Neuwahlen vor dem Sommer 2017 sind vom Tisch
Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist erleichtert, Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny ist erfreut, die Sozialpartner-Präsidenten Christoph Leitl und Erich Foglar haben ihr Ziel erreicht: Es wird keine Neuwahlen geben, das Kriegsbeil in der Koalition ist wieder begraben.
Bis zum Sommer 2017 kann man sicher davon ausgehen, dass die Koalition hält.
Das 35-seitige Papier, in dem die geplanten Maßnahmen aufgelistet sind, enthält 39 konkrete Termine für deren Umsetzung. Es ist festgelegt, wann die entsprechenden Gesetze den Ministerrat passieren sollen. Diesem Fahrplan zufolge will die Regierung die allermeisten großen Vorhaben bis zum Juni 2017 durch den Ministerrat bringen. Auch die Sozialpartner müssen ihren Teil der Arbeit bis 1. Juli erledigt haben: die 1500 € Mindestlohn und die flexiblen Arbeitszeiten.
Die Umsetzung einiger weniger Vorhaben sind im Herbst 2017 vorgesehen, etwa eine Reform der Finanzmarktaufsicht im Oktober oder eine Ökostrom-Novelle im Dezember.
Interessant: Obwohl die Regierung offiziell beteuert, es handle sich um ein Programm für die restlichen achtzehn Monate der Legislaturperiode, ist unter den 39 Umsetzungs-Daten kein einziger Ministerratsbeschluss für 2018 vorgesehen. Lediglich das Inkrafttreten mancher Maßnahmen fällt ins Jahr 2018.
Aus dieser Tatsache lässt sich Zweierlei ablesen: Erstens, die Regierung will den Schwung aus ihrem Friedensschluss nutzen und möglichst viel unter Dach und Fach bringen, solange der gute Wille hält.
Zweitens, die Regierung hält sich eine Vorverlegung der Nationalratswahl vor den gesetzlichen Termin im September 2018 offen.
Wie der KURIER am vergangenen Sonntag berichtete, wird von einflussreichen Politikern eine Variante ventiliert, wonach die Nationalratswahl einvernehmlich und ohne rot-schwarzen Scheidungskrieg vorverlegt werden könnte.
Just zum gesetzlichen Wahltermin fällt Österreich die heikle und erstmalige Aufgabe zu, als EU-Vorsitzland den EU-Austritt eines großen Landes wie Großbritannien zu verhandeln. SPÖ und ÖVP könnten mit gutem Gewissen den Österreichern erklären, dass diese Aufgabe während eines Wahlkampfs und Regierungsverhandlungen nicht zu bewältigen sei. Da die Regierung für die Brexit-Abstimmung der Briten nicht verantwortlich ist, könnte sie bei den Bürgern auf Verständnis für eine Wahlvorverlegung hoffen.
Der Wahltermin wäre dann vermutlich im Spätherbst 2017. Im Frühling 2018 finden vier Landtagswahlen statt, in der Regel wollen die Länder ihre Wahlen unbeeinflusst von Bundeswahlen durchführen.
Die Rettung der Koalition beeinflusst die Debatte in der Wiener SPÖ. Bürgermeister Michael Häupl hat nun keine Neuwahl-Drohkulisse mehr, um seine zerstrittene Partei hinter sich zu einen. Bis zum Parteitag im April wird er nun eine Lösung für seine Nachfolge finden müssen. Wie berichtet gelten derzeit zwei Varianten als realistisch: Michael Ludwigwird Bürgermeister, oder es gibt eine Funktionstrennung mit Ludwig als Parteichef und Ulli Simaals erste Frau an der Spitze Wiens.
Kommentare