NATO-Chef will Türkei-Blockade gegen Österreich entschärfen

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) besucht österreichische Soldaten im Kosovo.
Brisantes Treffen. Am 29. Juni ist Minister Doskozil bei Stoltenberg.

Für Hans Peter Doskozil, dem Verteidigungsminister eines neutralen Landes, ist ein Termin bei der NATO in Brüssel keine Selbstverständlichkeit, noch dazu, wenn die Einladung höchstpersönlich vom NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kommt.

Am 29. Juni reist Doskozil ins Hauptquartier der Allianz, wo er ein Tête-à-Tête mit dem Chef des Nordatlantischen Bündnisses hat. Das ist das zweite Treffen Doskozils mit Stoltenberg innerhalb nur eines Jahres.

Das Thema, das die beiden besprechen wollen, ist brisant: Seit Monaten blockiert die Türkei als NATO-Land die Teilnahme von Bundesheer-Soldaten an Ausbildungskursen und Trainings im Rahmen des NATO-Programmes "Partnership for Peace" (PfP).

Die Türkei-Blockade ist eine Antwort Ankaras auf die Forderung der Bundesregierung, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sofort zu beenden. "Wer blockiert, wird auch blockiert", rechtfertigte kürzlich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan schnippisch die Haltung seines Landes gegenüber Österreich.

Jetzt will Stoltenberg offensichtlich die Sache selbst in die Hand nehmen, um den Konflikt zwischen Österreich und der Türkei zu entschärfen und damit zur Deeskalation beizutragen. Verteidigungsminister Doskozil will im Streit mit der Türkei nicht klein beigeben.

"Ich erwarte mir konstruktive Vorschläge von der NATO, wie die Blockade aufgelöst werden kann, auch in Anerkennung der Leistungen Österreichs als wichtiger Truppensteller am westlichen Balkan. Mir ist es wichtig, in dieser herausfordernden Situation Flagge zu zeigen", sagt der Minister.

Österreich ist seit dem EU-Beitritt 1995 auch Mitglied des NATO-Programmes PfP und als solches an zwei wichtigen NATO-geführten Einsätzen beteiligt: Als größter Truppensteller mit 408 Soldaten im Kosovo und mit derzeit zehn Stabsoffizieren in Afghanistan.

Wie der KURIER in Brüssel erfuhr, gilt Stoltenbergs Treffen mit Doskozil als Zeichen für das Interesse der NATO an einer weiteren guten Zusammenarbeit mit Österreich, weil es als "maßgeblicher Truppensteller große Anerkennung bei den Alliierten genießt", erklärte ein Offizier.

Vor dem Gespräch mit Stoltenberg ist Doskozil Gast bei einem NATO-Verteidigungsministerrat. Auf der Tagesordnung steht ein zentraler Punkt: Der Aufbau von mehr Stabilität und Sicherheit in Afghanistan.

Die internationale Mission in Afghanistan ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Anschläge der Taliban und der anhaltenden Migrationsströme nach Europa zu sehen. Die NATO ist nicht abgeneigt, den Einsatz in Afghanistan zu verstärken. In Österreich gibt es seit Jänner 2015 einen Ministerratsbeschluss, der es erlaubt, bis zu 20 Soldaten an den Hindukusch zu entsenden, zehn sind bereits in Kabul.

Vor Monaten haben Gebirgsjäger afghanische Soldaten im Norden des Landes ausgebildet und "einen tollen Job gemacht", heißt es bei der NATO in Brüssel. Eine konkrete Anfrage an Österreich für einen weiteren Einsatz in Afghanistan liegt zur Zeit nicht vor.

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