Niedermühlbichler: "Die Gewerkschaft gilt als größter Bremsklotz"

Niedermühlbichler, Kern: "Kanzler muss Partei nach vorne bringen"
Christian Kern soll die Bundes-SPÖ auf einen neuen Kurs der Mitte führen. Ziel ist eine Mehrheit jenseits von Schwarz-Blau

Der Chefstratege der SPÖ, Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler, lässt sich in die Karten blicken. Bei einem Hintergrundgespräch am Dienstag Abend in der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße referierte Niedermühlbichler Erkenntnisse aus der SPÖ-Meinungsforschung und erläuterte, welche Maßnahmen die SPÖ in der Folge ergriff. Zu Beginn seiner Tätigkeit für den neuen Parteichef Christian Kern ließ Niedermühlbichler erheben, wie es um die SPÖ stehe. Das Ergebnis war einigermaßen ernüchternd. "Die vorherrschende Meinung ist, dass die SPÖ in der Vergangenheit viel Gutes getan hat. In der Gegenwart gilt sie jedoch als leerer Raum. Die Frage, wofür die SPÖ stehe, ist zumeist mit langem Nachdenken beantwortet worden. Nicht einmal ,soziale Gerechtigkeit' ist den Leuten eingefallen, das ist schon etwas bitter", sagt Niedermühlbichler. Tröstlich sei jedoch, dass mit der SPÖ "keine negativen Gefühle" verbunden seien. SPÖ-Chef Christian Kern würden hohe Erwartungen entgegengebracht, er gilt als Macher, der den Zug zu Veränderungen habe. Gleichzeitig würden viele die Sorge äußern, dass Kern "gebremst" würde. Die SPÖ fragte auch nach, wer denn die größten Bremsklötze seien. Demnach gilt die Gewerkschaft als der größte Bremsklotz, danach folge die eigene Partei, dann die ÖVP und erst zuletzt die Wirtschaft. Niedermühlbichler: "Die Wirtschaft ist positiv besetzt, weil man mit ihr Arbeitsplätze verbindet."

Herausgestellt habe sich, dass Kern anfangs zu weit links positioniert war. Als ein Beispiel nennt Niedermühlbichler die Urabstimmung unter den SPÖ-Mitgliedern über das Freihandelsabkommen CETA. "Das haben wir nicht zu Ende gedacht, aus dieser Nummer heraus zu kommen, war schwierig."

Als Achillesferse der SPÖ stellte sich in den Forschungen zudem das Sicherheitsthema heraus.

Aus all diesen Erkenntnissen zog die SPÖ folgende Konsequenzen: Kern trug 80 Maßnahmen für den Plan A zusammen, sie wurden mit Expertenunterstützung finalisiert und mit Hilfe einer Agentur leicht lesbar gemacht. Der Plan A ersetzt vorerst den Beschluss eines neuen Parteiprogramms und drückt der SPÖ den Stempel des Vorsitzenden auf. Niedermühlbichler: "Die Person Christian Kern muss die SPÖ nach vorne ziehen. Es wirkt bereits, man sieht es in den Umfragen."

Um dem Vorhalt der Leute, die SPÖ habe für Sicherheit nicht viel übrig, keinen weiteren Auftrieb zu geben, übernahm Kern bei den Verhandlungen mit der ÖVP über das aktualisierte Regierungsprogramm die Vorschläge des Innenministers ohne Blockade.

Weiters hat Kern das Ultimatum an die ÖVP gestellt, "um auf den Tisch zu hauen und etwas weiter zu bringen". Damit hat er den Erwartungen, die in ihn gesetz werden, entsprochen. Niedermühlbichler: "Die Leute wollen, dass gearbeitet wird. Sie wollen keine Neuwahlen."

Parallel zur Regierungsarbeit tourt Kern durch Österreich und bewirbt den Plan A. Er macht gerade eine Bundesländer-Tour und wird eine Themen-Tour anhängen.

Aus Niedermühlbichlers Aussagen lässt sich ablesen, wann die SPÖ frühestens für Wahlen bereit wäre. Strategisches Ziel der SPÖ sei, mit ihrer Neupositionierung in der Mitte eine Mehrheit jenseits von Schwarz-Blau zu erreichen. Demnach sollen SPÖ, Grüne und Neos im neuen Nationalrat mehr als die Hälfte der Abgeordneten stellen. Niedermühlbichler: "Das ist keine leichte Übung. Aber in sechs bis zwölf Monaten müsste das zu schaffen sein."

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