Buwog-Prozess: Scharfe Kritik von Grasser-Anwalt an Anklageschrift
Der Verhandlungsverlauf im Überblick:
- Der Antrag eines Verteidigers, seinen Mandanten (den Zehntangeklagten) von der Anwesenheit zu entbinden, wurde abgelehnt
- Grassers zweiter Anwalt Norbert Wess hat mit seinem Plädoyer begonnen
- Die Verteidigung hat am heutigen Verhandlungstag versucht, den Vorwürfen der Anklageschrift zu entgegenen
- Auch zum Schluss wurde angemerkt, Grasser bekenne sich nicht schuldig
"Geld, Gier, Geheimnisse", seien hinter dem Tatplan von Grasser und seinen Freunden Walter Meischberger, Peter Hochegger und Ernst Karl Plech gestanden, hat Oberstaatsanwalt Alexander Marchart gestern im Eröffnungsplädoyer gesagt. "Unsere Zeugen sind Indizien". Grasser "hat kassiert", alle vier "wollten kassieren", betonte er am Mittwoch im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts. Grasser selber sei dabei im Hintergrund geblieben, habe aber die Fäden gezogen. Er hätte sich durch diverse Schmiergeldzahlungen 21 Jahresgehälter auf Steuerzahlerkosten selbst bezahlt.
Die Anklage werde "schmelzen wie ein Schneeball in der Sonne", hat Grasser-Anwalt Manfred Ainedter auf das Eröffnungsplädoyer der Staatsanwaltschaft erwidert. Heute muss er der Ansage Taten folgen lassen, besser gesagt, eine Powerpoint-Präsentation. Die Verteidigung wird heute den Großteil des Tages damit zubringen, die Anklageschrift in Zweifel zu ziehen.
Für den KURIER berichten auch heute aus dem Gerichtssaal Ida Metzger und Christian Böhmer, ihre Beiträge sind mit ihren Nachnamen in Klammer markiert.
Tag 3 in Bildern:
Was heute bisher geschah:
Grasser-Anwalt Norbert Wess hat mit seinem Plädoyer begonnen, mit dem er die Anklage der Staatsanwaltschaft entkräften will. Mit Verweis auf die Entscheidung des Oberlandesgericht Wien vom April 2017, das die Anklage als Instanz geprüft hatte, ortete er einzelne falsche Zitate und Quellenangaben in der 825 Seiten umfassenden Anklageschrift.
Buwog-Prozess: Scharfe Kritik von Grasser-Anwalt an Anklageschrift
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Das war's für heute.
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Ainedter spricht jetzt nochmals
Er hat sich bei den Schöffen für deren stundenlangen Aufmerksamkeit bedankt.
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Finale
"Wir hoffen auf ein faires Verfahren. Ich habe noch nie ein Verfahren erlebt, wo der Paragraf 2 STPO [Strafprozessordnung, Anm.] mit den Füßen getreten wurde. Wir hoffen, dass der Paragraph 3 STPO im Verfahren wieder zum Leben erweckt wird.“
Wess endet mit den Worten: "Wir haben für alle Schöffen ein vorweihnachtliches Geschenk und haben die Powerpoint-Präsentation auf einem Stick aufbereitet.“(Metzger)
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"Schwiegermutter-Märchen“, so hat die Staatsanwaltschaft gestern die 500.000 Euro-Übergabe von Marina Giori-Lhota an Grasser bezeichnet. Wess hält das für unpassend. Er sagt: "Grasser hat die 500.000 Euro von der Schwiegermutter bekommen. Er hat es für seine Schwiegermutter veranlagt. Dass diese das Geld nicht mehr zurück haben wollte, weil in der Zwischenzeit die Verehelichung stattgefunden hat, kann kein Vorwurf sein. Das betrifft den höchstpersönlichen Privatbereich meines Mandaten." Wess geht weiter scharf ins Gericht mit den Staatsanwälten: "Die Staatsanwälte haben gestern gesagt: Grasser hat gelogen. Das sage ich nicht. Ich sage, die Staatsanwaltschaft hat sich öfters geirrt.“
(Metzger)
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Ende in Sicht
"Wir sind im absoluten Finale", erklärte Wess. In 17 Minuten soll er mit seinem Plädoyer fertig sein.
