Ministerien werben vor allem im Boulevard

Zeitungsständer des Gratisblätter.
Werbeausgaben Ministerien 2. Quartal 2017: Innenminister Sobotka schaltete im Gratisblatt "Österreich" Anzeigen um knapp 193.000 Euro, von Verkehrsminister Leichtfried flossen mehr als 200.000 Euro zur "Kronen Zeitung". Das Außenministerium setzt stark auf "Die Presse".

Im Wahlkampf-Endspurt ist es wenig verwunderlich, wenn Parteien besonders tief in den Geldtopf greifen, um in Medien mit Inseraten zu werben. Doch die "öffentliche Hand" - also etwa Ministerien, Länder, staatsnahe Unternehmen oder die Stadt Wien - gibt ganzjährig stolze Summen für Anzeigen in Tageszeitungen aus.

Vor allem im Boulevard.

Wirft man speziell einen Blick auf die Ministerien, schalteten diese im 2. Quartal 2017 besonders fleißig in der " Kronen Zeitung", "Österreich" und "Heute" Werbeanzeigen. Das belegen akutelle Zahlen der RTR-GmBH, wie aus folgender Tabelle hervorgeht.

Übersicht (mit ausgewählten Ministerien)

Ministerium Medium (jeweils die Top 3) Ergebnis (in Euro)
Außenministerium 1. Die Presse 152.774,00
2. Kronen Zeitung 121.330,00
3. Heute 111.684,00
8. KURIER 21.429,00
Gesamt 594.939,00
Finanzministerium 1. Österreich 177.851,54
2. Kronen Zeitung 157.738,36
3. Heute 86.509,97
7. KURIER 14.580,34
Gesamt 532.168,53
Innenministerium 1. Österreich 192.961,05
2. Kronen Zeitung 114.583,25
3. Heute 66.596,48
5. KURIER 12.536,82
Gesamt 421.76,62
Verkehrsministerium 1. Kronen Zeitung 201.984,78
2. Heute 95.126,73
3. Österreich 54.535,16
4. KURIER 41.477,00
Gesamt 464.706,37
Gesundheitsministerium 1. Kronen Zeitung 83.863,35
2. Österreich 63.600,92
3. Heute 41.493,68
4. KURIER 29.306,00
Gesamt 317.553,99
Verteidigungsministerium 1. Österreich 64.580,33
2. Kronen Zeitung 60.902,66
3. Heute 47.349,54
4. KURIER 27.821,42
Gesamt 275.642,37
Bildungsministerium 1. Heute 31.041,10
2. Österreich 30.713,60
3. Kronen Zeitung 19.221,90
(Daten von RTR GmBH)

Geld fließt in den Boulevard

Die jüngsten Zahlen bestätigten somit den Trend - und ein krasses Missverhältnis zwischen Leserzahlen und Anzeigengelder. Auch zuvor, im 1. Quartal, 2017, entfiel der größte Anteil der öffentlichen Werbegelder auf die "Kronen Zeitung". Die reichweitenstarke Zeitung lukrierte im ersten Jahresviertel rund 3,8 Mio. Euro. Dahinter folgten die Gratistageszeitungen "Heute" mit 2,5 Mio. Euro und "Österreich" mit 2,4 Mio. Euro. Zusammen kamen die drei Boulevardmedien auf 8,7 Mio. Euro.

Zur Einordnung: Die öffentliche Hand hat 2016 insgesamt rund 179 Mio. Euro für Werbung ausgegeben. 2015 waren es 188 Mio. Euro. Den größten Werbebedarf hat nach wie vor die Stadt Wien.

Daten erst seit Medientransparenzgesetz öffentlich

Dass diese Daten veröffentlicht werden, war übrigens nicht immer so: Seit dem Inkrafttreten des Medientransparenzgesetzes Mitte 2012 müssen öffentliche Stellen für jedes Quartal ihre Werbeaufwendungen und Inseratenzahlungen angeben - allerdings erst ab Überschreiten einer Bagatellgrenzen von 5.000 Euro, was vom Rechnungshof bereits kritisch bemerkt wurde. Die Ausgabenhöhe wird an die KommAustria gemeldet und von dieser veröffentlicht.

Daten sind auf der Webseite der RTR-GmbH abrufbar.

Eine interessante grafische Aufbereitung des "Inserate-Rennens" im Wahlkampf bietet übrigens dossier.at an

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