Oberhauser: "Jetzt startet der Abwehrkampf"

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser informiert über Facebook die Öffentlichkeit über ihren Unterleibskrebs
Die Gesundheitsministerin outete via Facebook ihre Unterleibskrebs-Erkrankung.

Der Schock saß sicherlich sehr tief. Doch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (51) gönnte sich keine Nachdenkpause. Geheimniskrämerei war keine Alternative für sie. Die Ministerin sorgte für Transparenz – und das fast im Liveticker-Modus. Freitag gegen 10 Uhr postete sie das erdrückende Ergebnis der dreitägigen Untersuchung auf Facebook: Jetzt steht die Diagnose fest – es ist Unterleibskrebs. Drei Stunden später hatten die offenen Worte der Ministerin über 480 Likes und 560 aufmunternde Kommentare. Facebook-Freunde schickten Genesungswünsche. Die SPÖ-Kollegen posteten Fotos mit dem aufbauenden Slogan: „Sabine, du schaffst das“. Selbst für die Medizinerin Oberhauser ein unschätzbarer Energieschub, wenn man alleine im Krankenzimmer liegt, die erste Chemo in den Körper gepumpt wird und die Diagnose verarbeiten muss. Danke für die Kraft und die Energie, die von euch kommt. Ich fühle mich echt getragen von euch – kommentierte die Ministerin die Posting-Flut.

Keine Spekulationen

Fest steht für Oberhauser auch: Trotz Chemotherapie denkt sie nicht an einen Rücktritt als Gesundheitsministerin. Die Ärzte sprechen von guten Heilungschancen. Die gesamte Regierungsmannschaft steht hinter Oberhauser. „Wir werden dich, wo immer wir können, voll unterstützen“, so Bundeskanzler Werner Faymann in einer Aussendung. Der kürzlich verstorbene Aufdeckerjournalist Kurt Kuch machte mit seinem Krebs-Outing im Internet den Anfang. Jeden Schritt, jeden Erfolg, aber auch jeden Rückschlag seiner Lungenkrebstherapie dokumentierte Kuch in den sozialen Medien. Die Gesundheitsministerin, die erst vor zwei Jahren zur Nicht-Raucherin wurde und seit dem Sommer 14 Kilo abgenommen hat, wählt auch diesen mutigen Weg.

Schon zu Wochenanfang vermeldete die Politikerin überraschend auf Facebook, dass sie sich wegen Krebsverdacht für eine mehrtägige Untersuchung ins Spital begibt. „Bei Prominenten ist der Schritt nachvollziehbar, denn die Wahrscheinlichkeit im Spital erkannt zu werden, ist doch sehr hoch und dann beginnen die Spekulationen. Da gehen viele lieber gleich in die Offensive“, analysiert Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Österreichischen Krebshilfe.

Wirrwarr der Gefühle

Oberhauser geht noch einen Schritt weiter, sie will nicht nur Spekulationen keinen Raum geben. Die Ministerin legt auch ihre Gefühle und Ängste offen und will so, den Krebs aus der Tabuzone holen. Wenige Stunden bevor die Ärzte die Gesundheitsministerin mit der Krebsdiagnose konfrontierten, postete sie: Tag drei in meinem Wirrwarr der Gefühle beginnt. Felix (Anmerk.: Hund der Ministerin) und die Morgenstunden mit ihm fehlen mir.

Kiefhaber, die mit der Gesundheitsministerin auch befreundet ist, wundert das Outing nicht: „Sie hat immer sehr viel von ihrem Alltag auf Facebook preisgegeben.“ Nächste Woche wird die Ministerin aus dem Spital entlassen. Oberhauser plant ihr Comeback am Dienstag beim Ministerrat. Auf jeden Fall auf dem Programm stehen – die frühmorgenlichen Spaziergänge mit Felix und ihr obligater Wetterbericht auf Facebook.

Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Österreichischen Krebshilfe, hat schon viele Patienten durch die Krebstherapie begleitet. Im KURIER-Interview analysiert sie, die Vor- und Nachteile eines Outings.

KURIER: Frau Kiefhaber, was ist der bessere Umgang mit der Diagnose Krebs? Die Umwelt offen mit der Krankheit konfrontieren oder die Informationen im kleinen Kreis halten?
Doris Kiefhaber: Das ist eine sehr individuelle Entscheidung. Manchen Menschen hilft es, wie etwa Kurt Kuch, mit der Diagnose in die Öffentlichkeit zu gehen. Jene, die es im kleinen Kreis halten wollen, fehlt aber nicht der Mut. Bei Krebs gibt es sicher einen Prominenten-Malus. Denn die Angst, dass im Spital irgendetwas durchsickert, ist da. Da ist es nachvollziehbar, dass die meisten sich dafür entscheiden, gleich klar zu sagen, was Sache ist. So kommen weniger Spekulationen auf.

Was überwiegt beim Outing: Die Welle der Sympathie oder kommt auch der Punkt, wo es für den Patienten anstrengend wird?
Die Welle der Sympathie darf man nicht unterschätzen. Die negative Seite ist allerdings, dass die Patienten auch viele alternative Therapievorschläge erhalten. Das muss man allerdings einfach beiseite schieben. Kurt Kuch konnte das zum Glück, manche Patienten sind mit den Ratschlägen überfordert.

Holen die öffentlichen Outings den Krebs aus der Tabuzone?
Auf jeden Fall. Der offene Umgang der Betroffenen macht es für den Freundeskreis leichter mit der Erkrankung umzugehen. Viele haben Angst, den Kontakt zu suchen, weil die Diagnose viele Freunde einfach sprachlos macht. Das Outing hilft sicher, diese Hemmschwelle abzubauen.

Sabine Oberhauser will trotz der Krebserkrankung weiterarbeiten. Auch Barbara Prammer wollte das. Warum?
Barbara Prammer war es eine Herzensangelegenheit, auf die Problematik zwischen Weiterarbeiten und Krebs aufmerksam zu machen. Wir fordern schon lange, die Möglichkeit eines Teilzeit-Krankenstandes für Krebspatienten.


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