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Wess: Konto gehört Meischberger
Wess versucht mit Barbehebungen und Einzahlungen von Meischbergers Konto auf das Konto 400.815 zu beweisen, dass das Konto 400.815 in Liechtenstein in Wahrheit Meischberger zuzurechnen ist, nicht seinem Mandaten Kahr-Heinz Grasser.
(Metzger)
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Wem gehört das Konto 400.815 ?
Das Liechtensteiner Konto 400.815 wird von der WKSTA Karl-Heinz Grasser zugeordnet. Wess sagt: "Stimmt nicht. Denn es ist nachweisbar, dass mehrfache Einzahlungen von November 2001 bis September 2005 von Meischbergers Konten kommen."
(Metzger)
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Zwei Varianten
Nun geht Anwalt Wess den Vorwurf der Bestechungszahlung der PORR durch. Er zeigt ein Dokument, auf dem zwei Varianten des Deals angeboten werden.
Bei Variante 1 zahlt das Ministerium 9,5 Euro pro Quadratmeter und unterschreibt einen Kündigungsverzicht für 15 Jahre.
Bei Variante 2 gibt es Mietentgeld von 9,9 Euro pro Quadratmeter. Plus: Es wird ein einmaliger Betrag von 700.000 Euro gezahlt. Wess: "Das ist für WKSTA eine Bestechungszahlung. Ist es aber mitnichten. Es ist vielmehr die monetäre Differenz zwischen den beiden Varianten. Es ist der Unterschied von 0,40 Euro pro Quadratmeter hochgerechnet auf 15 Jahre, wobei der Kündigungsverzicht barwertmäßig abgegolten wird. Das ist in der Mietbranche üblich. “
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Ablehnung des Mietvertrages
Wess thematisiert, warum Grasser den Mietvertrag, der unter zehn Euro pro Quadratmeter lag, ablehnte.
Der Preis wäre nicht der Grund für die Ablehnung gewesn, sondern der Widerstand der Beamten gegen den Standort. Die Anklagebehörde sage dazu: "Das mag sein. Das ist wurscht. Denn Grasser waren die Mitarbeiter immer schon egal.“ Wess aber sage: "Das hat in einer Anklage nichts verloren, wenn es nicht eine einzige Aussage eines Mitarbeiters gibt, der das zu Protokoll gibt. Vielmehr gibt es viele Aussagen, dass Grasser wichtig war, um bei den oberösterreichischen Beamten eine größtmögliche Akzeptanz zu erlangen.“(Metzger)
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Scharinger und Grasser
Wess versucht nun zu entkräften, dass sich Scharinger und Grasser auf direktem Wege den Terminal Tower ausgemacht hätten. Der Anwalt meint: "Die Intervention von Scharinger spricht KHG nicht ab. Es ist auch nichts Unanständiges. Aber auch Scharinger gibt in den Aussage nan, dass Grasser bei den Gesprächen Herrn Quantschnigg dazu holte und meinte, er wäre für den Terminal Tower zuständig.“
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Nun geht es um den Vorwurf, Plech habe 700.000 Bestechungsgeld gefordert. Auch hier versucht Wess zu zeigen, dass es unterschiedliche Aussagen von Zeugen gibt. Zudem wäre Grasser war für dieses Projekt gar nicht zuständig, sondern vielmehr die Abteilung I/3 im Ministerium, und hier im besonderen die Personen DI Mittergger und DI Pippal.
(Metzger)
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Causa Terminal Tower
Das Thema, Finanzstellen zusammenzuführen habe es bereits seit 2003 gegeben.
