Schlagabtausch um EU-Budget

Nationalrat
Der Parteienstreit über das Ergebnis der Verhandlungen zum Finanzrahmen der EU eskaliert.

Zu einer heftigen Auseinandersetzung auf breiter Front kommt es wohl am Dienstag bei der Sondersitzung des Nationalrates zum mehrjährigen EU-Budget kommen.

Die FPÖ bringe einen Neuwahlantrag wegen des „unzumutbaren Verhandlungsergebnisses“ ein, sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Vorfeld. Er kritisierte die Erhöhung des jährlichen Nettobeitrages ab 2014.

Einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung kündigte auch das BZÖ an. Für EU-Abgeordneten Ewald Stadler ist das Verhandlungsergebnis von Bundeskanzler Werner Faymann „hundsmiserabel“. Dafür sei aber auch die ÖVP mitverantwortlich.

Auf Vizekanzler Michael Spindelegger schießen sich vor der Sondersitzung die Grünen ein. Die Attacken der ÖVP gegen die SPÖ wertet Grünen-Vize-Klubchef Werner Kogler als „letztklassig“. Das sei „europafeindlich“ und „kleingeistig“.

Krisenstimmung

Angespannt ist die Atmosphäre an der Spitze der Koalition: Der Vizekanzler weist die Aussage des Bundeskanzler im KURIER zurück, wonach es sich bei den ÖVP-Attacken um „puren Wahlkampf“ handle. Im Brüssel beim Außenministerrat am Montag beharrte Spindelegger auf seiner Position, Faymanns Verhandlungsergebnis sei „nicht zum Jubeln“. Unter dem Strich bleibe es „akzeptabel“. Er sehe das Resultat „ganz nüchtern“. Er sei „für eine gemeinsame Linie“, diese müsse exakt an dem sein, „was die Wahrheit ist“.

Von einem Ergebnis mit „bitterem Beigeschmack“ spricht Finanzministerin Maria Fekter. „Fakt ist, verantwortlicher Verhandler ist und bleibt Werner Faymann.“

Montagabend nach der Rückkehr Spindeleggers aus Brüssel gab es ein Vieraugen-Gespräch zwischen Kanzler und Vizekanzler. Eine gute Stunde saßen sie zusammen, es wurden Positionen ausgetauscht, hieß es danach etwas kryptisch in den jeweiligen Kabinetten. Offizielle Statements gab es keine. Faymann betonte vorab, ihm sei an einer gemeinsamen europapolitischen Regierungslinie in der Sondersitzung gelegen. Die SPÖ-Minister Doris Bures und Rudolf Hundstorfer unterstützten gestern den Kanzler.

Boykott

Zu einer Krisensitzung über das EU-Budget kam es am Montag im EU-Parlament. Ratspräsident Herman Van Rompuy wurde zum Rapport zitiert. Die vier großen Fraktionen drohten mit einem Nein zum Budget bei der Abstimmung im März. Jährliche Budgets könnten folgen. Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, geht von einer Ablehnung des 908 Milliarden-Budgets aus. „Das Angebot einer Evaluierungs- und Flexibilitätsklausel einzubauen, reicht nicht.“

Kritisch sieht Karas die Stimmung in Österreich (siehe auch Europa von innen). Der ÖVP-Abgeordnete appelliert an die Regierungsparteien, den Streit über das Verhandlungsergebnis einzustellen: „Das ist kleinkariertes, peinliches Parteiengezänk.“

Was ist der Weg, den Österreich in der EU gehen möchte?“, fragen in einem dreiseitigen Schreiben an Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger EU-Beamte, die aus Österreich kommen. Sie kritisieren die „besorgniserregende Dissonanz“ zwischen Worten und Taten von Politikern. Hochgestochene Erklärungen in Brüssel oder bei offiziellen Besuchen stünden in einem krassen Gegensatz zum Stellenwert der EU in der innerösterreichischen Debatte. Weiters kritisieren die 100 Unterzeichner, dass die Zahl junger österreichischer EU-Beamter „deutlich“ zurückgehe. Dazu trage auch die Neiddebatte über Brüsseler Privilegienritter und hohe Gehälter bei.

Beklagt wird auch das Desinteresse der Regierungsmitglieder an einem intensiven Dialog mit den österreichischen EU-Beamten, die eine „europäische Sichtweise“ einbringen könnten.

Die Antwort der Bundesregierung (beide Briefe liegen dem KURIER vor) fällt karg und technisch aus. Nicht Faymann oder Spindelegger haben den Brief unterschrieben, sondern zwei Sektionschefs aus Kanzleramt und Außenministerium.

Zum Dialog der Österreicher in Brüssel wird es Dienstagabend beim großen Neujahrsempfang von ÖGB und AK in der Österreichischen EU-Vertretung kommen: ÖGB-Präsident Erich Foglar und AK-Chef Herbert Tumpel reisen aus Wien an. Tumpel sagt gleichzeitig Adieu den europäischen Sozialpartnern. Er legt im März sein Amt als AK-Präsident nieder. Österreich hat derzeit 19 EU-Abgeordnete. Ob es nach der Wahl 2014 dabei bleibt oder die Zahl auf 18 reduziert wird, ist offen. Laut Lissabon-Vertrag gibt es nach der EU-Wahl 751 Abgeordnete. Durch den Kroatien-Beitritt könnte Österreich einen Sitz verlieren. „Österreich soll 19 Abgeordnete behalten, eine Reduktion verstößt gegen das Gleichheitsprinzip“, sagt die dafür zuständige Berichterstatterin, die Österreicherin Evelyn Regner.

Anfang 2014 wird Lettland nach enormen wirtschaftlichen Reformen den Euro einführen. Dabei stellen die Oesterreichische Nationalbank und die Botschaft in Riga technische Erfahrungen Österreichs zur Verfügung. Gouverneur Ewald Nowotny wird am Freitag bei einer großen Konferenz im lettischen Parlament darüber sprechen. Dazu Botschafter Stefan Pehringer: „Die Letten sind dankbar über unser praktisches Know-how.“

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