Flügelschlag im Sechser-Parlament

Neo-Parlamentarier Strolz von den Neos macht sein Bildungsprogramm plastisch: „Wir müssen den Kindern die Flügel heben“
Ein zahmer Stronach, ein „beflügelter“ Strolz, neue Klubchefs, zwei Neo-Präsidenten und eine „wilde“ Mandatarin: Abgeordnete von sechs Parteien haben im Nationalrat die Arbeit aufgenommen.

Irgendwie hatten es das Basilikum und der Schnittlauch besser getroffen – fand zumindest Matthias Strolz. Just bei der ersten Sitzung des neu gewählten Nationalrats musste er, der Klubchef der Neos, in Reihe zwei Platz nehmen. Die als Dekoration gedachten Kräuter-Töpfe der Grünen durften ganz nach vorn. Für Strolz eine kleine Niederlage, und so sagte er am Dienstag in seiner ersten Parlamentsrede: „Es ist kleinlich, dass zwei neu gewählte Parteien (Neos, Team Stronach, Anm.) keinen Platz in der ersten Reihe haben.“

Sei’s drum, Strolz’ Stimmung vermochte das nicht nachhaltig zu trüben. Einen Augenblick später erzählte er aufgeregt von den Ideen seiner pinken Partei. Er streckte die Arme von sich, sagte „Wir wollen jedem Kind die Flügel heben“ – und referierte über die Bildungsreform. Ungewöhnlich? Natürlich war es das. Und doch gehörte die Rede des Neos-Chefs zu den Höhepunkten des ersten Plenartages im ersten Parlament mit sechs gewählten Fraktionen.

Ungewohnte Gesichter

In den Reihen der Regierungsparteien sah man ungewohnte Gesichter: Bundeskanzler Werner Faymann, Vizekanzler Michael Spindelegger, und selbst Minister, die wie ein Rudolf Hundstorfer in der nächsten Regierung als Fix-Starter gelten, saßen auf den Plätzen „einfacher“ Abgeordneter. Der Grund: Die Regierungspromis haben ihr Mandat angenommen, damit sie zumindest einen Parlamentssitz haben – wer weiß, ob die Koalition wirklich etwas wird?

Die Sitzung in Bildern

Flügelschlag im Sechser-Parlament

KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: LINDNER
Flügelschlag im Sechser-Parlament

KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: LINDNER
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: STRONAC
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: STRONAC
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: NACHBAU
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: STRONAC
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: BP FISC
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: STRACHE
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: PRAMMER
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: SCHIEDE
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: GLAWISC
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: SCHMID
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: HAUBNER
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: KICKL /
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: SCHIEDE
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: CAP
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: STROLZ
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: STROLZ
Flügelschlag im Sechser-Parlament

KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: STRONAC
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KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: STRONAC
Flügelschlag im Sechser-Parlament

KONSTITUIERENDE SITZUNG DES NATIONALRATES: SCHIEDE

Doch zurück ins Hohe Haus, wo am Dienstag immerhin 61 neue Abgeordnete das „Ich gelobe“ sprachen. Eine davon war Kathrin Nachbaur. „Danke Papa, dass du mich schon in jungen Jahren für Politik begeistert hast“, hauchte die Klubchefin der Stronachianer ins Mikrofon.

Vater Bernd hatte auf der Galerie alles digital mitgeschnitten, er war zu Tränen gerührt. Mentor Frank packte Nachbaurs Rhetorik derweil nicht ganz so: Als Nachbaur sprach, sah der 81-Jährige auf die Uhr, kontrollierte sein Handy – als hätte er an diesem Dienstag noch viel zu tun.

Vielleicht lag’s aber auch daran, dass er seinen Auftritt kaum erwarten mochte. Denn nach knapp zwei Stunden durfte der Austro-Kanadier ans Rednerpult und wie bei seiner Klubchefin war es plötzlich leise im Plenum. Was würde er wohl sagen, der graue Wolf?

Stronach gab sich erst versöhnlich („Wenn ich im Wahlkampf jemanden persönlich beleidigt habe, tut mir das leid“); dann polit-darwinistisch („Das ganze Land ist durch politische Überlegungen gemanagt. Das ist wider die Natur“); und schließlich humorbegabt („Ich hab’ neun Minuten ohne Unterbrechung sprechen dürfen. Das ist toll, im ORF waren’s maximal zwei“).

