Ministerrat: Regierung demonstriert Arbeitseifer

Christian Kern (L.) und Reinhold Mitterlehner während des Pressefoyers nach dem Minitserrat.
Unter anderem schrieben Kern und Mitterlehner einen Brief an die Gemeinden.

Die Regierung demonstriert Arbeitseifer: Am Dienstag traten nach längerer Zeit zum ersten Mal nach dem Ministerrat wieder Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gemeinsam auf und präsentierten die bereits beschlossenen Projekte. In einem Brief wandten sich die Regierungsspitzen auch an die Gemeinden, um sie über die Investitionsmöglichkeiten zu informieren.

Wirtschaftswachstum und Beschäftigung seien die Schwerpunkte des erneuerten Arbeitsprogrammes, betonte Kern im Pressefoyer. Zum ersten Mal seit sechs Jahren konnte ein deutlicher Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen erzielt werden, und auch die Prognosen für das Wirtschaftswachstum seien angehoben worden. Diese Entwicklung werde natürlich vom konjunkturellen Umfeld in Europa unterstützt, es zeige sich aber auch, dass die politischen Maßnahmen greifen, meinte der Kanzler. Die Steuerreform, ein Projekt seines Vorgängers, habe die Kaufkraft gestärkt, es seien auch Investitionsanreize für KMU und die Industrie geschaffen worden.

Brief an die Kommunen

Am Montag habe er gemeinsam mit Mitterlehner außerdem einen Brief an die Kommunen geschickt, in dem sie über die Möglichkeit für Investitionen informieren. Den Gemeinden werden 175 Mio. Euro Hebelfinanzierung zur Verfügung gestellt. Um den Lehrberuf attraktiver zu machen, wurde heute außerdem ein Paket beschlossen, das etwa den Sprachaufenthalt von Lehrlingen fördert und die Vorbereitung auf die Gesellenprüfung unterstützt.

Auf der Agenda stehe auch die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bei Älteren, verwies Kern auf die "Aktion 20.000", die man "durchziehen" werde. Sozialminister Alois Stöger ( SPÖ) habe hierzu ein Konzept vorgelegt, über die beste Umsetzung werde mit dem Koalitionspartner diskutiert. Kern pocht auch auf die Entlastung der Mittelschicht - Stichwort Abschaffung der kalten Progression. Der SPÖ-Chef zeigte sich überzeugt, dass eine Lösung gelingen wird und die Umsetzung in einer der nächsten Sitzungen möglich ist.

Schieder stichelt

Sein roter Klubobmann Andreas Schieder hingegen stichelte bei diesem Thema gegen die ÖVP. Wie stark Gutverdiener entlastet werden sollen, will Schieder "situationsentsprechend" vom Parlament bestimmt haben, und nicht im Alleingang durch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), wie er vor der Regierungssitzung gegenüber Journalisten betonte. Das Problem mit "Ego-Shows" sei, dass es in der Budgetpolitik keine Alleingänge gebe, sondern das Parlament zuständig sei, konnte sich Schieder einen Seitenhieb auf Schelling nicht verkneifen. Einen großen Konflikt wollte Schieder aber nicht sehen: Auf die Frage, wo es sich genau spieße, meinte er: "Ich sehe eigentlich überhaupt nix Spießiges."

Beschäftigungsbonus

Mitterlehner verwies im Pressefoyer dann auf den Beschäftigungsbonus ab dem 1. Juli und erwartet sich hier weitere Neuaufnahmen bei Unternehmen. Er räumte ein, dass bei einzelnen Punkten wie der Entbürokratisierung das "Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist". Auch er zeigte sich aber erfreut über die positive Entwicklung. Auch bei der geplanten Schaffung von 20.000 Jobs auf Kommunalebene sei man im Gespräch mit dem Gemeindebund, hier gebe es aber noch Details zur Umsetzung zu klären. Durch das Lehrlingspaket erwartet sich der Vizekanzler eine "Renaissance" des Lehrberufs.

Der ÖVP-Obmann zog ebenfalls ein positives Fazit: Es seien bereits viele wegen Erfolglosigkeit gescheitert, daher zeigte er sich erfreut über das, was man in den letzten Monaten geschafft habe. Die Regierung müsse ihre Arbeit aber besser verkaufen, die Erfolge seien durchaus da.

Zukunftsfragen

Kern wollte auf Sticheleien vor dem Ministerrat von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) gar nicht eingehen, sei es doch das Ziel, sich mit Zukunftsfragen zu beschäftigen. Mit Blick auf die für Jahresmitte erwarteten Projekte zeigte er sich überzeugt, dass für die nächsten Jahre weitere positive Effekte lukriert werden könne . Dem Ansatz stimmte auch Mitterlehner zu. Es mache keinen Sinn, darüber zu diskutieren, wer angefangen habe: "Ein Euro scheppert nicht alleine", meinte er einmal mehr und forderte beim Wording ein "abrüsten, anderes Auftreten".

Sobotka: "Man muss mit dem zufrieden sein, was man hat."

Sobotka hatte vor dem Ministerrat zur zuletzt wieder unterkühlten Stimmung in der Koalition erklärt: "Man muss mit dem zufrieden sein, was man hat." Bei manchen Themen sei man sich einig, bei anderen dauere es länger. Er verwies aber darauf, dass es Bundeskanzler Kern gewesen sei, der das Pressefoyer in seiner bisherigen Form abgeschafft und "ein Ultimatum" gestellt habe. Auf die Frage, ob er daher den Schwarzen Peter beim Koalitionspartner sieht, stellte Sobotka fest, dass es darum nicht gehe: "Wir tun ja nicht Karten spielen." Mit Befindlichkeiten wolle er sich nicht beschäftigen, die Österreicher wollen Arbeit sehen.

Die zumindest von den Regierungsspitzen demonstrativ gezeigte gute Stimmung könnte auch an einem besonderen Gast liegen, denn diesmal hat Ex-Bundespräsident Heinz Fischer an der Regierungssitzung teilgenommen - oder ein "Bundespräsident zur speziellen Verwendung", wie Finanzminister Schelling ihn laut Kern bezeichnete. Fischer informierte die Regierung über den Projektfortschritt beim Jubiläumsjahr 2018, für das er verantwortlich zeichnet.

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