Wess verliest nun mehrere Stellungnahmen des Oberlandesgerichts. Etwa, dass die "Passagen bezüglich des gemeinsamen Tatplans sich die Wiedergabe von bloßen Mutmaßungen beschränken - und zwar ohne diese als solche auszuweisen bzw. ohne die dazu führenden Indizien zu benennen.“Beim Terminal Tower habe das Oberlandesgericht nochmals festgehalten, dass es "keinerlei Hinweise auf die Vereinbarung einer Bestechungszahlung gibt". Hierzu sagt Wess, wenn man die "Anklageschrift liest, kommt gefühlte 200 Mal der Terminus 'Bestechungszahlungen' aber in keiner einzigen Fundstelle im Akt findet man den Terminus“.
(Metzger)
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Es geht weiter.
Die Buwog ist abgeschlossen, jetzt geht es um die Causa Terminal Tower.
(Metzger)
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Wess ging übrigens mit folgenden Worten in die Pause: "Die Vorwürfe sind ungeheuerlich und politisch dargestellt worden von der Staatsanwaltschaft. Es finden sich keine Unterlagen, keine Beweise für die Untreue oder den Vorwurf der Geschenkanahme. Nur weil der Name unseres Mandaten oft genannt wird, ist das noch keine Grundlage für eine Anklage."
(Metzger)
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Pause.
Zuvor hatte Wess angekündigt, er könne bis 16.30 Uhr mit seinem Plädoyer fertig sein.
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Wer hat den Angebotspreis der CA Immo weitergegeben?
Es gebe zahlreiche andere denkbare Möglichkeiten für die Informationsweitergabe, erklärt Grassers Anwalt. Etwa Mitarbeiter von CA IB, Bank Austria oder Mitarbeiter aus dem Kabinet oder Mitglieder aus der Vergabekommission, könnten dahinterstecken. Oder: "Es war am Markt bekannt".
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Zum Vorwurf, eine Information über das 960 Mio. Euro Angebot wäre ausschließlich von Grasser an Meischberger denkbar und möglich, meint Wess, je mehr Bieter in einem Vergabeverfahren ausgereizt seien, desto mehr würden sich ihre Angebote annähern. Wiederum verweist er auf Zeugenaussagen.
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Ausschnitte von Zeugenaussagen im Minutentakt
Wess projiziert nun im Minutentakt Ausschnitte von Zeugenaussagen auf die Leinwand. Einige Textstellen sind gelb markiert. Der Anwalt kritisiert zahlreiche aktenwidrige Verweise in der Anklageschrift. "Ich weiß, das ist starker Tobak nach der Mittagspause", sagt er.
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Thema Bieterrunde
Nun geht es um die Bieterrunden rund um den Buwog-Verkauf. Wess behauptet, nicht Ex-Finanzminister Grasser wollte eine weitere Bieterrunde "Last and Final Offer", sondern die Experten der Lehman Brothers meinten, hier könne man den Markt nochmals ein wenig ausreizen.
Drei Gründe hätten die Experten für die letzte Bieterrunde herausgearbeitet, das sollen laut Wess sämtliche Zeugen bestätigen, "was die Staatsanwaltschaft in Anklageschrift schlicht ignoriert". Wieder wird etwa die Aussage von Ex-Staatssekretär Alfred Finz und einigen anderen involvierten Personen als Beweis vorgebracht.
(Metzger)
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Wann wusste Grasser von dem Angebot?
Nächster Punkt: Angebotseröffnung. Wess zeigt nochmals auf, dass Grasser nicht, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet, am 4.6. von Traumüller über den Angebotspreis von 960 Millionen informiert wurde. Die Notizen von Traumüller zeigen, dass das Angebot am 4.6. noch gar nicht feststand, sondern erst am 7.6.Wess bringt nun mehrere Beweise vor (etwa Aussagen von Kabinettsmitarbeiter Traumüller), dass die Finanzierungssumme von 960 Millionen Euro erst am 7.6. bekannt gewesen sei und nicht schon am 4.6.2004.
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Verdrehte Fakten?
