in seinen Tagesablauf eingeschlichen. Neuerdings hat Fischer den "Mittagsschlaf in seinem Ohrensessel im Büro" entdeckt. Power-Napping würde man es in der Fitness-Sprache nennen. "Das habe ich offenbar von meinem Vater geerbt. Sein Mittagsschlaf war eine heilige Handlung. Als Kinder lachten wir noch darüber", erzählt Fischer.

Keine 3000er mehr

Damit er ungestört Siesta halten kann, sperrt der Altbundespräsident seine Bürotür zu, dreht das Handy ab und stellt den Wecker auf 30 Minuten. So tankt er Kraft für die Nachmittagstermine. Nicht "jeden Tag, aber so zwei Mal pro Woche" gönnt er sich die Pause. "Ich spüre einfach, dass ich nicht mehr 60, 65, 70 oder 75 bin, sondern weit darüber hinaus. Da werden die Berge immer steiler und die Stockwerke sind ohne Lift nicht mehr so leicht zu schaffen", schildert er die Mühen des Alters.

Am Großvenediger war der passionierte Bergsteiger allein fünf Mal. "In Osttirol gibt es über 100 Dreitausender. Da ist die Auswahl groß." Doch das war einmal, muss sich der 78-Jährige nun eingestehen. "Berge jenseits der 3000 Meter würde ich nicht mehr schaffen. Die Kondition und auch die Trittfestigkeit sind nicht mehr so gut wie früher."

Eine Türe schließt sich, dafür ging eine andere auf. Was jetzt wieder möglich ist, sind individuelle Reisen. So zog es das Ehepaar Fischer im Frühjahr nach Sizilien. Ein jahrelanger Wunsch, den Heinz seiner Margit endlich erfüllte. "Mit Mietauto und ohne eine Hotelreservierung haben wir nach Lust und Laune Halt gemacht, wo es uns auf der Insel gefallen hat." Auch so ein Luxus, den Fischer neu entdeckt. Ohne Security, ohne Planung einfach ab ins Blaue. Kommendes Jahr gibt es ein Dacapo – allerdings in Irland.

Der Zufall will es, dass auch sein Freund, Ex-UN-General Ban Ki-moon, nun im Ruhestand ist und sie gemeinsam den Sommerurlaub am Hallstätter See verbringen konnten. "Wir waren mehrmals rudern am See."

Buch mit Leitl

Trotz des dichten Terminplans scheint sich Fischer nicht ausgelastet zu fühlen. In zwei Wochen erscheint bereits sein zweites Buch, seit seinem Abschied aus der Hofburg, in den Buchläden. Es ist ein Werk, das Hoffnung geben soll. "Österreich für Optimisten" heißt es.

Gemeinsam mit Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl debattiert Fischer über die Stärken und Probleme der Republik. Die Idee dazu kam den beiden Präsidenten zu Beginn des Jahres. "Wir hatten ein Gespräch, ob jene recht haben, die sagen, früher war alles besser. Oder ist viel mehr umgekehrt, dass jetzt alles besser ist? Am Ende der Debatte meinte Leitl, schade, dass hier kein Tonband mitgelaufen ist, das wäre ein gutes Buch." Gesagt, getan. Ein Verlag war schnell gefunden. Zählt das nun auch zum neuen Luxus, dass man als Ex-Bundespräsident lockerer – ohne ständig jedes Wort abzuwägen – seine politische Meinung kundtun kann? "Nein. Ich glaube, dass ich einen Mechanismus in mir eingebaut habe, dass ich kontrolliert in der Wortwahl bin. Einem Helmut Zilk als Bundespräsident wäre das sicherlich schwerer gefallen . "

100 Jahre Demokratie

Nach der Präsentation des Buches fokussiert sich Fischer wieder auf sein Herzensprojekt: Wenige Wochen nach seinem bevorstehden 80. Geburtstag wird am 12. November 2018 der Staatsakt zum 100-Jahr-Jubiläum Österreichs über die Bühne gehen. Einen Tag davor wird das Haus der Geschichte eröffnet, wo die Demokratiegeschichte Österreichs mit all ihren Brüchen gezeigt werden soll. Mit einem kleinen Team will Fischer für das kommende Jahr einiges auf die Beine stellen: So wird an einer Homepage gearbeitet, und Fischer initiiert mehrere Ausstellungen. "Es ist ein Ansporn, geschichtsbewusst zu denken."

Und was steht nach dem Langzeitprojekt am Programm? Noch nichts Konkretes. Aber auch im Eigenheim wartet genügend Arbeit. Das Sommerhaus in der Nähe der Hohen Wand, das Fischer von seinen Eltern geerbt hat, wurde reaktiviert. Hier wütete der Borkenkäfer bei den Fichten. "Ich muss die Hälfte fällen lassen, das sind 15 Stück. Aber alle Bäume wie die Libanon-Zeder, die ich von meinen Auslandsreisen mitbrachte, sind verschont geblieben."

(Ida Metzger)

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