Rendi-Wagner: "Ich brauche sie alle als Bündnispartner"

Gesundheits- und Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner plädiert für 1500 Euro-Mindestlohn
Pamela Rendi-Wagner beginnt ihre Premiere im Parlament mit Würdigung ihrer Vorgängerin Sabine Oberhauser. Die Neo-Ministerin will Lohnschere schließen und Gesundheitssystem modernisieren.

Knapp eine Woche nach ihrer Angelobung präsentierte sich Pamela Rendi-Wagner am Dienstag erstmals im Nationalrat. Ehe die neue Gesundheits- und Frauenministerin ihre Anliegen und Agenden präzisierte, würdigte sie ihre Vorgängerin Sabine Oberhauser. "Das Parlament war ein wichtiger Ort ihres Wirkens", so Rendi-Wagner, die als Sektionsleiterin im Gesundheitsministerium mit Oberhauser, der "profunden Kennerin des Gesundheitssystems und leidenschaftlichen Kämpferin für Frauenrechte" intensiv zusammengearbeitet hat. "Die gemeinsam diskutierten und auf den Weg gebrachten Projekte will ich weiterführen."

Rendi-Wagner: "Ich brauche sie alle als Bündnispartner"
ABD0021_20170314 - WIEN - ÖSTERREICH: Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (L.) während einer Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag, 14, März 2017, im Parlament in Wien. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER

Ungleichheiten abstellen

SP-Chef und Kanzler Christian Kern, der Rendi-Wagner vor einer Woche als neue Ministerin vorgeschlagen hatte, schickte voraus: "Wir hatten ein Ressort zu besetzen, dass ein absolutes Schlüsselressort ist, wenn es um Fragen einer solidarischen Gesellschaft geht. Es ist unsere Aufgabe, im Bereich der Frauen- und Gesundheitspolitik für gleiche Chancen und gerechte Zugänge in unserem Land zu sorgen.“ Sowohl Kern als auch VP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zollten Oberhauser Respekt für ihre Arbeit, insbesondere ihr Engagement für Frauen, ehe sie auf die Agenden der Neo-Minsiterin Bezug nahmen. Wiewohl das heimische Gesundheitssystem im internationalen Vergleich als Vorzeigesystem gelte stehe Österreich diesbezüglich vor Herausforderungen, so Kern. Vizekanzler und Wissenschaftsminister Mitterlehner verwies auf die Problematik der Ärzteausbildung. Da viele fertig ausgebildete Mediziner ins Ausland gehen, sei es notwendig, den Beruf attraktiver zu machen. Die zuständige Gesundheitsministerin selbst sieht es als eine ihrer vorrangigen Aufgaben an, die Ungleichheiten im Gesundheitssystem abzustellen.

Rendi-Wagner: "Ich brauche sie alle als Bündnispartner"
ABD0024_20170314 - WIEN - ÖSTERREICH: Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, Infrastrukturminister Jörg Leichtfried und Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner während einer Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag, 14, März 2017, im Parlament in Wien. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER

Schuldfrage und Wartezeit

Dezidiertes Ziel der neuen Ministerin ist es, dass die Menschen nicht nur länger sondern länger gesünder leben. Maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheitschancen üben Bildung, Einkommen und Arbeitsplatzsituation aus, so Rendi-Wagner. "Wenn jemand krank wird, darf es keine Schuldfrage sein, sondern die Menschen müssen sich auf ein qualitativ hochstehendes, effizientes und solidarisches Gesundheitssystem verlassen können. Dafür werde ich mich starkmachen“, so die Ministerin, die sich damit auch für die Primärversorgungszentren stark macht. Zudem will Rendi-Wagner die langen Wartezeiten für MRT- oder CT-Untersuchungen reduzieren. Dass Privatversicherte schneller einen Termin bekämen sei inakzeptabel. Komme es zu keiner Lösung mit den Vertragspartnern, werde sie einen Gesetzesvorschlag einbringen.

Als Frauenministerin ist es Rendi-Wagner ein Anliegen, die Lohnschere zwischen Männern und Frauen zu schließen. Immanent wichtig sei in diesem Zusammenhang der Mindestlohn über 1500 Euro - 200.000 Frauen in Österreich würden unter diesem Lohnniveau leben. Um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, will sich die zuständige Ministerin - selbst zweifache Mutter - für flächendeckende Kinderbetreuungsangebote und die Einführung des zweiten Gratiskindergartenjahres stark machen.

"All diese Maßnahmen kann ich allein als Ministerin nicht auf den Weg bringen, ich brauche sie alle als Bündnispartner für die Umsetzung von mehr Gesundheits- und Geschlechtergerechtigkeit in Österreich", sagte Rendi-Wagner zu ihren neuen Kollegen im Nationalrat.

Rendi-Wagner: "Ich brauche sie alle als Bündnispartner"
ABD0032_20170314 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.L.n.R.) - Familienministerin Sophie Karmasin, Bildungsministerin Sonja Hammerschmid und Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (R.) während einer Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag, 14, März 2017, im Parlament in Wien. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER

Kritik von der Opposition

In der anschließenden Debatte attestierten viele Redner der neuen Ministerin, die selbst auch Ärztin ist, Fachkompetenz. Ihr Begehr, die Lohnschere schließen zu wollen, unterstützten in ihren Reden insbesondere VP-Klubobmann Reinhold Lopatka, SP-Klubobmann Andreas Schieder und Grünen-Chefin Eva Glawischnig. FPÖ und Team Stronach nutzten die Redezeit für Kritik an der Regierung und an der Ministerin selbst.

Für FP-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein habe Rendi-Wagner mit ihrem SPÖ-Beitritt einen „ungedeckten Scheck in der Gesundheitspolitik“ mitunterschrieben. „Wir wollen eine ideologiefreie Gesundheitsversorgung“, die SPÖ dagegen das Abschaffen der freien Berufe, warnte sie. Als Negativbeispiel verwies Belakowitsch-Jenewein auf Wien, wo es Gangbetten für jedermann gebe.

Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar verlangte von der Gesundheitsministerin einen engagierteren Kampf gegen Krankenhauskeime.
Mehr Mut verlangte Gerald Loacker von den Neos. Rendi-Wagner sollte privilegierte Bereiche im Sozialversicherungssystem auflösen, müsse sich dabei aber mit ihrer eigenen Partei anlegen. Rendi-Wagner trat erst vergangene Woche der SPÖ bei.

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