Niessl schickt weiteren Kronprinzen ins Heeresressort

Niessl und Doskozil in Nickelsdorf: Auch an der burgenländischen Grenze kamen viele Flüchtlinge an.
Polizeichef im Burgenland hat sich beim Flüchtlingsandrang als menschlicher und krisenfester Manager erwiesen.

ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bekommt nun das dritte SPÖ-Gegenüber in der Regierung. Nach Norbert Darabos und Gerald Klug muss sie mit Hans Peter Doskozil verhandeln. Sie kennt ihn bereits. Ob der Flüchtlingscausa hatten die beiden viel miteinander zu tun. Auch bei Pressekonferenzen saßen sie gemeinsam. Fortan macht der bisherige Polizeimann Heerespolitik.

Dass er "sehr politiktauglich" ist, hatte Landeshauptmann Hans Niessl vor Weihnachten im KURIER befunden. Seit Mittwoch ist klar: In dieser Frage will Kanzler Werner Faymann dem rot-blauen Tabubrecher aus dem Burgenland nicht widersprechen: Wer eine scheinbar unlösbare Aufgabe menschlich managt, ist auch für die Politik ein Glücksfall.

Der aus der 270-Einwohner-Ortschaft Kroisegg im Südburgenland stammende Doskozil verdankt den Aufstieg zum Verteidigungs- und Sportminister nicht nur der Fürsprache und Unterstützung durch seinen pannonischen Mentor, sondern auch seiner Standhaftigkeit angesichts einer Katastrophe – und mancher Unwägbarkeit.

Nachdem im vergangenen August 71 tote Flüchtlinge in einem Schlepper-Lkw auf der Ostautobahn gefunden worden waren, stand der seit 2012 amtierende Polizeichef unvermittelt im Scheinwerferlicht – auch international. Nicht als trockener Beamter mit entsprechender Ausdrucksweise präsentierte er sich; er war empathisch und souverän.

Hohelied

Souverän blieb Doskozil auch, als eine Woche später immer mehr Flüchtlinge an der burgenländischen Grenze ankamen. Die Exekutive sorgte – Seite an Seite mit dem Heer – dafür, dass rund 300.000 Menschen weitgehend reibungslos weitertransportiert wurden. Selbst Eisenstadts Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics sang deshalb ein Hohelied auf Doskozil; dieser sei "ein Fels in der Brandung".

Flüchtlinge stehen beim 45-Jährigen, der eine 17-jährige Tochter und einen 15-jährigen Sohn hat, aber von deren Mutter getrennt lebt, schon lange auf der beruflichen Agenda: Neben seinem Dienst in einer Wiener Polizei-Inspektion absolvierte er Ende der 1990er-Jahre ein Jus-Studium – und gestaltete 2004/2005 im Innenministerium maßgeblich das Fremdenpolizeigesetz mit. 2008 wurde Doskozil Referent, 2010 Bürochef von Niessl, der sich im Vorfeld der Landtagswahl erfolgreich gegen den Plan von Ex-Innenministerin Maria Fekter wehrte, im südburgenländischen Eberau ein Asyl-Erstaufnahmezentrum zu errichten. Niessls "Fels" in dieser Sache: Doskozil.

Als Chef der 2012 neu geschaffenen Landespolizeidirektion war er allerdings nicht erste Wahl. Eine – letztlich haltlose – anonyme Anzeige wegen Amtsmissbrauchs hatte den Favoriten auf den Posten zu Fall gebracht. Und so kam Doskozil zum Zug.

Der Spitzenpolizist gilt als leutselig und bodenständig. Auch als Minister wird er in seinem Heimatbezirk wohnen und nach Wien tagespendeln. Sein Nachfolger als Landespolizeichef wird entweder Burgenlands Landesamtsdirektor Ronald Reiter oder Neusiedls Bezirkshauptmann Martin Huber. Doskozil verzichtet auf ein Rückkehrrecht an die Polizeispitze. Vielleicht, weil er ohnehin in der Politik bleibt und dereinst Niessl als Landeshauptmann nachfolgt.

Abgrenzung

Auf den Chefsessel im Burgenland spitzt auch Darabos; er konnte seine Zeit als Verteidigungsminister nicht als Sprungbrett nutzen, sondern kehrte als Soziallandesrat heim ins Burgenland. Darabos hofft nun auf eine zweite Chance, um sich als burgenländischer Kronprinz zu positionieren. Als Zivildiener war Darabos unter den Militärs wenig geachtet. Diesen Startnachteil hat Doskozil nicht, er hat Präsenzdienst geleistet.

Eines kreidet Landeshauptmann Niessl beiden an: Doskozil und Darabos sind beherzte Rapidler. Niessl steht treu zur Wiener Austria.

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