Nationalrat: Verschiebung der Wahl auf 4.12. fixiert
Der Nationalrat hat am Mittwochnachmittag die Verlegung der Bundespräsidenten-Stichwahl auf den 4. Dezember fixiert. Ursprünglich hätte der Urnengang am 2. Oktober stattfinden sollen. Wegen defekter Briefwahl-Kuverts entschieden sich aber Koalition, Grüne und NEOS für eine Verschiebung. FPÖ und Team Stronach lehnten die Vorlage ab.
Ebenfalls Neuland betrat der Nationalrat mit einer Aktualisierung des Wählerverzeichnisses. So werden bei der Stichwahl auch etliche Neuwähler teilnehmen können, die beim ursprünglichen Urnengang mit noch sechs Kandidaten nicht stimmberechtigt waren. Voraussetzung für das Stimmrecht ist nun, dass am Wahltag 4. Dezember der 16. Geburtstag erreicht ist.
Abänderungsantrag
Mittels Abänderungsantrag noch ermöglicht wurde, dass der Wähler seine Stimme selbst in die Urne wirft. Will er das nicht, kann er das Kuvert auch dem Wahlleiter überreichen.
Vorgesehen ist ferner die Rückkehr zum alten, verlässlicheren Kuvertmodell für die Wahlkarten. Was die bereits eingelangten Briefwahlstimmen für die Oktober-Wahl angeht, sollen diese an die Bundeswahlbehörde geleitet werden, um bei allfälligen zivilrechtlichen Verfahren wegen der aufgetauchten schadhaften Wahlkuverts als Beweismittel zur Verfügung zu stehen. Erst nach Verfahrensende soll der Reißwolf zum Einsatz kommen.
Schließlich ermöglichte der Nationalrat, dass die nach dem Tod des Amtsinhabers angesetzte Neuwahl des Bürgermeisters in Freistadt ebenfalls am 4. Dezember stattfinden kann. Dieser Beschluss war nötig, da normal am Tag der Hofburg-Wahl keine anderen Urnengänge abgehalten werden.
Strache: Armutszeugnis für Österreich
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnet die Wahlverschiebung der Bundespräsidentenstichwahl als echtes Armutszeugnis und Blamage für Österreich. Strache empfiehlt, sich die Druckerei, die den Kuverts hergestellt hat, näher anzusehen. Und wies darauf hin, dass der GF der Drukerei, die die Ausschreibung gewonnen hat, aus demselben Bundesland wie die damalige Innenministerin Maria Fekter kommt. Weiters stellt Strache die Frage, warum die Kuverts nicht stichprobenartig kontrolliert wurden und warum man keine zweite Druckerei in petto gehabt hätte.
Ein weiteres Mal forderte Strache eine Reform der Briefwahl, die in ihrer jetzigen Form nicht sicher vor Fehlern und Manipulationen sei. Auslandsösterreicher sollten weiter über Briefwahl wählen dürfen. Für Österreich solle es endlich ein zentrales Wählerregister und Vorwahltage geben, mobile Wahlkommissionen sollen zu Kranken und Pflegebedürftigen kommen, damit sie "korrekt" ihre Stimme abgeben können, so Strache.
Andreas Schieder (SPÖ) wies in seiner Rede darauf hin, dass das zentrale Wählerregister am 17.Oktober Thema im Verfassungsausschuss sei und damit auf Schiene gebracht werde. An die Adresse von Heinz-Christian Strache richtete Schieder die Erinnerung an den Vorfall in der Gemeinde Sonntagberg, wo ein FPÖ-Mann, der Unterstützungserklärungen selbst unterschrieben hatte, wegen Urkundenfälschung verurteilt wurde.
Grüne orten Versuch des Auschluss von Wählern
Eva Glawischnig von den Grünen kritsierte, dass die FPÖ Menschen von der Wahl ausschliessen möchte, wie Menschen in Pfelgeheimen oder Besachwaltete (wie es Harald Vilimsky thematisiert hatte). Weiters ortet Glawischnig den Versuch einer Einschüchterung des Personals in Pflegeheimen, wenn dort ein Brief mit möglichen Strafen aufgehängt würde. Dass eine Verschiebung der Wahl notwendig wurde, hält Glawischnig für "ärgerlich und irritierend".
