Österreicher befürworten Vermögenssteuer

a pile of papermoney on white background - gestapelte Geldscheine vor weissem Hintergrund
Nur 23 Prozent sind gegen eine neue Steuer, 54 Prozent wollen das Volk entscheiden lassen.

Eine deutliche Mehrheit der Österreicher spricht sich dafür aus, neue Steuern auf Vermögen einzuführen. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des OGM-Instituts für den KURIER: „Wir haben eine eindeutige Mehrheit gefunden, wobei hier das Floriani-Prinzip gilt. Kaum jemand fühlt sich von einer Vermögenssteuer betroffen“, erklärt OGM-Expertin Karin Cvrtila das Ergebnis der Umfrage.

Österreicher befürworten Vermögenssteuer
Dem Großteil der Bevölkerung sei nicht klar, was grundsätzlich als besteuerbares Vermögen gelte, sagt die Meinungsforscherin. „Prinzipiell ist es durch die Finanz- und Wirtschaftskrise so, dass die Leute meinen, die Reichen sollen für die Kosten der Krise aufkommen.“

Wobei, erklärt die Expertin, es Unterschiede gibt, was die Parteipräferenz der Befragten betrifft: „Tendenziell findet sich bei ÖVP-Wählern, die tendenziell ein bisschen besser gestellt sind, die geringste Zustimmung zu Reichensteuern.“

Grün-Sympathisanten können sich am stärksten mit dieser Steuer anfreunden. Auffällig sei, dass es keine signifikanten Unterschiede bei den Befürwortern hinsichtlich Bildung oder Alter gebe: „Die Zustimmung geht quer durch die Bevölkerung.“

Die überwiegende Mehrheit der Befragten – nämlich 54 Prozent – wollen per Volksbefragung über eine Vermögenssteuer abstimmen. „Das Ergebnis ist gar nicht so hoch, man muss das ein wenig relativieren“, sagt die Meinungsforscherin. „Bei Umfragen zeigt sich, dass sich immer eine große Mehrheit für Abstimmungen ausspricht. 37 Prozent wollen aber, dass der Nationalrat über diese Frage entscheidet. Dieser Wert ist für mich überraschend hoch.“

Wenig überraschend sei, dass eine klare Mehrheit für den Ausbau direkt-demokratischer Instrumente plädiert. Der Regierungsplan, wonach Volksbegehren mit einer Unterschriftenzahl von zehn Prozent der Wahlberechtigten zu einer Volksbefragung führen können, wird von einer relativen Mehrheit befürwortet. Cvrtila: „FPÖ-Wähler wollen eine noch niedrigere Hürde.“

Dass die Reform noch vor der Wahl im Herbst kommt, glauben nur wenige. „Die Menschen erhoffen sich Reformen, erwarten sich aber nicht, dass die Regierung das rasch umsetzt.“

Österreicher befürworten Vermögenssteuer

Gestern wurde in der Schweiz, dem Musterland der direkten Demokratie, wieder das Volk befragt: Thema war u. a. eine Verschärfung der Asyl-Gesetze. Das Parlament hat die Asylrechtsänderung im Herbst beschlossen. Die Schweizer segneten das gestern mit überwiegender Mehrheit ab.

Auch in Österreich könnten bald Schweizer Verhältnisse herrschen: Die Regierung will die direkte Demokratie stärken. Vorgesehen ist, dass Volksbegehren, die von mindestens zehn Prozent der Stimmberechtigten – das sind etwa 600.000 Wähler – unterstützt werden, eine Volksbefragung nach sich ziehen, deren Ausgang wohl politisch bindend wäre.

Dabei unterscheidet sich das politische System der Schweiz grundlegend von jenem in Österreich: Etwa in Form der Konkordanzdemokratie, die, ähnlich den Konzentrationsregierungen in manchen Bundesländern, darauf abzielt, möglichst viele politische Kräfte einzubeziehen. Die Schweizer Regierung rekrutiert sich derzeit aus fünf Parteien.