Wess nimmt nun weitere Theorien der Staatsanwaltschaft aus der Anklageschrift unter die Lupe, darunter etwa das Vorkaufsrecht des Land Kärntens für die ESG Villach. Die Staatsanwaltschaft sagt: "Die juristisch ungültige Einräumung eines Vorkaufsrechts war bereits ein erster Schritt der Umsetzung des gemeinsamen Tatplans.“Die Staatsanwaltschaft sagt auch, dass das Land Kärnten die ESG Villach gar nicht hätte kaufen können. Wess versucht mit Aussagen von diversen Zeugen, darunter auch des ehemaligen Staatssekretärs Finz (ÖVP), die im Akt zu finden sind, zu dokumentieren, dass hier wieder entlastende Fakten "ganz bewusst" von der Staatsanwaltschaft verdreht oder gar nicht erwähnt worden seien.
(Metzger)
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Lehman Brothers vorne
Nun geht es wieder um den Lehman-Komplex "Lehman Brothers hatte die besten Vorschläge", um den Verkaufsprozess zu organisieren, betont Wess. Der Lehman-Komplex ist - wie bereits berichtet - nicht Teil des laufenden Strafverfahrens.(apa)
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Pause zu Ende
Grasser-Anwalt Norbert Wess setzt sein Eröffnungsplädoyer fort. "Ich bitte Sie weiterhin um Aufmerksamkeit", sagt er in Richtung der Schöffen. -
Podcast-Empfehlung für die Mittagspause
Unsere Gerichtssaal-Reporter Christian Böhmer und Ida Metzger haben die letzten zwei Prozesstage im Kurier-Politikpodcast analysiert, inklusive ein paar Hintergrundinformationen, die im Ticker bisher noch nicht vorgekommen sind. Wenn Sie gerade 20 Minuten haben, hören Sie doch mal rein.Hier geht's zur Sendung, Sie finden uns auch auf Apple Podcasts auf ihrem iPhone (und bald auch auf Stitcher auf Android).
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(MGW)
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Die Serviette
Ich habe auf die Schnelle kein verwertbares Bild der Tatplan-Serviette finden können, von der vorhin die Rede war. Hier eine ziemlich getreue Nachzeichnung der wirklich sehr einfach gehaltenen Original-Skizze: -
Mittagspause
Um 13:30 geht es weiter. -
Hocheggers Reaktion auf die Serviette
Nun geht Wess die Aussage von Peter Hochegger durch, als ihm die Serviette von Berner präsentiert wurde. Gestern hat die Staatsanwaltschaft behauptet, dass Hochegger bei der ersten Konfrontation mit der Serviette nicht bestritten hat, dass er die Serviette kennt.Hier sagt Wess: "Diese Behauptung stößt mir auf. Das ist wirklich nicht okay.“
Als Beweis legt er das Einvernahmeprotokoll von Hochegger vor: In einer ersten Reaktion bestreitet Hochegger das aufgezeichnete System auf der Serviette zwar nicht. Sagt aber dann später in der Einvernahme: "Bei mir löst das im Moment keine Erinnerung aus. Ich kann mich nicht erinnern, ein System mit politischen Köpfen entwickelt zu haben. Herr Berner ist ein Schlitzohr.“
Wess schießt scharf gegen die Staatsanwaltschaft: "Wenn so eine Anklage entsteht, dann brauche ich nicht Strafverteidiger werden, da können wir uns gleich im Schützengraben treffen."
"Die Anklageschrift ist in wesentlichen Punkten falsch.“
(Metzger)
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Tatplan auf Serviette
Nächster Punkt: Kann man den vorgeworfenen Tatplan noch aufrecht erhalten? Wess unternimmt nun den Versuch, den Tatplan zu zerpflücken. Er zeigt nun auf einen Folie, die berühmte Skizze von Willibald Berner, die den Tatplan zeigen soll. Hier sind zwei Äste aufgezeichnet."Für den rechten Ast auf der Serviette. gab es keine Ermittlungen, obwohl Grasser diese beantragte. Nur der linke Ast ist die Grundlage für die Anklage.“
(Metzger)
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Interessantes Detail...
