Mitterlehner will "weniger Flüchtlinge – bis zum Nullpunkt"

ÖVP will nicht mehr auf eine EU-Lösung warten.
Grenzen dicht für Asylwerber: Die "Massenwanderung" überfordere das Land.

Der ÖVP ist es ernst. Sie will Österreichs Grenzen für Flüchtlinge dichtmachen. Und es ist nicht die strenge Innenministerin, sondern der konziliante Parteichef selbst, der bei der ÖVP-Klubklausur in Bad Leonfelden (OÖ) die Botschaft in Worte fasst: "Es müssen weniger Flüchtlinge werden – bis zum Nullpunkt."

Die ÖVP will bereits am kommenden Mittwoch beim Flüchtlingsgipfel bei der SPÖ eine Obergrenze bei der Aufnahme von Asylwerbern durchsetzen. Mitterlehner: "Wir müssen uns auf eine faktische Obergrenze einigen. Das ist unausweichlich."

Mitterlehner gibt zu, dass er persönlich in der Flüchtlingsfrage einen Wandel durchlebt hat. "Im vergangenen August habe ich noch gedacht, mit Hilfsbereitschaft und Organisationsaufwand kriegen wir das schon hin." Doch die Lage habe sich "dramatisch" geändert, eine "Massenwanderung" stelle Österreich vor eine "Extremsituation". Nach 90.000 Asylwerbern im Jahr 2015 erwartet das Innenministerium 120.000 im Jahr 2016.

Die ÖVP will bei den 90.000 plus "noch einen Teil dazu" die Stopptaste drücken. Mitterlehner erklärt die Aufnahmegrenze mit folgendem Bild: "In einem Spital sind 90.000 Betten. Die sind voll. Dann kommen noch mehr Leute, und man bringt zusätzliche Betten im Dachboden und im Keller unter. Irgendwann ist die Aufnahmekapazität erschöpft, wobei sich für einzelne Notfälle noch ein Platz findet."

Diese neue Linie wurde einstimmig im ÖVP-Vorstand beschlossen. Die ÖVP will nicht mehr auf eine europäische Lösung warten. Bereits im Frühjahr sei wieder mit deutlich mehr Flüchtlingen zu rechnen, Österreich müsse handeln.

Neue "Wartezonen"

Wenn der "Punkt X", also die Obergrenze, erreicht ist, sollen Flüchtlinge an der Staatsgrenze "gestoppt" und in "Wartezonen" an der Grenze angehalten werden.

Lieber wäre es Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, wenn Österreich, Slowenien und Kroatien gemeinsam es schaffen, die Grenze gegenüber Serbien abzudichten, sodass die Zone, wo für die Flüchtlinge die Stopp-Tafel aufgestellt wird, weiter im Süden liegt.

Wenn EU-Staaten wie Österreich, Deutschland und Schweden keine Flüchtlinge mehr einreisen lassen, steige der Druck auf die anderen EU-Länder, doch noch einer Quote zur Aufteilung der Flüchtlinge auf alle zuzustimmen, meint Außenminister Sebastian Kurz.

Mittelfristig geht die ÖVP davon aus, dass es die europäische Lösung geben wird: dichte EU-Außengrenzen und die Unterbringung von Flüchtlingen in Lagern an den Außengrenzen (Hotspots).

Langfristig strebt die ÖVP an, dass Asylanträge überhaupt nur außerhalb Europas gestellt werden können; die anerkannten Flüchtlinge würden dann nach Quoten auf Europa verteilt.

Der für Integration zuständige Sebastian Kurz sagte, in den vergangenen Jahren haben durchschnittlich 10.000 Menschen in Österreich Asylstatus erhalten. Nun rechne er mit 30.000 bis 50.000 anerkannten Flüchtlingen. Derzeit würden im Rahmen von Deutschkursen auch europäische Werte unterrichtet, eigene Wertekurse seien österreichweit im Aufbau. Der Besuch dieser Kurse soll künftig "verbindlich" sein, sagt Kurz. Flüchtlingen, die die Kurse schwänzen, soll die Mindestsicherung gekürzt werden: "Das ist ein notwendiger Schritt."

Faymann im Visier

Vorwürfe hagelte es von der ÖVP gegen Kanzler Werner Faymann. Dessen politisches Abkommen mit Angela Merkel "halte in der Realität nicht", sagt Mitterlehner. Von Deutschland abgewiesene Asylwerber würden in Österreich in der Obdachlosigkeit landen. Mitterlehner: "Wir müssen die Kontrolle im Land zurückgewinnen. Das verlangen die Bürger von uns."

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