Neuwahl 2017? Brexit wirft auch Wahlkalender durcheinander

Bundeskanzler Christian Kern, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner.
EU-Vorsitz 2018. Brexit beschert nun Österreich den EU-Vorsitz just zum Wahltermin im Herbst. Im Frühjahr ist der Wahlkalender bereits überbucht.

Polit-Insider wetten ohnehin keinen Cent mehr darauf, dass die Koalition trotz New-Deal-Abkommen bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2018 hält. Wer jedoch Neuwahlen vom Zaun bricht, wird vom Wähler meistens abgestraft. "Das Minus des Schwarzen Peters will sich weder die SPÖ noch die ÖVP umhängen lassen", so OGM-Chef Wolfgang Bachmayer.

Der Brexit liefert den Roten und Schwarzen im Strategiespiel nun triftige Argumente, die Wahlen schon in den Herbst 2017 vorzuverlegen. Denn das Vereinigte Königreich wäre planmäßig in der zweiten Jahreshälfte 2017 mit dem EU-Vorsitz an der Reihe. In Brüssel gilt es als sicher, dass die Briten die Ratspräsidentschaft nicht mehr übernehmen werden.

Seltene Kollision

Die Folge ist eine seltene Kollision: Alle Vorsitztermine werden um ein halbes Jahr vorrücken. Österreich wäre statt im ersten Halbjahr 2019 schon im zweiten Halbjahr 2018 dran. Mitten im Wahlkampf müsste dann auch der EU-Vorsitz geführt werden. "Die EU-Präsidentschaft ist eine sehr intensive Zeit vor allem für den Kanzler, aber auch für die gesamte Regierung. Hier nebenbei einen Wahlkampf zu führen, ist für die Spitzenkandidaten von SPÖ und ÖVP dann sehr schwierig", argumentiert der Politologe Peter Filzmair. Und meint weiter: "Auch die EU wird nicht daran interessiert sein, dass mitten in der Präsidentschaft eine neue Regierung gebildet wird."

Doch die Crux an der Sache: Die einfachste Lösung, die Nationalratswahlen im Frühjahr 2018 abzuhalten, funktioniert nicht. Der Wahlkalender ist bereits überbucht: Gleich vier Bundesländer stimmen über ihren neuen Landeshauptmann ab. "2018 ist ein Superwahljahr. Zuerst gibt es Landtagswahlen in Niederösterreich, dann Kärnten, Salzburg und Tirol. In Summe sind hier fast drei Millionen Wahlberechtigte zur Wahl aufgerufen", so Filzmaier.

Herbst 2017 realistisch

Bliebe eigentlich nur der Ausweg, den Urnengang gleich um ein Jahr – nämlich auf Herbst 2017 vorzuverlegen. Filzmair hält diesen Termin für realistisch. "Inhaltlich ist die Maßnahme vor der Bevölkerung und den Medien gut argumentierbar." OGM-Chef Bachmayer allerdings warnt davor, dass die Wählerschaft Neuwahlen abnickt. "In den letzten 15 Jahren gab es eigentlich nur schlechte Erfahrungen. Ob es so leicht geht, dass man die Vorverlegung mit der Kollision der EU-Präsidentschaft erklärt, wird sich zeigen."

Auch rund um den SPÖ-Parteitag am vergangenen Samstag wurde im roten Vorstand die Frage bereits heftig diskutiert, ob man während des EU-Vorsitzes einen Intensivwahlkampf – wo es immerhin um den "Schlüssel zum Kanzleramt" (O-Ton Kanzler Kern) geht – führen soll.

Genau aus diesem brisanten Grund ist strategisch gesehen für Filzmaier der Herbst 2017 der ideale Zeitpunkt: "Innerhalb eines Jahres kann man drei oder vier Reformen zügig durchziehen, und so den geglückten Neustart, allerdings erst im gefühlten 100. Anlauf, als Erfolg verkaufen."

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