Mindestsicherung: Nervenkrieg um Blockierer-Malus
Das Gezerre um die bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) wird immer mehr zum Nervenkrieg zwischen Rot und Schwarz. SPÖ-Sozialminister Alois Stöger setzt merkbar alles daran, doch noch zu einer Einigung mit der ÖVP zu kommen, um nicht zum Prügelknaben gemacht werden zu können. Anders ist nicht zu erklären, dass der Ressortchef dem Koalitionspartner am Montag erneut entgegengekommen ist. Die ÖVP baut einem etwaigen Scheitern der Gespräche aber auch schon vor. Innenminister Wolfgang Sobotka unterstellte dem Koalitionspartner gestern, "ein höheres Ziel" zu verfolgen.
Das Wort Neuwahl nahm er nicht in den Mund. Er meint, die SPÖ wolle seiner Partei jedenfalls den "schwarzen Peter zuschieben".
"Das ist großes Kino"
Stöger diene Kanzler Christian Kern als "Speerspitze", um die ÖVP als "reformunwillig an den Pranger zu stellen". Für Sobotka ist das alles ein "strategisches Spiel. Das ist großes Kino. Das inszeniert nicht Stöger alleine."
Ob man sich bis Mitte der Woche einigen wird, traut sich angesichts dieser Stimmung niemand abzuschätzen. Faktum ist aber, dass am Mittwoch weiterverhandelt wird. Bis dahin soll Stöger seine neuen Vorschläge schriftlich vorlegen. Vorerst hat er sie nur mündlich dargelegt, schildern Insider.
Die Hauptstreitpunkte
Hauptstreitpunkte sind nach wie vor die von der ÖVP geforderte Deckelung der Mindestsicherung (1500 Euro im Monat) und die Kürzung auf rund 500 Euro für Asylberechtigte, die weniger als fünf Jahre im Land sind.
Stöger ist bereit, den Deckel weitgehend zu akzeptieren – aus einer "Kann-" soll nun eine "Muss"-Bestimmung werden. Allerdings möchte der Sozialdemokrat, dass es zahlreiche Ausnahmen gibt, etwa für Behinderte oder für Menschen, die die Mindestsicherung nicht voll beziehen ("Aufstocker", die neben Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe BMS erhalten). Die ÖVP will aber, dass der Deckel für Aufstocker gilt.
Das Kompromiss-Angebot
Offen ist, ob die Schwarzen das neueste Kompromiss-Angebot bei der umstrittenen Kürzung akzeptieren. Stöger schlägt nun vor, dass es für Asylberechtigte eine zweigeteilte Mindestsicherung gibt: Einen Sockelbetrag von 520 Euro plus einen Integrationsbonus (wenn man eine Integrationsvereinbarung erfüllt), dessen Höhe die Länder selbst bestimmen sollen. Allerdings müsse die Regelung EU-rechtskonform sein. Aus Stögers Sicht sollte der Bonus 317 Euro betragen, die Mindestsicherung damit weiterhin bei 837 Euro liegen. Wenn ein Bundesland eine andere Rechtsansicht vertritt, kann der Bonus auch niedriger sein, meint der Minister. Er delegiert damit die Verantwortung an die Länder und will dem Vorwurf entgehen, er würde durch seine ablehnende Haltung bei der Kürzung eine Einigung zwischen Bund und Ländern verhindern. Die ÖVP ließ gestern offen, ob sie dem Kompromiss-Angebot zustimmen wird. "Entscheidend ist das Gesamtpaket", hieß es im Büro von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.
Kommentare