Auch für Matthias Strolz, Klubchef der NEOS, war die Notwendigkeit zur Verschiebung klar. Als Beleg verwies er auf anhaltende Wahlkuvert-Probleme bei der wiederholten Bezirksvertretungswahl in Wien-Leopoldstadt. "Was passiert ist, ist eine echte Zumutung für die Bürger", so Strolz. Als Gesetzgeber sei man gefordert gewesen, dies pragmatisch zu lösen.
ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl appellierte an FPÖ und Team Stronach als "notorische Neinsager", dem Gesetz doch noch zuzustimmen. "Lassen Sie zu, dass jede Stimme zählt", so sein Appell.
Beim Team Stronach hatte man "großes Bauchweh mit dem, was hier jetzt beschlossen werden soll", wie es Christoph Hagen formulierte. In einer laufenden Wahl die Wählerregister zu erneuern sei "fahrlässig und äußerst gefährlich".
Weitere Themen
Weiters sind für die Tagesordnung der Bundesrechnungsabschluss 2015 und ein Bericht des Petitionsauschusses in Aussicht genommen. Thema der Aktuellen Stunde ist die Zukunft des ORF, danach diskutieren die Abgeordneten auf Verlangen des Team Stronach über den Schutz der EU-Außengrenzen und der österreichischen Grenzen.
Flüchtlinge: Verständnis für die Visegrad-Staaten
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) zeigt viel Verständnis für die harte Haltung der Visegrad-Staaten in der Flüchtlingspolitik. In der "Aktuellen Europastunde" des Nationalrats plädierte er dafür, dass Europa das Vertrauen dieser osteuropäischen Länder zurückgewinnen müsse. Doskozil erinnerte daran, dass beispielsweise Ungarn im Vorjahr 175.000 Grenzübertritte verzeichnet habe und man kenne die europäische Antwort auf diesen Flüchtlingsstrom, prangerte der Minister indirekt ein Versagen der Union bei der Bewältigung der Flüchtlingswelle an.
Nun müsse man das Vertrauen zurückgewinnen, statt die Visegrad-Staaten zu bedrängen. Wenn Europa es schaffe, eine effektive Außengrenzensicherung zu machen und entsprechende Rückführungsabkommen abzuschließen, werde man in einem nächsten Schritt mit diesen Ländern diskutieren können, wie man zu einem gemeinsamen Verfahren komme und eine faire Verteilung von Flüchtlingen umsetzen könne.
Lopatka zufrieden
Zufrieden mit den Ausführungen Doskozils war VP-Klubobmann Reinhold Lopatka, der des Verteidigungsministers klare Positionierung und Unaufgeregtheit lobte. Gleichzeitig betonte er einmal mehr die Notwendigkeit nationaler Maßnahmen, wenn die EU die Außengrenzen nicht schützen könne.
Dabei wäre genau das vonnöten. Denn Europa dürfe sich nie in die Hand eines Nachbarstaats der Union, also der Türkei, begeben, argumentierte Lopatka.
Das Flüchtlingsthema für die "Europastunde" ausgewählt hatte das Team Stronach. Dessen Klubchef Robert Lugar warb wieder einmal dafür, die Flüchtlinge von Europa fernzuhalten: "Die Menschen müssen Unterschlupf in ihren Nachbarländern finden. Dort muss man sich kümmern."
Überhaupt findet er, dass die Flüchtlinge aus Regionen kommen, die nicht zu Österreich passen: "Es geht um die Verteidigung unseres schönen Landes gegen Menschen, die hierherkommen und das ganz anders wollen als das, was wir lieb gewonnen haben." An Doskozil kritisierte Lugar, dass dieser es nicht schaffe, jene, die kein Asyl in Österreich erhalten, wieder außer Landes zu bringen.
NEOS-Klubobmann Matthias Strolz zeigte Verständnis, dass man mit nationalem Grenzschutz "zwischengepuffert" habe, so abartig er das an sich auch finde. Nicht akzeptieren könne er aber, dass man ein Jahr nach der Flüchtlingskrise die selbe Situation habe wie zwölf Monate davor. Hier würden bewusst und fahrlässig nationale Provisorien verlängert: "Die Mauer, die gebaut wurde, wird nicht so schnell verschwinden."
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