"New Deal" oder "Plan A"? Christian Kern hält Grundsatzrede

"New Deal" oder "Plan A"? Christian Kern hält Grundsatzrede
1.500 Interessierte werden bei der ersten großen Grundsatzrede von Christian Kern erwartet. Kurier.at berichtet ab 17.25 Uhr live aus Wels.

Wenn Christian Kern heute am späten Nachmittag zu seiner ersten großen Grundsatzrede schreitet, ist ihm die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gewiss. TV-Stationen übertragen den Auftritt des SPÖ-Chefs in der Welser Messe sogar live. Auch Kurier.at wird an dieser Stelle live via Video-Stream dabei sein.

Denn die Ansagen Kerns dürften den ein oder anderen Tabu-Bruch bringen, der vielleicht den Koalitionspartner weniger schlucken lässt als so manchen Parteifreund. Manche erwarteten ja im Vorfeld, dass Kern die Rede, die er mit einem knapp 150-seitigen Programmheft begleitet, dazu nützen wird, mit gezielten Provokationen die ÖVP in Neuwahlen zu treiben. So weit Inhalte bisher durchgesickert sind, wird es dazu wohl kaum kommen. Denn etliche der Vorschläge werden der Volkspartei zwar nicht gefallen, doch gibt es auch einige, die praktisch wortgleich in einem Programmpapier der ÖVP vorkommen könnten.

Plan B - Von "New Deal" zu "Plan A"

Kerns bisherige Amtszeit begleitet ja seine Ankündigung eines New Deal. Aus diesem ist nun ein "Plan A" geworden. Dieser ist offen gestaltet, das heißt, vom Kanzler wird betont, dass keiner seiner Vorschläge unveränderbar, Input daher willkommen ist. Auch ist dem SPÖ-Chef bewusst, dass er wohl kaum in einer Koalition all seine Vorhaben 1:1 wird durchsetzen können, schon gar nicht sofort.

Praktischer Nebeneffekt: das umfassende Papier wird allenfalls auch als Wahlprogramm dienen können, sollte es doch heuer zu vorgezogenen Neuwahlen kommen. Die vermutlich brisantesten und auch interessantesten Forderungen dürften sich auf den Bereich Belebung und Schutz des österreichischen Arbeitsmarkts beziehen sowie auf durchaus innovative Vorschläge in Sachen Wahlrecht. Was die steuerlichen Vorstellungen angeht, wird sich Kern ebenso im Wesentlichen an bekannte sozialdemokratische Vorstellungen halten wie im Schulbereich. Neues könnte es im Uni-Sektor geben.

Die Kern-Rede, der immerhin 1.500 Interessierte - vor allem eigene Funktionäre, aber auch Welser Bürger - lauschen sollen, wird übrigens kein Unikum bleiben. Schon einen Tag später hält er einen ähnlichen Vortrag vor Studenten der Fachhochschule Hagenberg und in den kommenden Wochen dürfte die Rede auch bei der ein oder anderen Bundesländer-Veranstaltung wiederholt werden. Die im "Plan A" präsentierten Vorschläge wiederum sollen in den nächsten Monaten noch von den zuständigen Ressortchefs vertieft werden. Einzelne könnten bei Good Will der ÖVP wohl ohne größere Diskussionen rasch umgesetzt werden.

Auffällige Inszenierung

Auffällig ist jedenfalls die Inszenierung der heutigen Veranstaltung. Das beginnt schon bei der Auswahl des Tagsungsorts. Wels, die einstige rote Hochburg, war ja bei den vergangenen Gemeinderatswahlen der FPÖ zugefallen. Dass sich Kern nun für seine Grundsatz-Rede die zweit größte oberösterreichische Stadt aussucht, ist also kein Zufall. Ebenso als Signal, Wels zurückzuerobern gilt, dass per Postwurf alle Bürger der Stadt zu dem Event in der Messe eingeladen werden. Dass derzeit in der SPÖ einer Art Personenkult gehuldigt wird, zeigt sich auch daran, dass außer Kern niemand auf die Bühne gelassen wird, weder Vorredner noch Moderator. Gerade einmal ein Video bildet den Rahmen. Immerhin: im Anschluss wird das Parteivolk noch die Gelegenheit haben, sich mit dem Chef auszutauschen.

Bei einem vom Parlamentsklub gegebenen Empfang wird Kern Interessierten für Gespräche zur Verfügung stehen - so lange, bis er mit einem Auftritt in der "Zeit im Bild 2" eine einige Tage andauernde Medien-Offensive beginnt.

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