Mitterlehner entschuldigt sich für Hypo

Ernste Miene war nur kurz angesagt: Regierungsspitze gab sich zum ersten Jahrestag versöhnlich
"Es tut uns leid" – "Krisenmanagement war alles andere als perfekt".

Zum Jahrestag des Kabinetts Faymann II stellten sich die Koalitionsspitzen Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Dienstag Abend einem Live-Gespräch im ORF-Report. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner nutzte die Gelegenheit, sich in der Causa Hypo zu entschuldigen, obwohl er bisher für das Desaster nicht verantwortlich war. "Man kann sich bei den Österreichern nur entschuldigen. Es tut uns leid. Die Ursache war ein freiheitlicher Landeshauptmann, aber das folgende Krisenmanagement war alles andere als perfekt", räumte offenherzig Mitterlehner ein.

Kanzler Faymann, der 2009 der Verstaatlichung zugestimmt hatte, sagte, dies sei kein Fehler gewesen, denn "man würde sich schön bedanken, wenn sich ein Kanzler über Nationalbank, Finanzmarktaufsicht und Finanzministerium hinweg setzt". Damals wie heute rege ihn jedoch maßlos auf, "wie viel Geld man für eine Bank ausgeben muss".

Mitterlehner fügte hinzu, die Causa Hypo "tut uns auch im Sinne der jetzt Verantwortlichen leid", wenn man bedenke, wie dringend man das Geld für eine Steuersenkung benötigen würde.

ÖVP-Chef schränkt ein

Insgesamt herrscht in der Regierung kein Weihnachtsfriede, aber von einem möglichen Scheitern der Koalition wollte Mitterlehner gestern auch nicht mehr reden. Vor wenigen Wochen noch hatte Mitterlehner mit Neuwahlen gedroht, sollte die Steuerreform scheitern. Gestern gab er sich überzeugt, dass sich SPÖ und ÖVP trotz großer Differenzen einigen werden. Er schränkte sein Nein zu Vermögens- und Erbschaftssteuern auf die "klassische Form" dieser Steuern ein. Dazwischen gäbe es "Bandbreiten an Möglichkeiten", sagte er, ohne ins Detail zu gehen. Mitterlehner deutete damit erstmals einen Kompromiss an.

Schon gestern Vormittag nach dem Ministerrat hatte die Regierung im Streit über das geplante Handelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) ein Moratorium ausgerufen. "Im Endeffekt haben wir uns geeinigt, dass wir da einen Unterschied haben", sagte Mitterlehner. Dieser sei aber "nicht gravierend".

Differenziert sehen die Regierungsspitzen vor allem noch die Investorenschutzklauseln (siehe unten). Sinngemäß steht Faymann auf dem Standpunkt, man müsse Bedenken dagegen schon jetzt vorbringen. Mitterlehner argumentiert, das habe er als Wirtschaftsminister bereits in Brüssel getan. Nun solle man das Verhandlungsergebnis abwarten – und es erst danach bewerten.

Die sanfteren Töne zwischen SPÖ und ÖVP waren gestern dem Jahrestag der Regierung Faymann II geschuldet. Ein Disput hätte die Rückschau überschattet.

EU/USA

TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) ist ein geplantes Freihandelsabkommen zwischen EU und USA. Für die EU verhandelt die EU-Kommission (wurde von Mitgliedern dazu befugt).

Ziel & Kritik

Das Abkommen soll den Handel erleichtern und neue Jobs bringen. Strittig ist v. a. der Investoren- schutz. Kritiker befürchten, Konzerne könnten Staaten klagen, wenn sich diese in ihren Rechten beschnitten fühlen. Derzeit wird nicht verhandelt, weil die EU-Kommission wegen der Kritik eine Vielzahl an Meinungen einholen wollte. Die Ergebnisse sollen demnächst vorgelegt werden.

Kommentare