...am Rande: Die Powerpoint-Präsentation von Wess ist auf jeder Folie mit „Vorbemerkungen“ tituliert. Soll heißen: Wir sind erst bei der Ouvertüre, bei der Einleitung des Plädoyers - fast drei Stunden nach Beginn der Verhandlung.(Böhmer)
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960-Millionen-Notiz
Wess spricht jetzt über den 4.6.2004, an dem Beamter Traumüller KHG gesagt haben soll, wie hoch das Anbot der Bieter ist.Laut Wess hat sich Traumüller die 960 Millionen erst am 7.6. notiert - er könne also KHG nicht am 4. informiert haben.
"Auf dem fußt die gesamte Anklage! Das ist der Hokus-Pokus, dem ich ihr zum Vorwurf mache."
"Im Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft anderen Zeugen etwas vorgehalten, was so nicht stimmt!"
(Böhmer)
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"Milchmädchenrechnung"
Wess reitet weiter Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft. Nach der abgewiesenen Lehman Brothers-Anklage pickt er sich den nächsten abgewiesene Anklagepunkt heraus, der einen durch Grasser mutmaßlich angerichteten Schaden von 35 Millionen Euro thematisiert.Diese Summe soll dem Staat entgangen sein, weil die Wohnbaugesellschaften im Paket verkauft wurden. Allerdings: Dies sei laut OLG „eine Milchmädchenrechnung“. Grasser-Anwalt Wess nennt es "Hokuspokus“.
(Metzger)
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Gestatten, Norbert Wess
Grassers weniger bekannter zweiter Anwalt neben Manfred Ainedter spricht seit bald zwei Stunden für seinen Mandanten. -
Wess wirft der Staatsanwaltschaft jetzt vor, auf ein Ergebnis hin-ermittelt zu haben.
„In der Psychologie nennt man das einen Rückschau-Fehler", sagt er.
(Böhmer)
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Pausengespräche
In der Pause wurde viel darüber diskutiert, warum Wess wie ein Jus-Professor eine ohnehin abgewiesene Anklage akribisch bespricht und kritisiert. Die Intention ist zwar klar, er will das Plädoyer der Staatsanwälte von gestern auslöschen und die Staatsanwaltschaft in ein schiefes Licht rücken. Allerdings ist Umsetzung nicht gelungen. Man fragt sich, ob die Schöffen der Ausführung wirklich folgen können.(Metzger)
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Weiter geht's
Wess schließt in der Lehman & Brothers-Causa mit der Conclusio: Es habe mehrfache, aktenwidrige Wiedergaben von Ermittlungsergebnissen gegeben. Zahlreiche entlastende Ermittlungsergebnisse (Aussage von neun Zeugen unter Wahrheitspflicht, in Wahrheit kein Verdacht auf strafbare Handlung Mag. Grassers) seien verschwiegen worden.Um das zu untermauern, zitiert Wess aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts: "Die von der WKSTA ... aufgestellte Prämisse, (DI Ramprecht) habe in der Sitzung Kommissionsmitglieder 'umgestimmt' findet in keiner einzigen Niederschrift der sonstigen Sitzungsteilnehmer Deckung.“
(Metzger)
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Zehn Minuten Pause
Als Pausenlektüre empfehlen wir dieses Stück aus unserer Style-Redaktion, die mit dem extravaganten Buwog-Verteidiger Michael Dohr über seinen Modegeschmack gesprochen hat. Stichwort: Geldschein-Anzug. -
Unliebsame Zeugen
Als nächstes bereitet Wess nun den den Boden auf, um die beiden Belastungszeugen Willibald Berner und Michael Ramprecht unglaubwürdig zu machen. Zur Erinnerung: Ramprecht, er war ein enger Mitarbeiter von KHG, packte 2009 aus: Grasser habe sich für die Abwicklung des Verkaufsprozesses ausdrücklich die Investmentbank Lehman Brothers gewünscht. Und es sei klar gewesen, dass die Immofinanz den Zuschlag für die Buwog erhalten werde. Es sei ein abgekartetes Spiel gewesen, sagte Ramprecht aus.(Metzger)
