VSSTÖ: Plan A wurde nicht von SPÖ-Basis beschlossen

VSSTÖ: Plan A wurde nicht von SPÖ-Basis beschlossen
Hannah Lutz, Spitzenkandidatin des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSSTÖ), im KURIER-Gespräch über die kommende ÖH-Wahl.

Flyer werden verteilt, Hände geschüttelt, das ein oder andere Bier getrunken. Es ist Wahlkampfzeit an den Hochschulen Österreichs. Am 16. startet die Wahl zur Bundesvertretung der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH). Studierende können entscheiden, wer sie auf Bundesebene künftig vertreten soll. Der KURIER hat mit den Spitzenkandidaten der ÖH-Fraktionen gesprochen. Wie lauten ihre Forderungen? Was sind ihre Ziele? Und: Wieso überhaupt ÖH?

Hannah Lutz, Frontfrau des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSSTÖ), wehrt sich gegen Studienbeschränkungen und bleibt den sozialdemokratischen Werten treu - selbst wenn die SPÖ das nicht tut.


Alle Interviews mit den ÖH-Spitzenkandidaten finden Sie hier.

KURIER: Welche Aufgabe hat die ÖH?

Hannah Lutz: Die ÖH ist eine unabhängige Interessensvertretung der Studierenden. Im Grunde ist sie dafür da, dass die Studienbedingungen verbessert werden.

Einige Fraktionen sagen, die ÖH soll sich nur um hochschulpolitische Themen kümmern.

Klar, die ÖH vertritt Tausende Studierende in ganz Österreich. Aber ich glaube nicht, dass die Welt vor der Hochschule aufhört. Es braucht auf alle Fälle beides: Ein gutes Serviceangebot für Studierende und eine Gesellschaftspolitik. Die ÖH muss ihren Standpunkt in wichtigen politischen Fragen vertreten.

Soll die ÖH auch bei Wahlkämpfen für einen Kandidaten Partei ergreifen? Sagen wir Bundespräsidentschaftswahl?

Die Bundesvertretung hat sich dafür ausgesprochen, wählen zu gehen. Aber Wahlempfehlung geben wir keine ab. Es gab Plakate für ein "weltoffenes Europa", aber nie explizit für einen Kandidaten.

Im VSSTÖ-Wahlprogramm steht, dass viele Studierende nicht in Mindeststudienzeit studieren können, weil die Hörsäle überfüllt sind. Wird es langsam Zeit für weitere Studienplatzbeschränkungen?

Das Problem der überfüllten Hörsäle hat verschiedene Ursachen, aber Zugangsbeschränkungen sind sicher nicht das Mittel dagegen. Die Hochschulen sind chronisch unterfinanziert und die Orientierung im Studium ist mangelhaft. Es ist extrem schwierig, sich für ein Studium zu entscheiden. Alleine auf der Uni Wien werden über 150 Studienrichtungen angeboten, in der Schule hat man vielleicht zehn Schulfächer. Auch wenn die Regierung Studiengänge beschränkt, werden viele nicht wissen, welches Studium für sie das richtige ist.

Kann man von einem erwachsenen Menschen nicht erwarten, sich zuerst gründlich über das Studium, das er oder sie studieren möchte, zu informieren?

Natürlich ist die Selbstinformation ein wichtiger Teil. Unterstützung ist aber nie verkehrt. Ein Studium auf dem Blatt Papier ist noch immer anders, als es dann tatsächlich zu studieren. Unserer Meinung wäre es am besten, wenn in der Studieneingangsphase viele Studienrichtungen ausprobiert werden können. Dann wird man sich auch besser entscheiden können.

Die JUNOS können sich ein mehrstufiges Zugangsverfahren vorstellen. Danach würde man genau wissen, ob man das Studium wirklich studieren möchte.

Wer an der Wirtschaftsuniversität in Wien studieren möchte, muss im Mai ein Motivationsschreiben abgegeben. Schülern, die gerade in der Maturaphase stecken, zu sagen, jetzt entscheidet und bewirbt euch, ist schwierig. Aber Tatsache ist, wer das nicht tut, wird im Herbst nicht an der WU studieren.

An den Fachhochschulen sind solche Aufnahmeverfahren fester Bestandteil. Dort ist auch die soziale Durchmischung besser.

Die soziale Durchmischung ist trotz der Beschränkungen und Hürden besser und nicht wegen ihnen. Es gibt eben gravierende Unterschiede zu Universitäten. Zum einen sind die Fächer so ausgelegt, dass man nebenbei arbeiten kann. Fachhochschulen sind im ländlichen viel häufiger anzutreffen. Das heißt, wenn ich es mir nicht leisten kann, von zu Hause auszuziehen, dann ist es naheliegend eine FH zu besuchen. Und das Studium ist wesentlich praxisorientierte. Bedeutet: Wenn ich schon finanzielle Sorgen habe, dann ist es naheliegend, dass ich an einer FH studiere und relativ sicher mit einem Job nach Hause gehe.

Der VSSTÖ ist gegen Studiengebühren und weiteren Studienbeschränkungen. Nicht einmal die SPÖ vertraut dieser sozialdemokratischen heiligen Kuh.

Ich kann nur so viel sagen: Der Plan A von Bundeskanzler Kern wurde von keiner breiten Basis in der SPÖ beschlossen. Viele Sozialdemokraten können damit auch gar nichts anfangen.

Aber offenbar die JUNOS. Sie plakatieren Christian Kern als Verbündeten.

Wir fühlen uns in unserer Kritik bestätigt. Wenn der sozialdemokratischen Bundeskanzler von der neoliberalen Jugend gelobt wird, sollte es ihm zu denken geben. Wir sind weiter von den sozialdemokratischen Errungenschaften überzeugt und bleiben diesen Werten treu. Nur eine Hochschule mit freiem Zugang kann eine soziale Durchmischung garantieren und ist mit der Sozialdemokratie vereinbar.

Aber ist es fair, dass Lehrlinge für eine Masterprüfung zahlen müssen, Studierende für die Universität nicht?

Nein. Ich bin auch wirklich überzeugt davon, dass die Ausbildung mehr gefördert gehört und die Meisterprüfung gratis angeboten werden muss. Man muss danach streben, alles zu verbessern und auf ein egalitäres System umzustellen.

Und nachgelagerte Studiengebühren kämen auch nicht infrage?

Studiengebühren werden immer – egal in welcher Form – dazu führen, dass Personen, die aus sozial schwächeren Familien kommen, sich abschrecken lassen und nicht studieren werden. Das zeigen alle Studien, die jemals zu Studiengebühren durchgeführt worden sind. Als man noch Studiengebühren zahlen musste, hat der Verwaltungsaufwand einen großen Batzen Geld gefressen. Am Ende blieb für die Unis recht wenig übrig. Am Ende gibt es keine besseren Studienbedingungen und die Studenten zahlen trotzdem.

Nach der Wahl kommen die Koalitionsgespräche. Mit wem schließt ihr eine Zusammenarbeit aus?

Kategorisch den RFS. Mit allen anderen werden Gespräche geführt. Wir schauen, wo wir uns einig werden. Es geht schließlich darum, mit wem der VSSTÖ seine Projekte umsetzen kann.

Wie hoch ist das Wahlkampfbudget des VSSTÖ?

Rund 60.000 Euro. Damit bezahlen wir den gesamten Wahlkampf, also Materialien, Veranstaltungen, etc.


Zur Person: Hannah Lutz ist Spitzenkandidatin des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSSTÖ). Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Wien.

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