Lindner: "Habe Situation selbst verschuldet"

Monika Lindner (69) über die Ermittlungen: „Ich bin überzeugt, es wird zu keiner Anklage kommen“.
Die Ex-Abgeordnete über den Vorwurf der Untreue, ihren Rücktritt und Freunderlwirtschaft.

KURIER: Frau Lindner, war der Entschluss wilde Abgeordnete zu werden, der schwerste Fehler in Ihrem Berufsleben?

Monika Lindner: Der Plan war in meiner Vorstellung ein anderer. Es war mir natürlich klar, dass da und dort Unverständnis sein wird. Aber mit dieser Wucht habe ich nicht gerechnet – ich hätte es besser wissen müssen.

Wann kam der Moment, wo Sie das Handtuch warfen?
Als die Geschichte mit dem Kinderkrebsforschungsinstitut St. Anna losging, begann ich darüber nachzudenken. Auf einmal war ein Vorwurf auf der Welt, wo ich nicht wusste: Wie kommt es überhaupt dazu? Dass dieses Forschungsinstitut mit mittlerweile 100 Mitarbeitern besteht, ist zu einem Gutteil das Lebenswerk von Günter Lebisch und mir. Er hat die Kampagnen jahrzehntelang gratis gestaltet, bis sie ein Ausmaß annahmen, dass er es nicht mehr komplett unentgeltlich machen konnte. Also verließ er den Vorstand und schloss mit dem Obmann einen Vertrag mit einer bescheidenen Jahrespauschale für die Agentur ab.

Sie waren also nicht Triebfeder hinter diesem Auftrag?
Die Geschichte vor 30 Jahren war eine andere. Wir waren damals froh, einen so renommierten Werber für die Idee begeistern zu können. Der Vorwurf, ich hätte Günter Lebisch etwas zugeschanzt, ist eine Verleumdung und Diskreditierung seiner Qualität als Werber. Er hat einige Staatspreise gewonnen und zählte zu den Besten des Landes.

Lindner: "Habe Situation selbst verschuldet"
Monika Lindner im Interview am 13.12.2013 in Wien
Tatsache ist, dass die Staatsanwaltschaft gegen Sie ermittelt.
Die Anzeige kam von der FPÖ und es ist ein ganz normaler Vorgang, dass die Staatsanwaltschaft zu ermitteln beginnt. Warten wir einmal ab, ob es überhaupt zur Anklage kommt.

Ihr Stiefsohn hat für einen sechsstündigen Dreh im St. Anna Kinderspital 3200 Euro Honorar erhalten. Das sind 533 Euro pro Stunde. Das klingt nach Freunderlwirtschaft ...
Mein Stiefsohn ist ein anerkannt guter Regisseur und Kameramann. Er hat zwischen 2004 und 2013 fünf Spots für die St. Anna Kinderkrebsforschung gemacht. Das war ein Aufwand inklusive Buch und Produktion von gut 90 Stunden pro Spot. Im Jahr 2009 hat er einmal 3200 Euro Honorar bekommen und das musste man ihm aufdrängen. Wenn man den Zeitaufwand für alle Spots addiert, kommt man auf einen Stundenlohn von vielleicht sieben Euro. Von Freunderlwirtschaft kann da keine Rede sein.

Lindner: "Habe Situation selbst verschuldet"
Copyright: STARPIX / Alexander TUMA, 23.11. 2012 Wien, Monika LINDNER, Günter LEBISCH, 2. Wiener Rotkreuzball im Wiener Rathaus
Und die ORF-Aufträge in Höhe von 2,3 Millionen Euro, die Sie als ORF-Chefin Günter Lebisch zukommen haben lassen, haben nichts damit zu tun, dass er Ihr Lebensgefährte ist?
Er ist nicht mein Lebensgefährte. Wie oft soll ich das noch sagen? Glauben Sie wirklich, dass Günter Lebisch 2,3 Millionen Euro nur für sich kassiert hat? Das waren Budgets. Damit musste er alle Drittkosten für Produktion oder Schaltung abdecken und die waren sehr hoch. Außerdem war ich bei Verhandlungen immer sehr knausrig, das können Sie mir glauben.

