Orban: "Größte Bedrohung ist Völkerwanderung"

Ministerpräsident Viktor Orbán bei Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Bei einem Arbeitstreffen besprachen Kurz und Orban unter anderem die Themen Migration, Grenzschutz und die Indexierung der Familienförderung. Dabei gab es nicht nur Konsens.

Im Vorfeld galt der Besuch des umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in Österreich als brisant. Nach dem zweistündigen Arbeitstreffens mit Bundeskanzler Sebastian Kurz am frühen Nachmittag zeigten die Regierungschefs sich aber einträchtig, fast freundschaftlich. Neben der Zukunft der EU wurden bei dem Gespräch aber auch durchaus strittige Themen besprochen.

Mehr zu den Hintergründen des Treffens

Ganz oben auf der Liste der Konfliktpunkte zwischen Ungarn und Österreich steht die geplante Indexierung der Familienförderung für im Ausland lebende Kinder. Während Kurz sie für die "gerechtere Lösung" hält, ist Orban vom Gegenteil überzeugt: "Wir halten das für eine Ungerechtigkeit. Die in Österreich tätigen Ungarn sollen fair behandelt werden", sagte er bei einem Pressegespräch nach der Besprechung mit Kurz. Allerdings, so betonten beide, sei das kein ausschließlich bilateraltes Thema, sondern müsse in Brüssel im Einklang mit dem europäischen Recht geregelt werden. "Ich glaube, dass die Indexierung im Widersrpuch zum Grundsatzvertrag der EU steht, wir werden aber zur Kenntnis nehmen, was immer in Brüssel entschieden wird", meinte Orban.

Lob für die Zusammenarbeit

Mehr Konsens gab es, wie zu erwarten war, beim Thema Migration und Grenzschutz. Orban betonte gleich vorab, wie lange er Kurz schon kenne und dass es viel persönliche Sympathie und politische Gemeinsamkeiten gebe. Außerdem lobte er die Zusammenarbeit zwischen Österrreich und Ungarn bei der Schließung der Balkanroute. Nun gehe es laut Orban darum, den christlichen Kulturraum zu schützen, der "am stärksten durch die Völkerwanderung, die auch als Migrationsfrage bezeichnet werden kann", bedroht sei. Das würde nur durch einen stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen möglich sein, wobei Österreich und Ungarn an einem Strang ziehen müssten.

Eine Quotenregelung zur Aufteilung der Flüchtlinge hält Orban nicht für sinnvoll und auch Kurz meinte: "Ein System der reinen Verteilung funktioniert hier nicht." Es müsse ein neues Asylsystem geschaffen werden, bei dem die Staaten entscheiden, wer zuwandern dürfe, nicht die Schlepper.

Brücken bauen

Zur österreichischen EU-Klage gegen die Staatsbeihilfen zum Ausbau des Akw Paks gaben sich beide Seiten gelassen. Orban betonte: "Wir werden alles tun, damit die Atompolitik unser Verhältnis (zwischen Österreich und Ungarn, Anm.) nicht trübt."

Besonders bemüht zeigte sich Kurz dabei, die Rolle Österreichs als Brückenbauer zwischen den Visegrád-Staaten und Westeuropa zu bekräftigen. Dafür sei Österreich auch in einer besonders glücklichen Position, bekräftigte Orban, was nicht zuletzt daran liege, dass "Österreich die Sowjets schon 1955 nach Hause geschickt" habe.

Ein Pressestatement nach dem Treffen von Orban mit Vizekanzler Strache gibt es hier ab 18.25 Uhr.

Ungarischer Regierungschef Orban in Wien

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