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"Muss man sich trauen"
Derzeit legt Wess zahlreiche Folien vor, wo er Zeugenaussagen über die Bewertungsspielräume rund um den Lehman Brothers-Zuschlag präsentiert. Auch damit will er dokumentieren, dass die Staatsanwaltschaft bewusst Aussagen von Zeugen fehlinterpretiert, um KHG & Co. anklagen zu können. Wess meint: "Das muss man sich erst einmal trauen mit, solchen Aussagen anzuklagen.“Meine Bewertung: Im Moment verliert sich Wess viel zu sehr in Details. Zeigt eine Folie nach der anderen. Die Strategie ist klar, auf Grund der vom Oberlandesgericht abgewiesenen Lehmann Brothers-Anklage, will Wess beweisen, dass die Staatsanwaltschaft nicht mehr objektiv die Wahrheit finden wollte, sondern nur ein Ziel hatte: KHG auf die Anklagebank zu bringen.
(Metzger)
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Verteidigung des "Störfeuers"
Wess geht nun weiter in seiner Kritik an der Anklage: "Jetzt kommen wir zu den Grundlagen der Tatplan-Theorie, die aber zur Gänze vom Oberlandesgericht eingestellt wurde: Das ist Lehmann Brothers. Da geht es um einen Schaden von über 35 Millionen Euro. Wenn wir diesen Einspruch, dieses Störfeuer, wie es die Staatsanwaltschaft nennt, nicht gemacht hätten, müssten sich die Angeklagten hier verantworten.“ -
Wess an die Staatsanwälte: „So kann man nicht anklagen! - Den Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen!“
(Böhmer)
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Wess präsentiert nun sehr detailliert einige Kritikpunkte des Oberlandesgerichts an der Anklageschrift. Er will damit insinuieren, dass die Oberstaatsanwaltschaft schlampig gearbeitet beziehungsweise Fakten mit Absicht missinterpretiert hätte, um die Anklage gegen KHG & Co. durchzubringen.
(Metzger)
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Wess spricht mit schriller Stimme. Sein Punkt ist dieser: Das OLG sagt laut Wess, dass die Verbindung zwischen Grasser und Meischberger „Harry Potter für Erwachsene“ ist - „reine Science-Fiction“.
(Böhmer)
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Blackbox
Wess spricht von „massiver Kritik“, die das Oberlandesgericht (OLG) an der Anklage hat. Er wirft eine PowerPoint Folie an die Wand, in der das OLG Stellen moniert, die Anklage unternehme die „Wiedergabe von blossen Mutmaßungen“.Die Strategie ist klar: Er will zeigen, wie dünn die strafrechtliche Suppe ist.
Vieles, was die Staatsanwaltschaft behaupte, sei eine „Blackbox“, sagt Wess. „Man weiss nicht, woher die Staatsanwälte das haben.“
(Böhmer)
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"Operation gelungen, Patient tot"
Wess erklärt jetzt, wie er vor rund 18 Monaten zur Grasser-Verteidigung gekommen ist. Er habe sich bewusst erst später in das Verfahren eingeklinkt, um es mit der nötigen Distanz zu sehen.Sein ersten Kontakt mit dem Buwog-Fall habe er vor mehreren Jahren gehabt.
Ursprünglich hatte er einen Mandaten, der bei der Raiffeisen Centrobank engagiert war, in einem mittlerweile eingestellten Strafverfahren im Zuge der Grasser-Verfahren vertreten. Wess schildert, wie sein damaliger Mandat damals beruflich zerstört worden sei, weil ein Jahr lang von Seiten der Staatsanwaltschaft nichts weiter gegangen sei. "Mein Mandat verlor den Job und konnte keinen neuen antreten", sagt Wess.
