Strasser: "Geheimdienste hören uns zu"

Strasser mit Krücken vor Gericht
Schärfere Anklage und eine sehr strenge Richterin: Bei der Prozess-Neuauflage kam Strasser ins Schwitzen.

Falls sich Ernst Strasser gute Chancen ausgerechnet hat, bei der Neuauflage seines Prozesses besser davonzukommen oder gar freigesprochen zu werden, kann er sich das nach dem ersten Verhandlungstag wahrscheinlich abschminken. Schon sein erster Richter Georg Olschak hatte ihm wenig Verständnis entgegen gebracht, was sich schließlich in (vom OGH aufgehobenen) vier Jahren Haft niederschlug. Am Dienstag konnte Olschak als interessierter Zuhörer beobachten, wie seine Kollegin Helene Gnida den wegen Bestechlichkeit angeklagten Ernst Strasser mitsamt seinen Krücken (Gipsbein nach Skiunfall) regelrecht vorführte:

Als ehemaligen ÖVP-Politiker, der seine Berufung ins EU-Parlament nur dazu benützte, neue Kunden für seine Beratungsfirmen aufzureißen. Als jemanden, für den die Grenzen zwischen seiner dem Land verpflichteten Tätigkeit als Abgeordneter und seinen privaten Geschäften immer schon verschwommen waren. Und als Raffzahn, der den Hals nicht voll bekommt. Fast so, wie Strasser laut Verteidiger Thomas Kralik in der Öffentlichkeit dargestellt wird, "als das personifizierte Böse."

Kühlschrank von Red Bull

Nur widerwillig folgte Strasser damals dem Rat seiner Mitarbeiter, das neueste Handy von Motorola als Geschenk nicht anzunehmen. Von Red Bull gab es in seinem Büro einen Kühlschrank, als "Leihgabe", wie Strasser abschwächt, nachdem er um Vermittlung bezüglich einer Fruchtsaftverordnung gebeten worden war. Als gut bezahlter Berater der privatisierten Staatsdruckerei führte Strasser im EU-Parlament "informelle Gespräche", um für guten Wind in einem EU-Vertragsverletzungsverfahren zu sorgen. Er intervenierte für Peter Hochegger, für die Alpine Bau ... Strassers Nachfolger im EU-Parlament, Othmar Karas, haben diese Aktivitäten stutzig gemacht.

Dabei redet sich Strasser doch ein, er habe eine stärkere "rote Linie" gezogen, als die Regeln des EU-Parlaments über Unvereinbarkeit vorgeben. "Wenn ich jemanden im Parlament treffe, darf ich nicht mit ihm reden?", sagt er entrüstet. Richterin: "Fragen an die Vorsitzende sind nicht vorgesehen."

Ungemach kam für Strasser auch von Oberstaatsanwältin Alexandra Maruna. Sie modifizierte die Anklage auf vier konkrete EU-Verordnungen (wie vom OGH vorgegeben), für deren unternehmerfreundliche Abänderung Strasser 100.000 Euro verlangt habe. Zwei als Lobbyisten getarnte britische Journalisten hatten Strasser ja in heimlich mitgeschnittenen Gesprächen dafür engagiert, um seine Bestechlichkeit aufzuzeigen. Es handelte sich unter anderem um den für Investmentbanker zu strengen Anlegerschutz und um die für Händler unangenehme Pflicht zur Rücknahme von Elektroschrott.

Wüste Geschichte

Die neue Verteidigungsstrategie lautet: Strasser habe keinen Einfluss auf Gesetze genommen, sondern nur beraten. Die laut Anwalt Kralik "wüste Agentengeschichte" konnte Strasser aber auch diesmal nicht ganz vergessen: Er habe die angeblichen Lobbyisten für Geheimagenten gehalten und enttarnen wollen. Man werde ja immer und überall verfolgt: "Wenn die Geheimdienste wollen, hören sie uns hier zu", erklärte Strasser der Richterin.

Prozessfortsetzung Donnerstag.

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