Pröll: "Ich möchte dir, liebe Hanni, herzlich gratulieren"

Mikl-Leitner mit grauer Jacke und schwarzem T-Shirt links neben Erwin Pröll in Anzug und Krawatte, beide lachen
Die Nachfolge von Erwin Pröll an der Spitze der ÖVP Niederösterreich ist geklärt. Der Landesparteivorstand hat sich am Mittwoch einstimmig für Johanna Mikl-Leitner entschieden. Ihre Wahl wird bei einem Parteitag am 25. März stattfinden.

Es begann, wie es in Österreich üblich ist: mit einer Verspätung. Die um 11.45 Uhr angesetzte Pressekonferenz startete um exakt 12.10 Uhr. Und Erwin Pröll, der am Dienstag seinen Rücktritt nach fast 25 Jahren als Landeshauptmann und VP-Landeschef bekannt gab, ging dramaturgisch vor. "Erlauben Sie mir ein paar Sätze zur Einleitung", sagte er zu Beginn. "Ich habe mir alles gut überlegt. Die Beweggründe, warum ich mich zurückziehe, muss ich heute aber nicht mehr wiederholen."

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Deshalb möchte er auch gleich zum entscheidenden Punkt kommen. "Das Datum für den heutigen Tag ist bereits vor Weihnachten festgestanden, und das Wahlkommitee hat entschieden, dass Hanni Mikl-Leitner als Parteiobfrau kandidieren soll." Am Landesparteitag, der am 25. März stattfindet, wird die 52-Jährige für den Parteivorsitz kandidieren. "Ich möchte dir, liebe Hanni, herzlich gratulieren", sagte der scheidende Landesfürst.


Ein Porträt von Johanna Mikl-Leitner finden Sie hier


Bisher war Johanna Mikl-Leitner niederösterreichische Finanzlandesrätin sowie Landeshauptmann-Stellvertreterin und ist erst im vergangenen Jahr von Pröll in ihre alte Wirkungsstätte St. Pölten zurückgeholt worden. Das war alles kein Zufall, betonte Pröll und freute sich zugleich, dass Wolfgang Sobotka als neuer Innenminister eine "gute Figur" in Wien abgebe.

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Mikl-Leitner, die selbstsagend "vom Landeshauptmann gelernt" habe, bedankte sich "mit viel Demut" für diesen Beschluss und zollte Erwin Pröll Respekt für sein "ausgezeichnetes Lebenswerk". Es sei eine "große Verantworung, aber auch Herausforderung", die auf sie zukommt. Bis zum 25. März, betonte die 52-Jährige, hat die Volkspartei Niederösterreich allerdings noch einen gewählten Obmann und Landeshauptmann, "der das Land regieren wird". Einen Monat später, wohl am 27. April (Landtagssitzung), soll sie vom Landtag zur ersten Landeshauptfrau Niederösterreichs gewählt werden.


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Pröll, der während der gesamten Pressekonferenz neben Mikl-Leitner stand, streute seiner Nachfolgerin Rosen. "Ich kenne dich schon seit mehr als 25 Jahren. Du bist eine erfahrene Politikerin mit vielen Qualitäten", sagt er. Und Niederösterreich könne mit der Entscheidung seinen "exzellenten Kurs" fortsetzen. Auf die Frage, ob Mikl-Leitner die großen Fußstapfen von Pröll gewachsen ist, intervenierte Pröll: "Ich lebe nicht auf großem Fuß, ich habe Schuhgröße 42." Und seine Nachfolgerin werde, prophezeit er, hineinwachsen.

Mikl-Leitner übernimmt letzte Absolute in Österreich

Für Mikl-Leitner liegt die Latte aber extrem hoch. Denn Pröll hat es in der letzten Landtagswahl-Runde österreichweit als einziger geschafft, die Absolute zu erhalten. Die 50,79 Prozent, die die VP NÖ 2013 schaffte, sind das mit großem Abstand stärkste Landtagswahl-Ergebnis innerhalb der ÖVP - und auch im Vergleich mit der SPÖ. Nur in Vorarlberg hielt sich die Volkspartei (trotz einem Verlust von neun Prozentpunkten) noch über der 40er-Marke - in Wien schnitt sie 2015 erstmals nur mehr einstellig (9,24 Prozent) ab.

