Neues Gesetz wirkt rückwirkend bis 1948

Muna Duzdar: „Bewusste Diskriminierung im Gesetz“
Fragwürdiger Reparaturversuch soll Milliardennachzahlungen verhindern

Dass der Gesetzgeber rückwirkend Rechtsnormen ändert, ist mäßig elegant, passiert aber hin und wieder.

Nun liegt dem Nationalrat ein Gesetz vor, das diesbezüglich rekordverdächtig ist. Demnach soll ein Gesetz 68 Jahre rückwirkend bis ins Jahr 1948 geändert werden.

Es geht um die Beamtenbesoldung, die schon zwei Mal vom Höchstgericht beanstandet wurde. Nachdem Gabriele Heinisch-Hosek und Sonja Steßl mit der Reparatur des Gesetzes gescheitert sind, unternimmt nun Staatssekretärin Muna Duzdar einen dritten Versuch. Das Höchstgericht verlangt die allgemeine Anrechnung von Ausbildungszeiten vor dem 18. Lebensjahr, was den Dienstgeber Staat und manche Unternehmen (ÖBB, Post) eine Stange Geld kosten würde. Regierung und Gewerkschaft wollen eine teure Lösung vermeiden, gleichzeitig aber auch verhindern, dass unter Wahrung der Gleichheit bestehende Beamtengehälter (Pensionen) gekürzt werden.

Weil das Höchstgericht zuletzt Stichtage als Grund für Ungleichbehandlungen ausgemacht hat, werden diese nun kurzerhand aus dem Rechtsbestand gestrichen. Dazu bedarf es einer rückwirkenden Gesetzesänderung bis ins Jahr 1948. In den Erläuterungen zum Gesetz liest sich das so: Um dies zu verdeutlichen, wurden die Bestimmungen nunmehr rückwirkend mit 1. Juli 1948 (Tag des Inkrafttretens der Stammfassung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948) in Kraft gesetzt und damit der "Vorrückungsstichtag" aus dem historischen Rechtsbestand der 2. Republik vollständig entfernt.

Gleichzeitig wird die Besoldung der "Bestandsbediensteten" pauschal in den neuen Rechtsbestand übernommen. Und zwar wählt der Gesetzgeber diesen Modus der Überleitung bewusst und perpetuiert ausdrücklich die Diskriminierung, um Einbußen für die Bestandsbediensteten zu vermeiden (steht so in den Erläuterungen). Neos-Abgeordneter Gerald Loacker glaubt, dies sei erneut verfassungswidrig: "Die bestehenden Gehälter bleiben das Ergebnis einer diskriminierenden Grundlage, auch wenn diese Grundlage, die Stichtage, von SPÖ und ÖVP nun unsichtbar gemacht werden."

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