Geldwäsche: Freispruch für Mensdorff

APA11019164 - 17012013 - WIEN - ÖSTERREICH: Der wegen Geldwäsche angeklagte Alfons Mensdorff-Pouilly nach der Urteilsverkündung am Donnerstag, 17. Jänner 2013. am Straflandesgericht Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Nur für die Vorlage eines gefälschten Beweismittels wird Alfons Mensdorff-Pouilly zu zwei Monaten Haft verurteilt - in der Geldwäsche-Causa wird er freigesprochen.

Ob Sie sich noch in den Spiegel schauen können, müssen Sie sich selbst fragen“, beschied Richter Stefan Apostol am Donnerstagmittag dem soeben vom Hauptvorwurf der Geldwäsche freigesprochenen Alfons Mensdorff-Pouilly. Dass sich der Jagdherr und Ehemann der ehemaligen Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat trotz des für ihn positiven Prozessausganges das Hirschragout noch schmecken lassen konnte, muss man bezweifeln. Bei dieser Moralpredigt!

Gelogen

Geldwäsche: Freispruch für Mensdorff
APA11015916 - 17012013 - WIEN - ÖSTERREICH: Der wegen Geldwäscherei angeklagte Alfons Mensdorff-Pouilly vor Beginn des Prozesstages am Donnerstag, 17. Jänner 2013. am Straflandesgericht Wien. Ein Urteil wird für heute erwartet. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER

Das Bild, das man sich im Prozess von dem Waffenlobbyisten habe machen können, lasse „tief blicken“, sagte der Richter: Die „fraglichen Praktiken“, zum Beispiel die Sekretärin ohne Englisch-Kenntnisse zur Geschäftsführerin internationaler (Briefkasten-)Firmen zu machen; oder die dubiose Verschiebung von Millionen im Kuvert. Es sei „ganz klar, dass Sie gelogen haben“; und auch, dass Mensdorff vom britischen Rüstungskonzern BAE Gelder übernommen sowie „für unbekannte Zwecke an Dritte weitergegeben“ habe. Aber ob das Schmiergeld war, dafür sei „die Suppe zu dünn“. Wer den Prozess aufmerksam verfolgt habe, für den sei der Freispruch (auch für den mitangeklagten Geldboten Kurt D.) keine Überraschung.

„Sie hatten Glück, dass die britischen Zeugen nicht gekommen sind, dass das Verfahren dort (gegen die BAE-Manager, Anm.) eingestellt wurde“, sagte Apostol dem Angeklagten, „sonst hätte es anders ausgehen können“. Insofern sei der Staatsanwalt auf verlorenem Posten gestanden: „Aus Topfen kann man keine Butter mehr machen.“
Aber: „Persilschein ist das keiner, Herr Mensdorff. Das Gericht ist nicht blind, ich kann sehen, hören, riechen. Und die Sache stinkt, sie stinkt sehr.“
Auch vom Vorwurf der falschen Beweisaussage wurde Mensdorff freigesprochen. Er hatte vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss erklärt, nicht hinter der Firma Brodman zu stecken, über die laut Staatsanwalt die Millionen von BAE geflossen sind. Mensdorffs Verantwortung im Prozess, lediglich Treuhänder für seinen verstorbenen Mentor Tim Landon gewesen zu sein, war laut Richter nicht zu widerlegen.
Lediglich wegen der Vorlage eines gefälschten Beweismittels wurde Mensdorff schuldig gesprochen. Die Geschichte, die er damit hatte beweisen wollen, sei „erlogen“. Nämlich dass er für Landon 4,6 Millionen Euro in ein Projekt in Dubai gesteckt habe.

Lebenswandel

Für dieses Delikt hätte ein Prozess vor dem Bezirksgericht gereicht. Mensdorff wurde zu zwei Monaten bedingt verurteilt, die hat er durch die U-Haft (27. 2. bis 3. 4. 2009) schon zum größten Teil verbüßt. Aber Haftentschädigung bekommt der Graf trotz des Freispruchs vom Hauptanklagepunkt keine. Mildernd sei bei der kleinen Bewährungsstrafe der bisherige ordentliche Lebenswandel gewesen, sagte Apostol, „wobei ich mit dieser Formulierung bei Ihnen meine Probleme habe.“
Mensdorff, der während der Urteilsbegründung mit ernster Miene zugehört hatte, schmunzelte erstmals. Das verging ihm rasch wieder, als der Richter sagte, dass vielleicht noch ein Verfahren wegen der von einem Zeugen behaupteten Bestechung des ungarischen Gesundheitsministers auf Mensdorff zukomme. Außerdem legt Staatsanwalt Michael Radasztics gegen den Freispruch Berufung ein.
Ehe der Graf durch die Hintertür entschwand, sagte ihm der Richter noch: „Den Geruch dieses Verfahrens werden Sie nicht mehr los.“

Bei Mensdorff reichten die Beweise nicht, der Richter gab trotzdem ein deutliches Signal gegen Korruption.

Innerhalb einer Woche konnte die Anklagebehörde einen großen Erfolg verbuchen und musste gleichzeitig eine herbe Niederlage hinnehmen. Ernst Strasser wurde nicht rechtskräftig zu vier Jahren Haft verdonnert, Alfons Mensdorff-Pouilly musste mangels Beweisen vom Hauptvorwurf freigesprochen werden. Aber muss man den Ausgang des Prozesses gegen den Waffenlobbyisten unbedingt als Schlappe im Kampf gegen Korruption sehen? Der Richter hat sich in die Reihe jener Justiz-Repräsentanten eingeordnet, die dieses Krebsgeschwür in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft anprangern, verfolgen und bei Vorliegen von Beweisen auch drastisch bestrafen.

Bei Strasser gab es Videoaufnahmen, die das Eurozeichen in seinen Augen leuchten ließen; und Zeugen, die bereit waren, wenigstens via Videokonferenz auszusagen. Bei Mensdorff fehlten diese Beweismittel. Während heimische Zeugen schon eine Hühnerkeule verschlucken müssen, um sich der Aussage zu entziehen, können uns solche aus dem Ausland „den Stinkefinger zeigen“, wie es der Staatsanwalt formulierte. Das Europäische Recht ist noch nicht so weit, sie grenzüberschreitend vorführen zu lassen. In Zeiten globaler Vernetzung wäre es dringend geboten, das zu ändern.

Auch wenn es bei Mensdorff am Ende nur für eine winzige Strafe auf Bezirksgerichtsniveau gereicht hat, ein weiteres Signal gegen Korruption ist der Prozessausgang trotzdem. Der Richter machte deutlich, was er von dem burgenländischen Landadeligen und dessen „fraglichen Praktiken“ hält; dass er nur Glück hatte; und wie zuwider ihm die dubiose Verschiebung von Millionen im Kuvert ist. „Die Sache stinkt, sie stinkt sehr“, sagte der Richter am Ende. Und er prophezeite Mensdorff: Diesen ganz speziellen Geruch „werden Sie nicht mehr los“.

(Von Ricardo Peyerl)

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