Mindestsicherung: Mitterlehner will Bewegung Wiens

Reinhold Mitterlehner
Das Thema Mindestsicherung sorgt in der Bundeskoalition zwischen Rot und Schwarz und darüber hinaus für ein Zerwürfnis.

Die Koalitionsparteien haben den Samstagvormittag genutzt, um sich gegenseitig einiges auszurichten. Auch Vizebürgermeisterin Vassilakou von den Grünen ist in den Streit um die Mindestsicherung eingestiegen.

Begonnen hat alles mit Überlegungen von SPÖ-Sozialstadträtin Sonja Wehsely, eine Wartefrist für den Bezug der Mindestsicherung einzuziehen. Konkret schlug die SPÖ-Politikerin vor, einen gewissen Mindestaufenthalt in der Bundeshauptstadt einzuziehen, bis die Leistung bezogen werden kann. Anlass sind verschärfte Regelungen in anderen Bundesländern, die einen noch stärkeren Zuzug nach Wien erwarten lassen, sollte keine neue Bund/Länder-Vereinbarung gefunden werden.

Mitterlehner will Bewegung Wiens

Für ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner liegt die Lösung der Mindestsicherungsdebatte darin, dass sich das rot-regierte Wien auf die anderen Bundesländer zubewegt. Denn ohne die Residenzpflicht, die von der ÖVP nur im Gegenzug zu Einschränkungen bei der Leistung unterstützt würde, würden alle dort hingehen, wo die Bedingungen am attraktivsten seien, meinte der Vizekanzler Samstagmittag in Ö1.

In der Interview-Reihe Im Journal zu Gast wollte er nicht bestätigen, dass SPÖ-Sozialminister Alois Stöger mit ihm einen Kompromiss gefunden hätte, der dann aber von den schwarzen Landesparteien zu Fall gebracht werden sei. Wie Mitterlehner betonte, könne er mit einem Kompromiss nur dann etwas anfangen, "wenn bei uns alle Bundesländer mitgehen können." Dies sei dem Sozialminister auch von Anfang an klar gewesen. Wenn dieser dann den Weg an die Öffentlichkeit wähle, obwohl die Gespräche noch nicht abgeschlossen seien, sei das Stögers Sache. Der Sozialminister hatte ja zuletzt die ÖVP scharf kritisiert, woraufhin sich Mitterlehner aus den Verhandlungen mit den Ländern zurückgezogen hatte.

Schützenhöfer: "Missbrauch passiert schon hauptsächlich durch Österreicher."

Indes wandte sich in der Kleinen Zeitung der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer gegen eine Unterscheidung zwischen Asylberechtigten und anderen Leistungsbeziehern, wie sie in Oberösterreich praktiziert wird. Er wies auch darauf hin, dass ein relativ geringer Teil der Mindestsicherungsbezieher Asylberechtigte seien. Zudem merkte der Landeshauptmann an: "Missbrauch passiert schon hauptsächlich durch Österreicher."

SPÖ schimpft Richtung ÖVP

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler spricht in Sachen Mindestsicherung von "Chaoszuständen" in der ÖVP und wirft deren Chef Reinhold Mitterlehner vor, sich "abzuputzen" und die alleinige Verantwortung Sozialminister Stöger zuzuschieben. Dabei sei es Mitterlehner gewesen, der keine einheitliche Linie in seiner Partei geschafft habe.

Auch Wiener SPÖ attackiert Vizekanzler

Nach der Bundes-SPÖ attackierte später auch die Wiener SPÖ Mitterlehner in Sachen Mindestsicherung. Für Sozialstadträtin Sonja Wehsely will der ÖVP-Obmann mit Angriffen auf Wien "von seiner eigenen Orientierungslosigkeit" ablenken. Die ÖVP sollte sich lieber dringend an einen Tisch setzen und eine einheitliche Linie finden, meint Wehsely.

Vassilakou attackiert Wehsely

Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou von den Grünen hat Wehsely gegenüber derstandard.at "Schnellschüsse und Alleingänge", die kontraproduktiv seien, vorgeworfen.

Vassilakou findet Warteliste bedenklich

Die Grünen seien grundsätzlich dagegen, dass Menschen in zwei Kategorien geteilt würden, sagt Vassilakou dazu. Zwar sei auch sie dafür, die Mindestsicherung "auf robuste Beine" zu stellen, "allerdings haben Menschen in Not höchste Priorität".

Eine Wartefrist findet Vassilakou deshalb bedenklich, weil die Menschen dann gezwungen seien "Jobs zu jedem Preis anzunehmen, damit sie nicht auf das Sozialsystem angewiesen sind." So würde auch generell der Druck steigen und es bestehe die Gefahr, dass die Löhne im Allgemeinen geringer würden.

Amon: "SPÖ vergisst vor lauter Absichern und Bremsen auf die Zukunft“

Indes antwortete ÖVP-Generalsekretär Werner Amon auf die Angriffe der SPÖ in Richtung Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Amon verlangt von SPÖ-Kanzler Christian Kern, offener gegenüber notwendigen Reformen zu sein: "Die SPÖ vergisst vor lauter Absichern und Bremsen auf die Zukunft. Das muss sich ändern."

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