Österreichs Klimaplan für 2030: Milliardenstrafe aus Brüssel droht

Auch Österreichs Verkehrsemissionen steigen
Regierung schickt Klimaplan nach Brüssel. Für die Wissenschaft und NGOs ist das Papier in allen Punkten „Nicht genügend“.
  • Bundesregierung schickt „Nationalen Energie- und Klimaplan bis 2030“ nach Brüssel
  • Wissenschaftler sehen den Plan als „ungeeignet“, irgendein Klimaziel zu erfüllen
  • Wird das Klimaziel nicht erreicht, müssen Zertifikate in „mittlerer einstelliger Milliardenhöhe“ gezahlt werden, zudem drohen EU-Strafzahlungen
  • Diese Zertifikate müssen dann solange weiter gekauft werden, bis das Klimaziel erreicht wird

110 Seiten hat das Dokument, das die Bundesregierung in den nächsten Tagen an die EU-Kommission schicken wird. Dort werden die Seiten schon mit großem Interesse erwartet, schließlich geht es darum, wie Österreich den ersten großen Schritt hin zu einer Volkswirtschaft frei von fossiler Energie machen will.

Es geht um den „Entwurf des Integrierten nationalen Energie- und Klimaplans für Österreich, Periode 2021 bis 2030“. Jedes EU-Land muss nach Brüssel einmelden, wie die Klimaziele bis 2030 erreicht werden sollen.

Österreichs Klimaplan für 2030: Milliardenstrafe aus Brüssel droht

Klimarechner: Dieser zeigt an

-Wie viel Kohlenstoff hat die Welt seit 1870 emittiert

-Wie viel Kohlenstoff darf die Welt maximal emittieren, um die Erderwärmung unter 2°C begrenzen zu können

-und wie viel CO2 wurde in die Atmosphäre geblasen, seitdem Sie diesen Artikel angeklickt haben

Dem KURIER liegt das Dokument mit Stand 21. November vor, „viel wird sich aber nicht mehr ändern“, erklärt ein Insider dem KURIER. Denn: „Es steht auch nichts drinnen.“

Klarer formuliert es die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb: „Dieser Klimaplan ist sehr enttäuschend, vor allem, weil er noch hinter der ohnehin schwachen Klima- und Energiestrategie zurückfällt, welche die Regierung im Frühjahr präsentiert hat. Viele angekündigte Maßnahmen werden nun weiter aufgeweicht.“

Was für die Klimaforscherin aber noch problematischer ist: „Diese Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, damit Österreich seine Klimaziele erfüllt. Wir verfehlen unsere Verpflichtungen für das Pariser 2°C-Ziel deutlich, obwohl sich auch Österreich zu diesem Ziel verpflichtet hat.“

Heute, an diesem Freitag um 10:30 geben Wissenschaftler wie Kromp-Kolb (Universität für Bodenkultur, Wien) oder Gottfried Kirchengast, Leiter des „Wegener Center für Klima und Globalen Wandel“ von der Universität Graz gemeinsam mit den größten Umweltschutz-Organisationen eine Pressekonferenz, wo sie detailliert die Verfehlungen der Regierung erklären.

Milliardenstrafe drohen

Abgesehen von einer (kostenlosen) moralischen Schuld der Republik werden Verfehlungen in der Klimapolitik die Bundesregierung und damit den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Denn anders als beim sanktionslosen Klimaabkommen von Paris sind wir Verpflichtungen innerhalb der EU-Verträge eingegangen, und in der EU werden Vertragsverletzungen sehr wohl fianziell sanktioniert.

Jede Tonne Kohlenstoff, die wie in Brüssel vereinbart, zu viel aus Österreichs Schloten und Auspuffen kommt, muss mit Kohlenstoff-Zertifikaten teuer nachgekauft werden. Zudem drohen Strafzahlungen aus Brüssel, weil EU-Verträge nicht eingehalten wurden.

„Für den Fall der Zielverfehlung ist ein innereuropäischer Zertifikatshandel innerhalb der Gesetzgebung vorgesehen. Die geschätzten Kosten für Zertifikate (50-100€ je Tonne) würden aufgrund der kumulierten Zielverfehlung allein im Bereich des Verkehrssektors zu Zertifikatskäufen im mittleren einstelligen Milliarden Bereich führen“, wurde vor wenigen Tagen die „Anmerkungen des Vorsitzes der Unterarbeitsgruppe Verkehr zum Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans für Österreich hinsichtlich Ambition und Zielerreichung“ bekannt.

Weiter heißt es da: „Zertifikate müssten weiter angekauft werden bis der Zielerreichungspfad 2050 erreicht wird. Ob Zertifikate und zu welchem Preis verfügbar sein werden ist offen. Neben Zertifikatskäufen droht bei ungenügender Maßnahmenambition ein Vertragsverletzungsverfahren mit derzeit nicht abschätzbaren Strafzahlungen.“

Österreich hat übrigens bereits Strafzahlungen leisten müssen – in der einzigen bisher einzigen verpflichtenden „Kioto“-Klimaschutzperiode. Diese galt von 2008 bis 2012, Österreich musste über eine halbe Milliarde Euro für Zertifikate bezahlen.

Beim Klimagipfel in Kattowitz traf der KURIER Renate Christ: Die Klimawissenschaftlerin war von 2004 bis 2015 Secretary of the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), also die Chefin des Weltklimarates der UNO, IPCC. Im Gespräch mit dem KURIER erklärte Sie, wie sie Österreichs Klimapolitik sieht. 

Renate Christ: "Österreich hat kein einziges Gramm an Treibhausgasen nachhaltig reduziert"

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