Mikl-Leitner: „Faymann wird immer mehr zum Lügenkanzler“

Austrian President Heinz Fischer (R) and government members leave the inauguration ceremony for new government members in the presidential office in the historic Hofburg palace in Vienna, April 21, 2011. (L-R) State Secretary Sebastian Kurz, Science Minister Karlheinz Toechterle, Interior Minister Johanna Mikl-Leitner, Chancellor Werner Faymann, Foreign Minister and Vice Chancellor Michael Spindelegger and Fischer. REUTERS/Heinz-Peter Bader (AUSTRIA - Tags: POLITICS)
Der rote Kanzler dreht der ÖVP die Worte im Mund um, wettert die schwarze Ministerin.

Schön langsam ist die Verwirrung komplett. Will die ÖVP, dass künftig jeder 12 Stunden arbeitet? Und will die ÖVP das Frauenpensionsalter erhöhen? Entsprechenden Forderungen von VP-Spitzen folgten zuletzt halbherzige Dementis und Zwischenrufe der Bünde. Die ÖVP-Parteilinie, weich wie ein Pudding im Sommer, versucht die SPÖ zu vermitteln – und schürt genüsslich die Befürchtungen.

„Es gibt noch immer keine Klarstellung der Spindelegger-ÖVP zur Anhebung des Frauenpensionsalters und jetzt kommt mit den Aussagen zum 12-Stunden-Arbeitstag das nächste Spindelegger-Zickzack dazu“, goss SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos am Dienstag Öl ins Feuer.

Als Feuerwehr versuchte sich VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: „Ein klares Nein zur Anhebung des Frauenpensionsalters in der nächsten Legislaturperiode“ gab es von ihr zu hören. „Das sieht Spindelegger genauso klar.“ Und was ist mit dem 12-Stunden-Arbeitstag? „Es geht um eine flexible Arbeitszeitgestaltung durch ein Zeitwertkonto, wo Überstunden und Zulagen auf ein Konto geparkt werden und nach Wunsch verbraucht werden – ohne Einkommensverlust.“

Überzieht also die SPÖ mit ihren Warnungen? Ja, sagt die ÖAAB-Chefin: „Ich werde das Gefühl nicht los, dass Kanzler Faymann immer mehr zum Lügenkanzler wird“, schießt sie scharf. „Die SPÖ versucht die Menschen zu verunsichern. Sicher nicht mit uns.“

Das Zeitwertkonto sei eine „Umschreibung für massive Lohnkürzungen“ durch den Wegfall von Überstunden, rieb SP-Klubobmann Josef Cap gleich wieder Salz in die ÖVP-Wunde. Da blieb ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch nur noch der Beißreflex: „Lernt lesen, liebe Genossen“, forderte er – ein 12-Stunden-Tag sei nicht Teil des ÖVP-Programms, „wie von der SPÖ dahergelogen“.

Mindestsicherung

Mikl-Leitner versuchte indes, wieder ein eigenes Thema zu setzen. Im Visier: Die hohe Zahl der Mindestsicherungsbezieher in Wien. „Jeder zehnte Wiener bezieht Mindestsicherung und das länger als in allen anderen Bundesländern“, kritisierte sie. In Wien würden 70,4 Prozent aller Bezieher zwischen sieben und 12 Monate Mindestsicherung kassieren, in NÖ nur 46 Prozent. „Wir vermissen die notwendige Kontrolle und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen.“

Die zuständige SP-Stadträtin Sonja Wehsely will das so nicht stehen lassen: „Die Mindestsicherung ist ein Projekt der großen Koalition. In Wien wird sehr engmaschig kontrolliert.“ Nur neun Prozent der Bezieher in Wien würden die volle Unterstützung erhalten, der Rest nur eine Aufzahlung zu Arbeitslosengeld oder magerem Verdienst.

Geht es nach SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer, soll schon 2014 eine Steuerreform die Geldbörsel der Österreicher entlasten. Vor allem für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen soll der Eingangssteuersatz sinken.

Die ÖVP will davon nichts wissen: „Eine Steuerreform kann nur kommen, wenn wir es uns leisten können“, sagte VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Dienstag. Vorrangiges Ziel der ÖVP sei es nach wie vor, bis 2016 ein ausgeglichenes Budget zu erreichen.

Auch SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder ist sich bewusst, dass sich Österreich gegenüber Brüssel zur Sanierung des Haushaltes bis 2016 verpflichtet hat. Schieder hält aber eine Steuerreform im Jahr 2015 für möglich, samt nötiger Beschlussfassung ein Jahr davor.

Drei Milliarden Euro soll das Entlastungsvolumen aus Sicht der Sozialdemokraten betragen. Stimmt die Schätzung von SPÖ-Kanzler Werner Faymann, wonach die Sanierung der Hypo Alpe-Adria bis zu sieben Milliarden verschlingen wird, könnte die Steuerreform aber schon Geschichte sein, bevor sie im Detail konzipiert wird. Schieder wollte die sieben Milliarden für die Kärntner Sorgenbank nicht bestätigen.

Er rechnete am Dienstag lieber vor, dass die ÖVP-Entlastungsideen in Summe 15 Milliarden Euro kosten würden, ohne dass Gegenfinanzierungsvorschläge gemacht worden wären. Einzige Ausnahme, ätzte Schieder: Die ÖVP schlage den Verkauf leer stehender Büroflächen des Bundes vor.

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