Kirchenreformer lehnen Volksbegehren ab

APA12217634 - 08042013 - WIEN - ÖSTERREICH: v.l.n.r Margit Hauft (Laieninitiative), Peter Pawlowsky (Stv. Vorsitzender der Laieninitiative) und Hans Peter Hurka (Plattform "Wir sind Kirche") während der Pressekonferenz zum Thema " Kirchenreform muss der Kirche nützen - Reformbewegungen distanzieren sich vom. Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien" am Montag, 08. April 2013, in Wien. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
Kirchenrebellen halten Initiative für populistisch. Vandalen verübten Anschlag auf "Kardinalsschlitten".

Das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien, das ab kommendem Montag unterschrieben werden kann (15. bis 22. April), stößt nicht nur bei der Römisch-Katholischen Kirche selbst auf Widerstand. Auch kirchenkritische Reformbewegungen distanzieren sich von dem Begehren, zeigte sich am Montag in einer Pressekonferenz der „Laieninitiative“ und der Plattform „Wir sind Kirche“.

Man sehe zwar einen erheblichen innerkirchlichen Reformbedarf, erklärte Margit Hauft, Vorsitzende der „Laieninitiative“. Das Volksbegehren ziele aber darauf ab, die Kirche aus der Öffentlichkeit zu verdrängen und ihre Ressourcen einzuschränken. Dass dabei von Privilegien der Kirchen die Rede sei, wertete sie als populistisch. „Es ist schlicht nicht so.“ Ähnlich sieht das Hans Peter Hurka von „Wir sind Kirche“. „Die Forderungen sind zu global, zu undifferenziert und schaden potenziell den Menschen.“ Man unterstütze das Referendum daher nicht. Eine entsprechende Einladung der Initiatoren habe es auch nicht gegeben, sagten Hurka und Hauft auf Nachfrage.

Konkret stoßen sich beide Organisationen daran, dass die geplante Privilegien-Abschaffung nicht nur die römisch-katholische Kirche, sondern sämtliche anerkannten Religionsgemeinschaften treffen würde. Die geforderten Gesetzesänderungen würden das bewährte österreichische Religionsrecht aushebeln und dem Staat mehr Kosten als Einsparungen bringen. Der religionsneutrale Staat habe jene Initiativen zu unterstützen, die der Allgemeinheit zugutekommen, argumentieren sie weiter, und dazu gehören eben auch die Religionen. Dies betreffe etwa Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser oder kirchliche Kulturdenkmäler als Säulen des Fremdenverkehrs. Auch die Religionssendungen im ORF nehmen die Reforminitiativen in Schutz. Mit diesen werde nicht das Bedürfnis der Kirche, sondern der Menschen bedient.

Anliegen

Die wichtigsten Anliegen des Volksbegehrens von Kirchenkritiker Niko Alm sind die klare Trennung von Staat und Kirche, indem etwa Bildungseinrichtungen von Religionsgemeinschaften nicht mehr gefördert werden, oder die staatliche Aufklärung der „kirchlichen Missbrauchs und Vertuschungsverbrechen“. Auch gegen „Subventionen und Vergünstigungen der Kirche im Ausmaß von jährlich 3,8 Mrd. Euro“ treten die Initiatoren ein. Die meisten der 8637 Unterstützungserklärungen, die nötig waren, um das Volksbegehren auf die Schiene zu bringen, wurden in Wien gesammelt, gefolgt von Niederösterreich und Oberösterreich. Dem Unterstützungskomitee gehören prominente Wissenschaftler, Künstler und Aktivisten an: Die Kabarettisten Günther Paal und Dirk Stermann sind ebenso dabei wie Molekularbiologin Renée, Erfolgsautor Thomas Glavinic und der deutsche Religionskritiker Karlheinz Deschner. Unterstützer Joesi Prokopetz sagte: „Ich unterstütze das Kirchenvolksbegehren gegen anachronistische Privilegien des Klerus und seiner Hintermänner.“

Die Initiatoren haben auch die politischen Parteien nach ihrer Position zum Konkordat, das die Verhältnisse der Republik zur katholischen Kirchenleitung im Vatikan regelt, erfragt: Während die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP hinter dem völkerrechtlichen Vertrag stehen, sind die Grünen für eine Aufkündigung. Der Grüne Abgeordnete Peter Pilz ist zudem für ein Schutzalter bei Beschneidungen. Auch die FPÖ kann sich vorstellen, das Konkordat in einzelnen Punkten zu prüfen und stellt zudem Begünstigungen der Religionsgemeinschaften bei der Grundsteuer infrage. BZÖ und Team Stronach äußerten sich eher vage, ihrer Ansicht nach ist Religion Privatsache. Der Aussage des Volksbegehrens, das Konkordat stamme aus der Zeit des Austrofaschismus, widerspricht das Kultusministerium, das Claudia Schmied (SPÖ) untersteht. Die Verhandlungen dazu hätten bereits vor dieser Zeit geendet. Von einer Aufkündigung hält man dort erwartungsgemäß nichts, zahlreiche Religionsgemeinschaften hätten die gleichen Rechte wie die katholische Kirche.

Kleinkrieg

Im Vorfeld des Volksbegehrens weht ein rauer Wind: So hat sich Alm die Domain www.satan.at gesichert und leitet die Internet-Nutzer von dort direkt auf die offizielle Homepage der römisch-katholischen Kirche (www.katholisch.at) weiter. „Die Domain habe ich schon sehr lange“, so Alm. Die Verlinkung mit der Kirchenwebsite sei aber als Antwort darauf erfolgt, dass sich die Bischofskonferenz zuvor die Adresse www.kirchenprivilegien.at gesichert hatte. Diese unterscheidet sich nur durch einen Bindestrich durch die Website des Volksbegehrens, www.kirchen-privilegien.at.

Auch vor Vandalenakten wird nicht zurückgeschreckt. So ist in der Nacht auf Samstag das Kampagnenmobil des Volksbegehrens, der sogenannte „Kardinalschlitten“, in Wien-Neubau beschädigt worden. Mitinitiator Sepp Rothwangl klagte über verstärkte Hasstiraden nach der kirchlichen Anti-Volksbegehrens-Kampagne, nun seien vermutlich den Worten Taten gefolgt. „Leider können wir radikale Täter nicht ausschließen.“ Er kündigte an, auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) einschalten zu wollen. Bis zur Reparatur des Pappmaschee-Mobils – es stellt einen Kirchenmann dar, der Missbrauchsakten unter seinem Umhang versteckt – soll der „Kardinalschlitten“ beschädigt durch Wien fahren. Der Plastik wurde die Nase abgerissen.

Kommentare