Wie oft er im Plenum noch zu Gast ist, bleibt offen. Im Team Stronach geht man von maximal zwei Plenartagen aus. „Dann“, erzählt ein Mitarbeiter, „wird er wohl zurücktreten und Ulla Weigerstorfer das Mandat lassen.“

„Zurücktreten“ ist auch das Stichwort für Monika Lindner. Stronachs „wilde“ Abgeordnete machte ihre Ankündigung wahr und nahm ihr Mandat an. Und obwohl sie keine Rede zu halten hatte, verlief die Premiere einigermaßen turbulent.

Am Nachmittag wurde alles gelassener

Am Nachmittag, der Bundespräsident und das Gros der Zuschauer hatten die Zuhörer-Galerie längst geräumt, wurde alles gelassener. Die drei Präsidenten des Nationalrats wurden mit satter Mehrheit gewählt, zwischendurch verabschiedeten sich die Mandatare ins „Service-Center“ bei der Säulenhalle: Hier wurden sie fotografiert, mit Laptops, Ausweisen und Wagenkarten versorgt oder ließen sich manche Usance erklären – immerhin ist rund ein Drittel der 183 Parlamentarier neu im Hohen Haus.

Sie werden allerhand zu berichten haben. „Ich hab meinen drei Töchtern versprochen, ihnen alles zu erzählen“, sagt Strolz. Er wollte ihnen von dem „großen Haus“ berichten, in dem er arbeitet. Und wenn Zeit bleibt, dann wird er ihnen auch erzählen, warum er ihn so geärgert hat, der Schnittlauch.

Flügelschlag im Sechser-Parlament
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bei der alten - und neuen - Arbeit.
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Das 183-köpfige Plenum.
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Flügelschlag im Sechser-Parlament

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INTERVIEW MIT FRANK STRONACH IN OBERWALTERSDORF
Flügelschlag im Sechser-Parlament

PK NEOS: STROLZ
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Julian Schmid, Abgeordneter bei den Grünen…
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ARCHIVBILD: MONIKA LINDNER
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Sebastian Kurz & Asdin El Habbassi_Junge ÖVP_Email…

Im Plenum finden Norbert Hofers Kollegen durchaus freundliche Worte über ihn. „Der geht eh“, ist zu hören und „der gehört in der FPÖ eher zu den Moderaten“. Doch als moderaten Politiker sieht er sich selbst nicht. „Nein, gar nicht. Ich vertrete meinen Standpunkt immer konsequent, versuche dabei aber niemand zu beleidigen.“

Seit gestern ist der 42-jährige Burgenländer dritter Nationalratspräsident, er tritt die Nachfolge des umstrittenen Martin Graf an. Gewählt wurde er mit beinahe so vielen Stimmen wie seine Kollegen Prammer und Kopf. „Ich weiß, das sind Vorschusslorbeeren“, sagt er bescheiden. „Aber ich habe mich schon sehr über die Zustimmung gefreut.“

Im KURIER-Gespräch erzählt er, dass er aus einer Familie kommt, in der immer sehr viel politisiert wurde. „Mein Vater kam mittags meist mit dem Fahrrad aus der Arbeit, und wir haben dann gemeinsam gegessen und das ORF-Mittagsjournal gehört und diskutiert.“ Dabei sei sein Vater eigentlich bei der ÖVP gewesen, später als parteifreier Mandatar im Gemeinderat. Hofer, er ist gelernter Flugzeugwart, ging als damals 18-Jähriger zu den Freiheitlichen, wegen des „schlimmen Proporzes im Burgenland“, ohne rotes oder schwarzes Parteibuch wäre im Land kaum etwas möglich gewesen.

Erst 2005, nach der Abspaltung des BZÖ unter Jörg Haider, verließ Hofer die Landespolitik. Der neue blaue Chef Heinz-Christian Strache machte ihn zum stellvertretenden Bundesparteiobmann, seit 2006 nahm er auch im Hohen Haus Platz, als stellvertretender Klubobmann und als Behindertensprecher seiner Partei. Seit einem schweren Sportunfall, der ihn kurzzeitig fast am ganzen Körper lähmte, braucht Hofer einen Gehstock.

Anders als Graf war Hofer nie bei einer Burschenschaft. „Aber ich bin bei einer Pennäler-Verbindung, der Marko-Germania zu Pinkafeld.“

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Das neue Präsidium: Hofer (li.) mit Prammer (SPÖ) und Kopf (ÖVP)

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