NGOs kritisieren neues Bienen-Gesetz

Eine Biene kehrt am 05.03.2013 am Lohrberg in Frankfurt am Main (Hessen) zu ihrem Stock zurück. Die warmen Temperaturen und der Sonnenschein lockten die Insekten zur Nahrungssuche ins Freie. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bei genauem Hinsehen orten Umweltorganisationen Hintertüren zum Schaden der Bienen.

Es ist bereits als großer Wurf gefeiert worden - sogar Umweltschutzorganisationen zeigten sich ungewöhnlich angetan: Doch nun scheint das künftige Gesetz zum Beizverbot von heimischem Getreide mit den giftigen Neonicotinoiden noch vor seiner Absegnung im Nationalrat nicht das zu halten, was es versprach. Zumindest schlugen am Montag Global 2000 und Greenpeace Alarm. Denn im derzeitigen Entwurf sollen "massive Lücken" enthalten sein.

Für Aufregung sorgt vor allem einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Baustein des Gesetzes: Das Verbot von Ausbringung und Verkauf von Neonicotinoiden sowie das Beizverbot bei Wintergetreide (Ackerfläche in Österreich: 370.000 Hektar). Helmut Burtscher, Umweltchemiker bei Global 2000, hat bei der Durchsicht der Vorlage eine interessante Entdeckung gemacht: "Da steht, dass die Einschränkung nur für Brot- und Futtermittelgetreide gilt. Aber alles andere (z. B. Getreideanbau für Biogas-Erzeugung, Anm.) hat ohnehin kaum Relevanz. Das ist ganz klar ein Hintertürl."

Kontrolle nicht möglich

Was Burtscher meint: So lange Neonicotinoide nicht zu 100 Prozent verboten werden, sondern "nur" für Brot- und Futtermittelgetreide, sei eine Kontrolle unmöglich. Denn die giftige Beize dürfte dann nicht nur weiterhin in Lagerhäusern verkauft, sondern auch am Acker ausgebracht werden. Wofür das Getreide am Ende verwendet würde, sei im Grunde nicht überprüfbar, so der Chemiker, nach Einsichtnahme in den vorläufigen Gesetzestext.

Nächstes Problem: die Wintergerste (Ackerfläche: 80.000 Hektar). Sie wurde von der Verbotsliste gestrichen. Wolfgang Pirklhuber, als Landwirtschaftssprecher der Grünen einer der "Chefverhandler" im parlamentarischen Ausschuss, musste Zugeständnisse machen. "Ja, es stimmt. Allerdings ist der Großteil der Wintergerste in den Ackerbau-Fruchtfolgen integriert, wo ohnehin keine Beizung mit Neonics erfolgt."

Appell

Global 2000 und Greenpeace wollen nun bis zur Beschlussfassung das Steuer noch einmal herumreißen - und zwar mit einem offenen Appell an die Parlamentsparteien: "Das im Entschließungsantrag geforderte allgemeine Verbot der Beizung von Saatgut mit Neonicotinoiden könnte Österreich in Sachen Bienenschutz vom Blockierer zum europäischen Vorreiter machen. Doch der derzeit vorliegende Gesetzesvorschlag bleibt weit hinter dieser Vorgabe zurück: Zahlreiche Kulturen sind von vornherein vom Beizverbot ausgenommen. Und in jenen Fällen, wo Beizverbote vorgesehen sind, führen die eingebauten Einschränkungen und Schlupflöcher zu einer massiven Erschwernis, diese Verbote zu kontrollieren bzw. zu exekutieren."

Gefordert werden Nachbesserungen: Das Beizverbot müsse "zumindest auch die Wintergerste umfassen. Im vorliegenden Gesetzesentwurf sei "nur mehr von Wintergetreide die Rede, und selbst dieses wird auf die Getreidearten Winterweizen, Dinkel, Roggen und Triticale beschränkt. Die mit einer Ackerfläche von rund 80.000 Hektar mengenmäßig bedeutsame Wintergerste, die außerdem den höchsten "Neonicotinoid-Beizanteil" unter den Wintergetreidearten aufweisen dürfte, ist von dem Beizverbot ausgenommen. Ebenso ausgenommen sind Zucker- und Futterrübe mit rund 45.000 Hektar Anbaufläche, Erdäpfel mit rund 20.000 Hektar und Zwiebel mit ca. 3.000 Hektar".

Außerdem müsse die Einschränkung des Beizverbots auf Getreide auf die Verwendung als Lebensmittel oder Futtermittel fallen, so die Forderungen der beiden NGOs. Wintergetreide als Energiepflanze in Österreich sei nicht von Bedeutung, weshalb die Einschränkung des Beizverbots auf Lebens- und Futtermittelzwecke keine nennenswerten Vorteile bringe. "Eine nachteilige Folge dieser Einschränkung ist aber, dass sowohl Verkauf als auch Anwendung von Neonicotinoid-gebeiztem Wintergetreide weiterhin erlaubt sein werden, was die Überwachung des gegenständlichen Anwendungsverbots maßgeblich erschwert", hieß es in dem Schreiben.

Mehrheiten

Vorläufiges Fazit von Grünen-Verhandler Pirklhuber: "Wir haben gemeinsam bereits viel erreicht, allerdings gilt es auch die aktuellen politischen Mehrheitsverhältnisse zu berücksichtigen. Natürlich haben wir uns für ein weitergehendes Verbot eingesetzt - trotzdem ist der bestehende Vorschlag EU-weit der am weitreichendste. Allfällige Unklarheiten in der Formulierung sowie den Aspekt der Energiegewinnung aus Getreide werden wir sicher noch im Ausschuss diskutieren. Darüber hinaus wird ja in Österreich die Inverkehrbringung von gebeiztem Saatgut ohnehin genau geprüft."

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