ÖVP-Chef Mitterlehner, das neue Feindbild der FPÖ

Mitterlehner, Strache: Männerfreundschaft wird das wohl keine mehr
Der "aufgeweckte Bär" Norbert Hofer droht Mitterlehner mit Rache

Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer erklärte seine Niederlage am Wahlabend so: "Reinhold Mitterlehner hat die Devise ausgegeben, Alexander Van der Bellen zu wählen, die Bürgermeister im ländlichen Raum haben dieser Empfehlung Folge gegeben. Die Wähler haben immer Recht, aber trotzdem war es so etwas wie ein Selbstmordattentat von Mitterlehner, weil das ganz, ganz schlecht ausgehen wird. Man hat in mir einen schlafenden Bären geweckt."

Die FPÖ hat ein neues Feindbild: Reinhold Mitterlehner. Ihm schiebt sie die Schuld für die verlorene Wahl in die Schuhe. In der ÖVP hingegen heißt es, die FPÖ habe die Wahl selbst versemmelt und wolle Mitterlehner zum Sündenbock machen.

Es ist eine Henne-Ei-Diskussion: Die FPÖ behauptet, Mitterlehner habe bürgerliche Wähler animiert, für VdB zu stimmen. Mitterlehner wiederum sagt, er habe lediglich eine bereits vorhandene Stimmung bei bürgerlichen Wählern artikuliert: Nämlich, dass viele keinen Bundespräsidenten wollten, der das Wort Öxit in den Mund nimmt, und dass sich viele Bürger Diskussionen wie in den USA nach der Trump-Wahl ersparen wollten.

Genussvoll wird in der ÖVP auf Brexit-Befürworter Nigel Farage verwiesen, der kurz vor der Bundespräsidentenwahl jubelte, Hofer werde eine Öxit-Volksabstimmung ansetzen. "Farage hat die Pro-Van-der-Bellen-Kampagne von Hans Peter Haselsteiner bestätigt. Die FPÖ soll sich bei ihren Freunden bedanken."

Innerparteilich sieht sich Mitterlehner durch die FPÖ-Angriffe gestärkt. Dem Mittagsjournal sagte der ÖVP-Chef: "Wir werden uns sicher nicht vorschreiben lassen, wer bei uns Obmann wird." Die FPÖ versuche, einen Keil in die ÖVP zu treiben.

Auch Neuwahl-Fantasien mit einem Wechsel zu einer FPÖ-ÖVP-Koalition sind vorerst geplatzt. In der ÖVP ist folgendes Szenario kursiert: Ein Bundespräsident Hofer sollte die rot-schwarze Regierung so lange mit inhaltlichen Vorgaben sekkieren und zu sich in die Hofburg zitieren, bis sie entnervt aufgibt und wählen geht. Danach hätte es Schwarz-Blau gegeben.

Daraus wird nun nichts. Mitterlehner: "Vom Wahlergebnis am Sonntag geht das Signal aus, dass die Bevölkerung eine Entdramatisierung der Innenpolitik will. Das Neuwahlgerede muss aufhören, es löst Misstrauen aus."

Tatsächlich sind Neuwahlen unwahrscheinlich. Erst ab 26. Jänner wird Österreich wieder ein Staatsoberhaupt haben, für die notwendige Inszenierung eines finalen Koalitionskrachs und anschließende Frühjahrswahlen läuft die Zeit davon.

Und Herbstwahlen bringen den schwarzen Landeshauptleuten, die im Frühjahr 2018 Landtagswahlen haben, mehr Risiken, als ihnen lieb sein kann: Falls die FPÖ im Herbst 2017 stärkste Partei würde, schwappt die blaue Erfolgswelle in die Landtagswahlkämpfe hinüber. Zusätzlich würde es die ÖVP bei den Koalitionsverhandlungen in der Frage zerreißen, ob sie einen Blauen zum Kanzler machen soll oder nicht. Das würden unterhaltsame Landtagswahlkämpfe – aber nur für die Konkurrenz der ÖVP.

Wie es mit der Regierungsarbeit weitergeht, werden Kanzler Christian Kern und Mitterlehner bei einem Bürgerforum am kommenden Dienstag im ORF erläutern.

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