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PK JOHANNA MIKL-LEITNER/OTS BILD
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ARCHIVBILD: LH PRÖLL / BM MIKL-LEITNER / NÖ-FINANZ

Diese Frage taucht jetzt überall auf: Kann das die Hanni? Zunächst einmal ist es nicht respektlos, die neue Landeshauptfrau Hanni zu nennen, sie stellt sich überall so vor, Volkstümlichkeit muss sie nicht spielen, sie ist so. Und die Frage nach den Fähigkeiten wird jedem Nachfolger einer erfolgreichen Persönlichkeit gestellt.

Die Vergleiche sind immer unfair. Erwin Pröll war im Jahr 1992, als er sehr jung Landeshauptmann wurde, noch kein mächtiger Politiker. Über Michael Häupl wurde viel Böses geraunt, als er 1994 dem populären Helmut Zilk als Bürgermeister nachfolgte. Beide, Pröll und Häupl verloren die Wahlen, als sie zum ersten Mal antraten, beide bekamen eine zweite Chance, die sie nutzten.

Hier könnte das Problem von Frau Mikl-Leitner liegen. Die Politik ist, wie die Wähler, unruhiger und ungeduldiger geworden. Pröll hat 2013 nochmals völlig überraschend die Absolute geholt, das verlangt niemand von seiner Nachfolgerin, aber ein Absturz könnte dazu führen, dass ihre Karriere schnell vorbei ist.

Niederösterreichs Politiker sind es gewohnt, ständig auf Achse zu sein, überall Feste und Betriebe zu besuchen. Das wird die Neue auch tun.

Mikl-Leitner wird also zunächst keine Zeit für Bundesthemen haben, für einen starken Auftritt wird sie ein gutes Wahlergebnis im kommenden Jahr brauchen.

Und hier beginnen die taktischen Spielchen: Niederösterreich wählt im Frühjahr 2018. An einer gleichzeitigen Neuwahl im Bund hat man in St. Pölten kein Interesse. In der ÖVP wiederum fürchten viele ein mäßiges Wahlergebnis in Niederösterreich, also keinen Turbo für den Bund. Neuwahlen im Herbst 2017 sind also seit Prölls Rücktritt wahrscheinlicher geworden. Aber Frau Mikl-Leitner wird Geld und Woman-Power auf ihr Bundesland konzentrieren (müssen).

Helmut Brandstätter

ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner erwartet, dass Mikl-Leitner die ÖVP Niederösterreich in eine "erfolgreiche Zukunft" führen wird. Die künftige Landeshauptfrau stehe für eine Politik "mit Herz und Verstand", erklärte er am Mittwoch in einer Aussendung. Auch der Klubchef im Parlament, Reinhold Lopatka, hält Mikl-Leitner für die "best geeignete Nachfolgerin" Prölls. Sie werde die niederösterreichische Erfolgsgeschichte weiterführen.

Die Bestellung Mikl-Leitners ist für Innenminister Wolfgang Sobotka ein "guter Beschluss". Damit werde der Kurs der Volkspartei NÖ fortgesetzt, sagte der frühere Landesvize nach der Vorstandssitzung zur APA. Sobotka bezeichnete es als "niederösterreichische Marke, nicht rum zu tun". Schon am Tag nach der Bekanntgabe des Rückzugs Prölls "steht fest, wohin die Reise geht".

SPÖ wartet auf Kontaktaufnahme durch Mikl-Leitner

"Wir werden die neue ÖVP NÖ Parteiobfrau und in Folge auch Landeshauptfrau daran messen, wie die Qualität einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe funktioniert und warten mit Spannung auf die erste Kontaktaufnahme durch Johanna Mikl-Leitner", reagierte SPÖ-Landesvorsitzender Matthias Stadler. LHStv. Karin Renner ( SPÖ) verwies auf eine stets "sehr korrekte Gesprächsbasis" mit Mikl-Leitner.

Die künftige Landeshauptfrau sei ihm "als offene, moderne und pflichtbewusste Niederösterreicherin bekannt", freute sich Liste Frank-Klubobmann Ernest Gabmann in einer Aussendung auf eine "gute Zusammenarbeit". Bei der FPÖ NÖ werde Mikl-Leitner einen "schweren Stand haben", kündigte Landesobmann Walter Rosenkranz in einer Aussendung an. "Immerhin war sie im Jahr der illegalen Massenzuwanderung Innenministerin und hat die heutigen Fehlentwicklungen in unserer Republik und in unserem Bundesland mitzuverantworten."

Grünen nehmen Entscheidung "zur Kenntnis"

Kurz und bündig reagierten die NÖ Grünen: "Wir nehmen die Personalentscheidung der ÖVP zur Kenntnis und hoffen auf eine gute Zusammenarbeit. Es gibt einige Angelegenheiten, die der Aufklärung harren", stellte die Grüne Klubobfrau Helga Krismer in einer Aussendung fest.

