"Mit mir keine Vermögenssteuer"

"Mit mir keine Vermögenssteuer"
Der neue ÖVP-Chef im KURIER-Interview: Wie Mitterlehner seine Partei wieder fit machen will.

KURIER: Herr Bundesminister, wie haben Sie sich gegen mächtige ÖVP-Politiker durchsetzen können, die die Entscheidung über den ÖVP-Obmann verschieben wollten?

Reinhold Mitterlehner: Wir müssen in der kommenden Woche im Parlament unsere Linie darstellen, und da war eine schnelle Entscheidung wichtig.

Es gibt Gerüchte, dass die Minister Karmasin und Rupprechter abgelöst werden?

Nein, die Kernmannschaft bleibt, es gibt aber die Variante, für mein Ministerium einen Staatssekretär zu holen und den im Finanzministerium einzusparen.

Soll ein Experte oder Politiker Finanzminister werden?

Die Person muss sich in der Sache auskennen, muss aber auch die Politik kennen und verstehen.

Prof. Haber von der Uni Krems wäre da eine Möglichkeit?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, ich führe noch Gespräche.

Kommt mit Ihnen die Steuerreform schneller?

Wir haben einen Prozess aufgesetzt. Vor dem Parteitag der SPÖ (28. und 29. November 2014) rechne ich nicht mit einer Entscheidung.

In der SPÖ hat man ja gehofft, mit Ihnen ginge eine Steuerreform leichter als mit Spindelegger.

Ich will ja eine Steuerreform zusammenbringen, aber ich gehe doch nicht mit dem Schlussstein in die Angebotsphase. Jetzt geht es um das Volumen und um die technischen Möglichkeiten.

Landeshauptmann Haslauer hat vor einiger Zeit im KURIER gesagt, er könne sich Vermögenssteuern vorstellen, wenn die Lohnsteuer deutlich gesenkt werde.

Nein, wir haben eine klare Festlegung der Partei, dass wir keine Vermögenssteuer, keine Schenkungssteuer und keine Erbschaftssteuer wollen. Zum jetzigen Zeitpunkt schließe ich all diese Steuern kategorisch aus.

Aber wenn am Ende ein paar Hundert Millionen fehlen, könnte es doch Vermögenssteuern geben?

Nein, bitte nicht. Warten wir einmal den Prozess ab.

Dem Staat fehlen ein paar Milliarden für die Steuerreform, und der ÖVP fehlen viele Wähler, um zumindest wieder eine Mittelpartei zu werden. Vor allem in den Städten sind Sie zum Teil ja eine Kleinpartei. Was werden Sie tun?

Das ist eine zukunftsentscheidende Aufgabe. Wir brauchen im urbanen Bereich eine neue Positionierung. Wir müssen den leistungsorientierten Mittelstand neu ansprechen, mit der sozialen Marktwirtschaft haben wir ja die richtigen Rezepte, Stichwort Nachhaltigkeit und Soziales. Ausschließliche Klientelpolitik, noch dazu, wo die Klientele immer kleiner werden, hat keine Zukunft mehr.

Warum hat die ÖVP die soziologischen Veränderungen insbesondere in den Städten so lange verschlafen?

Das ist eine gute Frage, wobei wir sie ja nicht überall verschlafen haben, wenn ich an Graz oder andere Städte denke. Wir müssen Problembewusstsein schaffen und auf die Bürger schauen.

In der ÖVP gibt es den sogenannten "Evolutionsprozess" durch eine Gruppe von reformwilligen Mitgliedern. Unterstützen Sie das?

Ja, da geht es um eine Horizonterweiterung der Partei, ich unterstütze diesen Prozess.

Die ÖVP wird ja stärker durch ihre mächtigen Landeshauptleute als durch die Bundespartei wahrgenommen. Wie können Sie das verändern, und wollen Sie das überhaupt verändern?

Wir sind EIN Unternehmen, das ist die ÖVP insgesamt. Und innerhalb des Unternehmens muss jeder seine Rolle wahrnehmen. Je mehr Eigenmächtigkeiten es gibt, desto schlechter wird man uns bewerten.

Und der Bundesparteiobmann ist der Chef von allen?

Es geht nicht um eine Chef-Rolle, sondern ich bin ein Koordinator und schätze eine teamorientierte Vorgangsweise.

Hat Ihre Frau gejubelt, dass Sie auf dem Schleudersitz ÖVP-Chef Platz genommen haben, oder mussten Sie Überzeugungsarbeit leisten?

Weder noch, wir haben das schon in der Vergangenheit pragmatisch gelöst. Wir werden weiter unser Familienleben haben, und meine Familie unterstützt mich wie bisher.

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