SPÖ will über "Superkanzler" diskutieren

Angela Merkel kann als Bundeskanzlerin "durchgreifen", Werner Faymann soll das vielleicht auch bald können.
Kompetenzenausweitung nach deutschem Vorbild findet Anklang bei SP - Rüffel für parteiinterne Kritiker.

Angela Merkel hat sie, Werner Faymann soll sie auch bekommen: SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder will den Vorschlag von NEOS-Chef Matthias Strolz zu einer Stärkung der Funktion des Bundeskanzlers so bald wie möglich diskutieren. Dies solle unabhängig von kommenden Wahlen geschehen, meinte er am Montag bei einer Pressekonferenz. In Sachen Koalition scholt Schieder parteiinterne Kritiker - wie FSG-Chef Wolfgang Katzian.

"Superkanzler"

Schieder hält den Vorschlag, dem Bundeskanzler eine Richtlinienkompetenz zukommen zu lassen, für "diskussionswürdig". Zuerst will er aber Strolz fragen, was sich dieser konkret darunter vorstellt, um dann rechtzeitig vor der nächsten Nationalratswahl mit Gesprächen zu beginnen. Zum Einwurf, damit einen "Superkanzler" zu schaffen, meinte er nur, mit Werner Faymann (SPÖ) habe man diesen bereits.

Die Koalition will Schieder, anders als Wolfgang Katzian, Chef der Sozialdemokratischen Gewerkschafter, nicht infrage stellen. "Man muss sich immer fragen, was das eigene Handeln für einen Sinn macht", meinte er zwar. Eine Diskussion über das Koalitionsende sei jedoch schlicht "falsch". Auf parlamentarischer Ebene funktioniere die Zusammenarbeit mit der ÖVP sogar "sehr gut". Meinungsverschiedenheiten, etwa zur Millionärssteuer, müsse man durchaus "offen und scharf führen". Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer schloss sich dieser Meinung per Aussendung an: "Es ist hoch an der Zeit, dass alle durchatmen und einen Schritt zurückmachen. Neuwahlen herbeizureden hilft nur der FPÖ".

Positiv-Bilanz

Auch allgemein zog Schieder zu Beginn der Sommerpause ein positives Resümee zur parlamentarischen Arbeit und erwähnte auch die jüngst unter den Parteien abgesprochene Reform der Untersuchungsausschüsse. Die legistische Arbeit an einem Gesetzesentwurf habe bereits begonnen und solle im September vorliegen. Im Oktober und November könne die Reform dann im Parlament behandelt werden. Ab kommenden Jahr könne man dann auf Basis der neuen Regelungen agieren.

Zwar will sich die SPÖ laut Schieder nicht am ausgebrochenen "Wettlauf" an U-Ausschuss-Themen beteiligen, dennoch kann er sich einen zum Thema Strafvollzug gut vorstellen. Bei dem sich anbahnenden Ausschuss zur Kärntner Hypo will er in erster Linie ehemalige freiheitliche Kärntner Politiker als Zeugen geladen sehen, wie etwa den einstigen Landeshauptmann Gerhard Dörfler und den Ex-Landesrat Harald Dobernig. "Das werden die ersten Namen sein, die aufmarschieren müssen."

Zweifel der Experten

Zweifel hegt der Verfassungsjurist Heinz Mayer. Eine"Richtlinienkompetenz" nach deutschem Vorbild würde die Rolle des Bundeskanzlers nicht stärken, sagt Mayer. "Die Richtlinienkompetenz ändert nichts daran, dass der Kanzler mit seinem Koalitionspartner und den Ministern im Einvernehmen sein muss", betont Mayer gegenüber der APA. Und das Recht, die Arbeit der Regierung zu koordinieren, habe der Kanzler ohnehin.

Verankert ist die "Richtlinienkompetenz" in Artikel 65 des deutschen Grundgesetzes. "Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung", heißt es dort. Ein Weisungsrecht der Kanzlerin gegenüber den Ministern gibt es aber nicht. Und gleich im nächsten Satz heißt es: "Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung."

Kein Weisungsrecht gegenüber Ministern

Außerdem muss sich Kanzlerin Angela Merkel mit ihren Koalitionspartnern SPD und CSU abstimmen, womit ihr Durchgriffsrecht in der Praxis an den Parteigrenzen endet. Darauf verwies zumindest SPD-Chef Sigmar Gabriel Ende des Vorjahres in der Bild am Sonntag: "Wer die Richtlinienkompetenz als Kanzler gegen den Koalitionspartner ausübt, der beendet die Koalition."

Mayer, Jus-Dekan an der Universität Wien, warnt daher davor, die Bedeutung der "Richtlinienkompetenz" zu überschätzen. Denn auch der österreichische Bundeskanzler habe mit der Aufgabe, die Arbeit der Regierung zu koordinieren, ähnliche Kompetenzen. Die Durchsetzbarkeit der Linie des Kanzlers sei aber sowohl in Deutschland als auch in Österreich eine Frage der politischen Machtverhältnisse.

"Meinungsverschiedenheiten sind rechtlich überhaupt nicht lösbar, die sind nur politisch lösbar", betont Mayer: "Wenn man eine Richtlinienkompetenz in Österreich einsetzen möchte, wird sich nichts ändern. Das Problem ist: wie setzt man es durch."

FPÖ: "Ablenkungsmanöver"

Kurz und knapp hält sich die FPÖ. Für sie sei die Debatte um eine "Richtlinienkompetenz" für Kanzler Werner Faymann (SPÖ) ein "Ablenkungsmanöver". "Grundsätzlich kann man über alles diskutieren, allerdings würde einem Kanzler Faymann eine Richtlinienkompetenz nichts nützen, er hat sie ja nicht einmal in der eigenen Partei", so Generalsekretär Herbert Kickl. Er plädiert für mehr direkte Demokratie.

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