Null Flüchtlinge: Türkis-Blau kippt die Obergrenze

Chefverhandler von ÖVP und FPÖ
Das erste von fünf Großkapiteln ist fertig. Kurz und Strache wollen die illegale Migration Richtung null drücken und mit mehr Polizei und mehr Überwachung das Sicherheitsgefühl der Österreicher steigern. Christian Kern sieht die Maßnahmen kritisch.

Dreieinhalb Wochen verhandeln ÖVP und FPÖ bereits. Und bisher ist kein wirklicher Knackpunkt aufgetaucht, der das Projekt einer Koalition zwischen Volkspartei und Freiheitlichen ernsthaft gefährden könnte.

Schon der Wahlkampf hat gezeigt, dass sich Sebastian Kurz und Heinz Christian Strache in der Asyl- und Sicherheitspolitik inhaltlich nahe stehen. So verwundert es kaum, dass dieses Kapitel als erstes fertig wurde und am Freitag in seinen wesentlichen Eckpunkten präsentiert wurde. Die da lauten: Mehr Polizei, mehr Überwachung und keine Flüchtlinge mehr.

Kurz und Strache wollen die bisherige Obergrenze von 35.000 Asylanträgen – beschlossen noch von SPÖ und ÖVP – Richtung null drücken. Ganz auf null werden die Asylanträge freilich nicht zu bringen sein, dagegen sprechen internationale Abkommen und die Krisenherde rund um Europa.

Doch die türkis-blaue Stoßrichtung ist klar: Flüchtlinge, die über sichere EU-Länder gekommen sind, werden (gemäß Dublin-Abkommen) zurückgeschickt. Und es sollen nur noch Zuwanderer ins Land gelassen werden, die entweder aus der EU kommen (gemäß der EU-Niederlassungsfreiheit) bzw. Fach- und Schlüsselkräfte sind, die die Wirtschaft nachfragt (zum Beispiel auf Basis der Rot-Weiß-Rot-Card). Kurz sagte: "Wir wollen dagegen ankämpfen, dass sich jemand das beste Sozialsystem aussucht."

Wie viele "legale" Migranten also in Zukunft pro Jahr kommen dürfen, wollten die Chefverhandler nicht beantworten. Bisher hieß es von Expertenseite, dass Österreich jedes Jahr rund 50.000 Zuwanderer braucht, um das Wohlstandsniveau angesichts der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung aufrecht zu erhalten.

Für Asylberechtigte wollen Kurz und Strache darüber hinaus die Mindestsicherung wie in Oberösterreich bei 1500 Euro pro Monat und Haushalt deckeln. Die anerkannten Flüchtlinge sollen auch erst nach zehn statt bisher nach sechs Jahren die Staatsbürgerschaft beantragen können.

Exekutiv-Lehrling

Verschärfungen warten aber auch auf Asylwerber in der Grundversorgung: Sie sollen nur noch Sachleistungen bekommen, also vermutlich auch kein Taschengeld mehr. Und es soll offenbar auch keine Zuzahlung mehr geben, wenn ein Flüchtling privat statt in einem Flüchtlingsheim unterkommt.

Ebenfalls fertig ist das Polizei- und Anti-Terror-Kapitel. Die FPÖ hat das Überwachen von Messenger-Diensten (WhatsApp und Skype) geschluckt. Insgesamt geht es um die Überwachung der so genannten Gefährder: Per Vi-deoüberwachung oder automa-tischer Kennzeichenerfassung.

Bei der Polizei soll die Besoldung verbessert und mehr Nachwuchs herangezogen werden. Neben anderen Maßnahmen ist an den neuen Lehrberuf des Exekutiv-Lehrlings gedacht.

Kern sieht Maßnahmen kritisch

Die Einigung von ÖVP und FPÖ auf ein Sicherheitspaket hat für Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) "Tücken". "Politisch halten wir das natürlich nicht für sinnvoll", sagte er nach dem EU-Sozialgipfel in Göteborg am Freitagabend gegenüber Journalisten.

Damit vergrößere man ein Problem und löse es nicht. "Es ist der Reflex, die Leute wollen es hören. Aber es ist, glaube ich, trotzdem kein richtiger Weg, die Frage der Migration zu bewältigen."

Türkis-Blau in Sicherheitsfragen einig

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