Mindestsicherung: ÖVP strikt gegen Residenzpflicht

Lopatka: "Residenzpflicht nicht verantwortbar."
Der schwarze Klubchef Reinhold Lopatka will dem rot regiertem Wien bei Sozialgeld nicht entgegenkommen.

Der in der Vorwoche eskalierte Streit zwischen SPÖ und ÖVP über die Reform der Mindestsicherung geht weiter. Die ÖVP präsentiert heute eine "Wertestudie", aus der unter anderem hervorgeht, dass sich 70 Prozent der Österreicher Kürzungen bei der Mindestsicherung wünschen.

Das bestärkt die ÖVP, die seit Monaten Kürzungen fordert. Die Deckelung bei 1500 Euro pro Familie akzeptiert die SPÖ bereits zähneknirschend. Sie lehnt aber die fünfjährige Wartefrist auf die volle Mindestsicherung strikt ab – auch das verlangt die ÖVP.

Anliegen der SPÖ ist es u. a., Wien zu entlasten. Fast 200.000 Mindestsicherungsbezieher gibt es in der Bundeshauptstadt bereits, die Kosten explodieren. Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) denkt daher über eine Mindestaufenthaltsdauer nach, das könnte in einen Kompromiss mit der ÖVP münden. Sie will aber auch (wie Sozialminister Alois Stöger) eine Wohnsitz- oder Residenzpflicht einführen. Damit würden Flüchtlinge nicht mehr so leicht nach Wien ziehen können, sondern wären an den Ort gebunden, an dem sie ursprünglich gelandet sind – und wo sie bisher die Mindestsicherung beziehen.

Rüge für Stöger und Wehsely

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka erteilt diesem Wunsch im KURIER-Gespräch aber eine Absage: "Ich finde es irritierend, dass Wien in Person von Stadträtin Wehsely nach einer Residenzpflicht ruft, wo ihr Parteikollege Sozialminister Stöger noch nicht in Ansätzen eine neue Vereinbarung für die Mindestsicherung zustande gebracht hat. Ohne eine bundeseinheitliche Regelung ist eine Residenzpflicht nicht verantwortbar." Lopatka ist wie sein Parteichef Reinhold Mitterlehner der Ansicht, dass der Ball nun bei Stöger liegt. An ihm liege es, in Verhandlungen mit den Ländern eine Lösung für die Mindestsicherung zu finden: "Es kann nicht so sein, dass der Sozialminister keinen Abschluss mit den Ländern schafft und dann die Residenzpflicht zugunsten von Wien eingeführt wird. Das würde niemand verstehen."

Perfides Spiel

Auch Wehsely will den Flüchtlingszustrom nach Wien bremsen, wirbt aber weiterhin für österreichweit einheitliche Sätze bei der Mindestsicherung. Denn es sei ein "perfides Spiel" der ÖVP, sagte sie zu Journalisten, zuerst die Mindestsicherung in Oberösterreich und Niederösterreich zu kürzen, den Zustrom damit weiter zu erhöhen, nur um dann erneut mit dem Finger auf die vermeintlich unhaltbaren Zustände in Wien zeigen zu können.

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