Nach Gespräch mit Schöffen: Ainedter angezeigt

Karl Heinz Grasser mit seinem Anwalt Manfred Ainedter
Die Staatsanwaltschaft will die Schöffen-Protokolle prüfen. Grasser-Anwalt Manfred Ainedter droht ein Disziplinarverfahren.

Droht Manfred Ainedter ein Disziplinarverfahren? Und falls ja, warum?

Nachdem sich der Anwalt von Ex-Minister Karl-Heinz Grasser in einer Verhandlungspause des BUWOG-Prozesses mit Schöffen unterhalten hat, stellen sich diese Fragen zwangsläufig.

Die erste lässt sich schnell beantworten: Die Wiener Rechtsanwaltskammer wird sich wohl oder übel mit der Causa beschäftigen müssen. Denn wie dem KURIER am Donnerstag zugetragen wurde, gibt es bereits die erste disziplinarrechtliche Anzeige gegen Ainedter bei der Rechtsanwaltskammer.

Wie berichtet, hat Richterin Marion Hohenecker Strafverteidiger Ainedter im BUWOG-Prozess hart gerügt, weil dieser mit Schöffen gesprochen hatte. Am Donnerstag wurde bekannt, dass auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die Protokolle der Schöffen-Aussagen prüft – immerhin war Ainedters Annäherung den betroffenen Laien-Richtern so unangenehm, dass sie diese der vorsitzenden Richterin gemeldet haben; und davon gibt es (nicht-öffentliche) Protokolle.

Laut Ainedter – und damit ist man bei der entscheidenden Frage, nämlich bei der des Inhalts der Gespräche zwischen ihm und den Laien-Richtern – ist nichts passiert: Er, Ainedter, habe mit den Schöffen höflichen "Small Talk" betrieben und aufgegriffen, dass der Sohn des einen Fußball spielt und der andere Schöffe beim Kolpinghaus beschäftigt ist.

All das ist für sich genommen noch kein Problem. Während es Schöffen verboten ist, aktiv das Gespräch mit anderen Prozessbeteiligten zu suchen, gibt es für Anwälte keine gesetzlichen Regeln, mit wem sie reden dürfen.

Beeinflussung

"Es gibt allerdings interne Standesrichtlinien. Und die sehen vor, dass man bei der Kontaktaufnahme mit Zeugen und Schöffen eines vermeiden muss: den Anschein jeder Beeinflussung", sagt Rechtsanwalt Herbert Gartner zum KURIER.

Gartner ist Präsident der Disziplinarkommission, vor der Ainedters Causa in der Kammer wohl landen wird. Und für die Kommission geht es im Kern jetzt darum, was der Anwalt im Detail zu den Schöffen gesagt hat – und wie genau er es formulierte. "Wenn ich als Verteidiger mit Schöffen über das Wetter rede, ist das harmlos", sagt Gartner. Auch der Umstand, dass man sich als Strafverteidiger mit einer google-Recherche über Schöffen kundig mache, sei legitim. "Es ist die Pflicht des Anwalts, allfällige Befangenheiten aufzuzeigen."

Problematisch seien Gespräche erst, wenn der Eindruck entstehe, ein Anwalt wolle Druck ausüben.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das im konkreten Fall passiert, scheint freilich eher gering. Der Grund: Richterin Hohenecker hat vorerst keine Anzeige gegen Ainedter erstattet. Und wenn es dabei bleibt, wird die Rechtsanwaltskammer schwerlich strenger sein als die von der Causa betroffene Richterin.

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