Lopatka: "Kern eins zu eins Faymann"

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka
ÖVP-Klubchef sagt Nein zu Neuwahlen: "Fouls führen nicht zum Spielabbruch."

Für ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka hat Bundeskanzler Christian Kern mit seinem Gastkommentar in der FAZ die bisherige Regierungslinie "massiv unterlaufen".

"Kein neues Schuldenmachen" sei Stand im Ecofin unter den Finanzministern, das ist auch "worauf sich die Regierungschefs geeinigt haben, sagt Lopatka. Besonders bitter sei es daher, dass Kern seinen Kommentar als Bundeskanzler der Republik Österreich geschrieben habe und nicht als SPÖ-Vorsitzender.

Die Frage bleibe: "Unterstützen wir die Starken oder wechseln wir ins andere Lager?" Für Lopatka ist klar: "Es hilft den Schwachen nichts, wenn man die Starken schwächt". Aber was die Schuldenpolitik betrifft, sei Kern eben "eins zu eins Faymann" und höre wie dieser nur auf die Gewerkschaft.

Auch das "Schlechtmachen" von CETA, das Handelsabkommen mit Kanada, ist etwas, das Lopatka "sehr stört". Kanada sei nicht mit den USA vergleichbar, sondern "in vielen Bereichen erster Partner der EU".

Wie sehr unterm Strich das Koalitionsklima belastet sei, ist für Lopatka schwer zu sagen, aber: "Es war sicher kein Beitrag, um sich auf die Hausaufgaben zu konzentrieren, eher ein Ablenkungsmanöver. Unsere Aufgabe sind die Reformen in der Herbstarbeit. Ich hoffe nicht, dass diese gefährdet sind."

Lopatka spricht sich auch gegen vorgezogene Neuwahlen aus. "Für Neuwahlen spricht nichts, gegen Neuwahlen alles". Denn, es sei wie beim Fußball: "Fouls führen nicht zum Spielabbruch. Wir sind am Beginn der zweiten Halbzeit. Man bricht auch nicht ein Spiel nach der ersten Halbzeit ab."

Am Dienstag will Lopatka bei einer Tagung des VP-Klubs über das zentrale Thema dieser Tage beraten: "Wie bringen wir den Finanz- und Wirtschaftsstandort Österreich weiter?" Denn nur durch eine moderne Standortpolitik locke man Investoren an und da seien neue Steuern à la Kerns Maschinensteuer "sicher das Letzte, das wir brauchen".

Lopatka: "Kern eins zu eins Faymann"
ABD0027_20160706 - WIEN - ÖSTERREICH: Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Bundeskanzler Christian Kern (R.) während einer Nationalratssitzung am Mittwoch, 6. Juli 2016, im Parlament in Wien. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Exakt drei Wochen ist es her, da hat der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer der Bundesregierung ein Ultimatum gestellt. Sollten SPÖ und ÖVP im Herbst kein großes Reformpaket vorlegen, schlittere man unweigerlich in eine vorgezogene Neuwahl.

"Die Gesetzgebungsperiode dauert bis 2018", wehrt SPÖ-Klubchef Andreas Schieder Fragen nach dem Ablaufdatum der Koalition ab. "Fouls führen nicht zum Spielabbruch", sagt dazu sein ÖVP-Pendant Reinhold Lopatka.

Inwieweit das fromme Versprechen zu halten sein wird, werden schon die nächsten Wochen zeigen.

Die Regierung hat vor rund zehn Tagen einen straffen Zeitplan für fünf ihrer zentralen Reformvorhaben vorgelegt – von Asyl & Integration über Bildung bis Wirtschaft & Arbeit.

Bis einschließlich 8. November soll erledigt sein, worüber jetzt Monate, wenn nicht Jahre gerungen wurde.

Die Palette reicht von der Abschaffung der kalten Progression bis zur Entrümpelung der Gewerbeordnung. 200.000 neue Jobs bis 2020 hat sich Bundeskanzler Christian Kern vorgenommen. Doch die Erwartungshaltung sinkt, je näher die konkreten Reform-Termine rücken und je heftiger ein Schlagabtausch wird, den sich die Koalitionäre nun auch wieder in Grundsatzfragen liefern.