"Wir erwarten uns, dass mit dem Wechsel an der Spitze der Landesführung allgemeine Transparenz und insbesondere Aufklärung rund um die 'Dr. Erwin Pröll-Privatstiftung' einhergehen werden", reagierte NEOS-Landessprecherin Indra Collini.APA

Kurier: Wir wissen nun also, wer Erwin Pröll nachfolgen wird. Die Entscheidung fiel auf Johanna Mikl-Leitner. Sprechen wir von einer neuen Ära für Niederösterreich?

Peter Hajek: Ja. Es wird in jedem Fall eine neue Ära sein, weil Mikl-Leitner - auch wenn sie in Niederösterreich unter Erwin Pröll politisch sozialisiert wurde - trotzdem neue Akzente setzen wird, oder setzen wird müssen. Schlicht und einfach, damit sie sich von ihrem Vorgänger abhebt. Das halte für wichtig, denn sie muss den Wählern erklären, was mit ihr als Landeshauptfrau künftig anders oder besser wird.

Wie schnell rechnen Sie mit solchen „Akzenten“ und welche werden das sein?

Sie wird nicht sofort damit beginnen. Ich rechne mit einer gewissen Übergangszeit, das wird eine Weile dauern. Aber was Mikl-Leitner konkret anders machen wird, ist für mich derzeit noch nicht absehbar. Aber will sie sich unterscheiden – wovon ich ausgehe - und ihrer Ära einen eigenen Stempel aufdrücken, dann ist Veränderung unausweichlich.

Aber der Übergang ist wohl kaum zu vergleichen mit dem Jahr 1992. Wie war das damals beim Amtsantritt von Erwin Pröll?

Der Erwin Pröll von heute war auch nicht immer dieser Erwin Pröll. Als er 1992 das Amt in Niederösterreich übernommen hat, hatte er zehn Prozentpunkte verloren - das zu einer Zeit, wo es in Niederösterreich außer Schwarz und Rot gar nichts anderes gab. Und die aktuellen Rahmenbedingungen sind für Mikl-Leitner viel schwieriger als sie es für Pröll damals waren.

Welche sind die aktuellen Rahmenbedingungen für Mikl-Leitner? Flexiblere Wähler als damals?

Ja, absolut. Grundsätzlich sind die Wähler heutzutage viel beweglicher, das ist natürlich eine sehr große Herausforderung für jeden Politiker. Früher, also vor 20 oder 30 Jahren, war das ganz anders. Sie hat zudem deutlich mehr Konkurrenz am politischen Markt als Pröll damals. Außerdem erwartet sie eine mediale Herausforderung. Ein Erwin Pröll hat sich herzlich wenig um das Thema Internetkommunikation, Online-Auftritt und Social Media-Präsenz gekümmert. Dem wird sich Mikl-Leitner nun stellen müssen. Mit allem, was dazu gehört. Sie steht also vor einigen neuen Aufgaben.

Könnte man sagen, dass Mikl-Leitner eine beliebte Politikerin unter den Niederösterreichern ist?

Das ist schwierig zu sagen, mir fehlen da die aktuellen Zahlen. Aber sie hat insofern gute Voraussetzungen, weil sie sehr bekannt ist, sehr lange in der Landespolitik tätig war und nun wieder zurückkehrt, bundespolitisch ebenfalls Erfahrung mitbringt und, weil der politische Mitbewerb dennoch überschaubar ist. Also eine schlagkräftige Konkurrenz ist da weit entfernt.

Das heißt, auf der einen Seite hat sie schwierige Rahmenbedingungen. auf der anderen Seite ist die Ausgangsposition nicht allzu schlecht für sie?

Ja. Das politische Erbe ist natürlich ein schweres Erbe. Erwin Pröll war sehr prägend, sowohl im Land als auch im Bund. Das Land ist unter Pröll modernisiert worden. Er hat als Landesfürst viel thematische Breite gebracht, das sieht man an seinen kulturpolitischen Aktivitäten beispielsweise. Aber wenn man sich Rechnungshof-Berichte und die Finanzierung des Landes generell genauer ansieht, dann merkt man, dass es große Baustellen gibt. Die muss Mikl-Leitner nun beheben.

Pröll: "Ich möchte dir, liebe Hanni, herzlich gratulieren"
Die neue Landeshauptfrau Niederösterreichs.

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