Margit Kraker: "Der Staat darf nichts verschenken"

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker
Rechnungshof-Präsidentin legt nächster Regierung zehn Reformen zur dringenden Umsetzung ans Herz.

Rechnungshof-Vorschläge.Präsidentin legt nächster Regierung zehn Reformen zur dringenden Umsetzung ans Herz. Ihr Vorgänger an der Spitze des Rechnungshofes, Josef Moser, hat am Ende seiner zwölfjährigen Amtszeit nicht weniger als 1007 Reformvorschläge hinterlassen. Das war im Sommer 2016. Moser ist mittlerweile einer der Favoriten für das Amt des Finanzministers in der wahrscheinlichen ÖVP-FPÖ-Regierung Kurz-Strache. Wie viele von Mosers Vorschlägen aufgegriffen, mitunter sogar umgesetzt wurden, ist nicht überliefert.

Mosers Nachfolgerin im Rechnungshof, Margit Kraker, unternimmt nun einen neuen Anlauf gegen den Reformstau. Kraker hat das nötige Reform-Programm erheblich verdichtet und legt der nächsten Bundesregierung zehn Vorschläge vor. Das Motto lautet: "Was jetzt getan werden muss."

Eine Reform im hochsensiblen Bereich der Asyl- und Flüchtlingspolitik spart Kraker interessanterweise aus. Sie streicht vielmehr folgende zehn Themenkomplexe hervor:

Reformstrategie: Bund, Länder und Gemeinden bräuchten zunächst eine koordinierte Strategie. Ein gemeinsames, positives Zukunftsbild sei zu entwickeln. Bisher sei dies an "Reformunwillen und Einzelinteressen" gescheitert.

Bildung: Für die Schule von Morgen seien verbindliche Bildungsziele für ganz Österreich festzulegen. Migration und Digitalisierung seien hier neue Aufgaben, heißt es ganz allgemein. Konkret erhöht werden müsste die tatsächliche Unterrichtszeit in den Klassen. Kraker will über die schulautonomen Tage und den frühen Notenschluss im Juni reden. "Die Unterrichtszeit muss vom ersten bis zum letzten Schultag voll ausgenutzt werden", steht im Rechnungshof-Papier.

Gesundheit: Kraker plädiert auch für eine Neuorganisation des "zersplitterten Systems" der 21 Sozialversicherungsträger. Die Steuerung und das Leistungsangebot könnten so verbessert werden. Kraker ortet weiterhin "Entscheidungsdefizite bei Standortfragen von Spitälern und hinsichtlich des künftigen Bedarfs an medizinischem Personal".

Pflege: Die kommende Bundesregierung "muss endlich eine Grundsatzentscheidung treffen, wie die Pflege in Österreich nachhaltig finanziert werden soll", hält Kraker fest. Auch eine verpflichtende Pflegeversicherung sei denkbar. Die Kosten der Pflege würden sich jedenfalls dynamischer als jene im Pensionsbereich entwickeln – von 1,8 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2015 auf bis zu 3,4 Prozent 2060.

Pensionen: Hier führe kein Weg an der Steigerung des faktischen Pensionsantrittsalters vorbei, sagt Kraker. Das Verhältnis zwischen Beitragsleistungen und Pensionsempfängern komme allerspätestens im Jahr 2060 "in eine Schieflage".

Förderungen: "Der Staat darf nichts verschenken", sagt Kraker zum Förderdschungel. Sie will die Anzahl der Fördergeber, der Fördertöpfe und -programme reduzieren. Überförderungen sollen auf diese Weise vermieden werden. Die "immer noch nicht" funktionierende Transparenzdatenbank solle endlich zu einem "effektiven Steuerungsinstrument" gegen die jetzige "Unübersichtlichkeit" werden.

Digitalisierung: Hier geht es Kraker um die Bereitstellung der nötigen modernen Infrastruktur, der Anpassung der Ausbildungspläne sowie um die Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung in der Verwaltung.

Schulden: Momentan herrscht Hochkonjunktur. Ein Erstarken der Wirtschaftsleistung dürfe aber "keinesfalls zur Vernachlässigung der Haushaltsdisziplin führen", mahnt der Rechnungshof. Am Montag wollen ÖVP und FPÖ mit einem Kassasturz die inhaltlichen Koalitionsverhandlungen einleiten.

Verwaltung: Der Bürgernutzen müsse im Mittelpunkt einer modernen Verwaltung stehen. Ein Qualitätskriterium sei die "Schaffung von Rechtssicherheit". Außerdem müssten die Dauer von Gerichts- und Behördenverfahren verkürzt werden.

Demokratie: Wenig überraschend spricht sich Kraker für eine Föderalismusreform aus. "Die kommende Regierung muss die Strukturen unseres Staates ohne Tabus reformieren." Der Rechnungshof fordert für sich auch eine echte Prüfkompetenz zu den Parteifinanzen, die Einbeziehung von politischen Komitees und Vereinen sowie Sanktionen bei Verstößen.

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