Der Politologe Klaus Poier sieht das Konkordanzmodell als Folge der plebiszitären Demokratie in der Schweiz (siehe Interview). Der Politikforscher Anton Pelinka weist auf einen Nachteil der Direktdemokratie hin: Solche Mechanismen seien „schwerfällig und tendenziell strukturkonservativ. Die Geschichte der Referenden zeigt, dass es zwar nicht notwendigerweise, aber eher Mehrheiten für die Beibehaltung des Status quo gibt.“ Beispiel: Wehrpflicht. Außerdem müsse den politischen Akteuren klar sein, dass damit auch die sozialpartnerschaftliche Konsensdemokratie blockiert werden könne: Ausgehandelte Kompromisse können durch das Volk ausgehebelt werden. Es müsse Grenzen geben, worüber abgestimmt werden darf, warnt Pelinka.

Universitätsprofessor Klaus Poier von der Uni Graz lehrt Politikwissenschaft am Institut für Österreichisches, Europäisches und Vergleichendes Öffentliches Recht. Beim Hearing über die direkte Demokratie im parlamentarischen Verfassungsausschuss stellte er seine Expertise bereits zur Verfügung.

KURIER: Die direkte Demokratie soll nach Schweizer Vorbild ausgebaut werden. Aber existiert nicht in der Schweiz ein grundlegend anderes politisches System?

Klaus Poier: Man muss das umgekehrt sehen: Das politische System der Schweiz hat sich im Laufe der Zeit durch die direkte Demokratie verändert. Die Freisinnige Partei führte die längste Zeit alleine die Regierung, erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde die direkte Demokratie stark ausgebaut. Damit bekam die Opposition die Möglichkeit für große Referenden, weshalb sie in die Regierung eingebunden wurde. Das hat dazu geführt, dass Parteien immer in die Regierung eingebunden wurden, sobald sie stark genug für Referenden wurden. Jetzt haben wir seit Jahrzehnten eine Mehr-Parteien-Regierung mit stabilen Verhältnissen.

Und wie läuft es in der Schweiz mit der direkten Demokratie?

Für das Volk ist die direkte Demokratie das Korrektiv gegenüber der Politik. Damit überlegt sich die Regierung sehr genau, ob Gesetze auch halten. Das hat Vor- und Nachteile. Mit wenigen Ausnahmen zeigt sich aber, dass das Schweizer Volk durchaus bedacht damit umgeht. Kürzlich wurde etwa eine Ausweitung des Urlaubsanspruchs abgelehnt.

Als Gegenargument wird immer die Gefahr des Missbrauchs durch Populisten gebracht. Zu Recht?

Einen Missbrauch sehe ich vor allem darin, wenn die Herrschenden die direkte Demokratie für ihre Zwecke einsetzen, siehe die Wiener Wohn-Befragung oder jene im Burgenland über ein Asylzentrum. Da weiß man ja schon vorher, wie das ausgeht. Aber die Angst vor Haider plus Kronenzeitung war in den 90ern tatsächlich der entscheidende Faktor bei der ÖVP, warum sie nicht für einen Ausbau war.

Schließt die EU-Mitgliedschaft eine Stärkung der direkten Demokratie aus, da wir Rechtsmaterien übernehmen müssen?

Durch die EU-Mitgliedschaft werden Plebiszite eingeschränkt. Wo Österreich allein entscheiden kann, können wir das auch mittels direkter Demokratie. Materien, die Unionsrecht unterliegen, sind sowohl der direkten als auch der repräsentativen Demokratie entzogen.

Braucht es eine Regelung, worüber abgestimmt werden darf?

Minderheitenrechte müssen gesichert bleiben. In der Schweiz wurde per Volksabstimmung der Bau von Minaretten verboten. Das wäre bei uns ausgeschlossen, weil es ein Minderheitenrecht ist. Ansonsten sollte man aber großzügig sein. Bei uns soll nun auch verboten werden, über die Abschaffung der Bundesländer eine Befragung zu erzwingen. Diese Einschränkung kann ich nicht nachvollziehen. Ich finde, auch über Steuern oder Finanzausgaben soll abgestimmt werden können. Die Bürger gehen sicher sparsamer mit dem Geld um als Politiker.

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