"Vor über zwei Jahren machte ich einen Einstellungsantrag, der damals angelehnt wurde. Vor wenigen Monaten wurde das Verfahren dann doch eingestellt." Sein damaliger Mandat sei mittlerweile aber ruiniert. "Man könnte sagen: Operation gelungen. Patient tot."
Zu den Schöffen: "Auf das möchte ich Sie sensibilisieren. Seien Sie kritisch bei den Anträgen und den Fakten, die ihnen zugetragen werden."
(Metzger)
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Ermittlungsverfahren "falsch gelaufen"
"Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht haben die Wahrheit zu erforschen und alle Tatsachen aufzuklären, die für die Beurteilung der Tat und des Beschuldigten von Bedeutung sind", zitiert Wess, den Paragraf 3 STPO (Strafprozessordnung) über die "Objektivität und Wahrheitserforschung".Weiters im Paragraf 3: Alle Richter, Staatsanwälte und kriminalpolizeilichen Organe haben ihr Amt unparteilich und unvoreingenommen auszuüben und jeden Anschein der Befangenheit zu vermeiden. Sie haben die zur Belastung und die zur Verteidigung des Beschuldigten dienenden Umstände mit der gleichen Sorgfalt zu ermitteln.
Wess erklärt den Schöffen, dass der Paragraf in der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft nicht eingehalten worden sei. Das ganze Ermittlungsverfahren sei völlig falsch gelaufen.
"Es wurde ein Ergebnis antizipiert und dieses Ergebnis wollte man erreichen", sagt Wess.
(Metzger)
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Grinsende Polizisten
Anwalt Wess: "Die letzten sieben Jahre haben Vorverurteilungen gebracht, die ihres Gleichen suchen. In Deutschland gibt es so etwas nicht.""Da rede ich von Hausdurchsuchungen, wo die Justiz vorab die Presse vorab informiert hat. Grinsende Kriminalbeamte wurden dabei fotografiert, wie sie Dokumente ins Auto laden."
"Da mache ich Ihnen einen Vorwurf, sehr geehrte Oberstaatsanwälte!"
(Böhmer)
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Wess: "Kein respektvoller Umgang"
"Wenn Sie zu den Schöffen sagen, was von den Anwälten kommen, das sind Störgeräusche, ist das kein respektvoller Umgang unter Kollegen. Sie wissen, dass wir die Anträge am Anfang der Verhandlung stellen müssen, weil wir sonst keine Nichtigkeitsmöglichkeit haben.""Ich persönlich habe mit den Anträgen keine Freude gehabt, denn ich schätze die Frau Vorsitzende persönlich und beruflich. Uns vorzuwerfen, dass wir deswegen einen Tag verloren haben, da machen Sie der Republik keinen guten Dienst. Wir werden weiter die Anträge stellen, denn das sind Verfahrensgrundlagen. Wenn Sie sagen Aktenwidrigkeiten sind Nebelgranaten, muss man sich das auf der Zunge zergehen lassen. ich werde Ihnen heute Daten, Fakten präsentieren, dann werden Sie entscheiden, ob es Nebelgranaten sind."
(Metzger)
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Die Verteidigung beginnt mit dem Plädoyer
Grassers zweiter Anwalt Norbert Wess ergreift das Wort und wendet sich gleich die Staatsanwälte:
"Eines vorneweg an die Staatsanwälte: Ihr Plädoyer hat mich betroffen gemacht, das war kein juristisches Plädoyer, sondern ein politisches. Sie haben hier eine Show abgeliefert, die ich von Staatsanwälten so nicht erwartet hätte. Staatsanwälte hätten von Gesetzestext her unvoreingenommen agieren müssen und sie argumentieren mit Schlagwörtern wie Gier, Geld, Geheimnisse.
Ich komme mir wir in einer Rollenumkehr vor: Denn wir werden mit Zahlen, Daten Fakten agieren."
(Metzger)
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