Einsam oder zweisam

Den Anfang machten die Solo-Auftritte Kerns nach dem Ende des Pressefoyers im Gefolge des allwöchentlichen Ministerrats. Eine Grundsatzfrage, wenn man so will, wie gemeinsame Regierungsarbeit – einsam oder zweisam – präsentiert wird.

Zuletzt hat vor allem Kerns linkslastiger Gastkommentar in der Frankfurter Allgemeinen für Empörung im konservativen Lager gesorgt. Warf er doch wirtschaftspolitische Grundsatzfragen auf, indem Kern gegen eine allzu strikte neoliberale Sparpolitik in Europa zu Felde zog und das schwarze Schreckgespenst einer neuen Schuldenpolitik herbeirief.

"Es ist seine Tonalität in Richtung Umverteilung und Schuldenmacherei. Und dass Kern das als Bundeskanzler und nicht als SPÖ-Chef geschrieben hat. Da hätte auch Alexis Tsipras drunter stehen können", sagt ein VPler hinter vorgehaltener Hand.

Nach dem Erscheinen des Kommentars am Montag hatten VP-Chef Reinhold Mitterlehner und VP-Finanzminister Hans Jörg Schelling rasch die Sozialismus-Keule zur Hand. Kern habe die gemeinsame Regierungslinie "massiv unterlaufen", sagt Lopatka. Kern sei eben ein "linker Ideologieträger", ätzte Schelling.

"Ja, das belastet die Arbeit in der Koalition, wenn der wirtschaftspolitische Sachverstand auf so ein Niveau sinkt", kontert Schieder. Er dachte bisher, auch der Finanzminister sei für mehr Investitionen, sprich Wirtschaftswachstum und Jobs zu haben, "weil da meistens auch bei ihm der Steuer-Euro klingelt", sagt der rote Klubchef.

Der überraschende Anlass für Schieders Äußerungen am Freitag: SPÖ-Vorschläge zur Reform der Gewerbeordnung samt Frontalangriff auf Wirtschaftskammer und freie Berufe.

Das Besondere an den roten Ideen ist weniger ihr Gehalt, als der Zeitpunkt der Präsentation und vor allem: Die Reform der Gewerbeordnung ist das Lieblingsprojekt von Mitterlehner.

Eine gezielte Provokation des Koalitionspartners kurz vor möglichen Ergebnissen der gemeinsamen Arbeitsgruppen? Schieder verneint, legt jedoch in Richtung Gewerbeordnung und Mitterlehner nach: "Ich empfehle niemandem, sich etwas auf die Fahnen zu heften. Sonst vermute ich, dass der Finanzminister wieder mit dem Vorwurf des Linksextremismus anrückt."

Nach dem Ausscheiden von Bundespräsident Heinz Fischer aus der aktiven Politik führt Außenminister Sebastian Kurz mit großem Abstand den OGM-Vertrauensindex an. Bei dem Politbarometer werden regelmäßig 500 Menschen nach ihrem Vertrauen in die wichtigsten Politiker des Landes befragt. Im Ergebnis-Saldo spiegeln sich auch Beliebtheits- und Bekanntheitswerte.

Hinter Kurz folgt mit Respektabstand der heute exakt seit vier Monaten im Amt befindliche Bundeskanzler Christian Kern. Kern und Kurz reisen am Sonntag nach New York zur UNO. Für Politbeobachter gilt Kurz als logischer Nachfolger von ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner. Der Paarlauf von Kern und Kurz in New York findet daher große Beachtung.

Mitterlehner liegt im Vertrauensindex abgeschlagen auf Rang 9, ist aber hinter Kern zumindest der zweitbeliebteste Parteichef. Im Ranking der Oppositionschefs liegt NEOS-Frontmann Matthias Strolz vor Grünen-Chefin Eva Glawischnig und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Unter den Ministern hat nach den Turbulenzen rund um die Verschiebung der Hofburg-Stichwahl Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am meisten Vertrauen verloren.

Lopatka: "Kern eins zu eins Faymann"

Kommentare