Warum bauen Sie sich dann ein Haus mit Günter Lebisch?
Das ist eine gemeinsame Investition. Aber deswegen hat man noch keine Lebensgemeinschaft. Mein Mann ist 2004 gestorben, seit dem lebe ich allein.

Das Haus, das Sie im 14. Bezirk bauen, wird nicht Ihr neuer gemeinsamer Wohnsitz?
Aus heutiger Sicht wird es nicht mein neuer Wohnsitz. Ich habe es als gute Investition gesehen, weil ich durch den Verkauf meines Elternhauses in Tirol Geld übrig hatte.

Normalerweise baut man sich ein Einfamilienhaus mit seinem Mann oder Lebensgefährten und nicht mit einem guten Freund ...
Seien Sie mir nicht böse, ich bin kein Teenager mehr. Ich werde nächstes Jahr 70. Selbst wenn ich morgen beschließen würde, in dieses Haus zu ziehen, dann bleibt es bei unserer sehr guten Freundschaft.

Lindner: "Habe Situation selbst verschuldet"
APA15346060 - 29102013 - WIEN - ÖSTERREICH: Die fraktionslose Abgeordnete Monika Lindner im Rahmen der Konstituierenden Sitzung des Nationalrates am Dienstag, 29. Oktober 2013, im Parlament in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Sie haben Ihre Position als Sendungsverantwortliche von „Willkommen Österreich“ nicht für inoffizielle Geschäfte ausgenützt?
Dieser Vorwurf stammt aus einem anonymen Brief. Aber wie kommt jemand dazu, so etwas zu behaupten. Ein großer Teil des „Willkommen Österreich“-Budgets musste aus Produktionskosten-Zuschüssen finanziert werden. Die Summe wurde uns von der ORF-Geschäftsführung vorgeschrieben. Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, dass da auch nur ein Euro daneben verschwinden kann. Dieser Vorwurf ist einfach verleumderisch.

Ein Ex-Mitarbeiter von „Willkommen Österreich“, der in Ihrem Landhaus zu Gast war, behauptet, dass die Einrichtung ident war mit jener des Studios. Haben die Firmen, die das Studio ausgestattet haben, auch gleich Ihr Haus neu eingerichtet?
Das Haus haben wir mit der kompletten Einrichtung 1993 gekauft und am Interieur habe ich nichts verändert. Das Studio für „Willkommen Österreich“ wurde 1995 vom Regisseur mit einer Architektin gemacht. Wo ist da ein Zusammenhang? Ich bin entsetzt, über dieses Maß an Bösartigkeit. Ich frage mich: Wie groß muss die Antipathie der Menschen gewesen sein, mit denen ich vertrauensvoll zusammengearbeitet habe und zu denen ich glaubte, ein gutes Verhältnis zu haben.

Vielleicht hat die Antipathie mit Ihrem autoritären Führungsstil zu tun, der Ihnen nachgesagt wird ...
Ich hatte einen sehr entschlossenen Führungsstil, und ich habe die Dinge auch immer beim Namen genannt. Das war offensichtlich sehr unbeliebt. Aber ich habe immer in der Sache entschieden.

Und im Ton haben Sie sich nie vergriffen?
Ich bin eine sehr emotionelle Vertreterin meiner Meinung. Aber dass ich Mitarbeiter beschimpft habe, schließe ich aus. Dass ich ab und zu laut wurde, das schließe ich nicht aus. Und leider war mir die Pointe oft wichtiger, als die Freundschaft.

Glauben Sie nicht, dass es für Unmut bei den Mitarbeiten sorgt, wenn man seinen Hund mit Chauffeur zum Heilmasseur ins Waldviertel führen lässt ...
Mein Hund hat dringend eine spezielle Behandlung benötigt. Das war nicht mein Dienstauto, sondern mein Privatauto, das ich übrigens noch immer besitze. Es war nicht mein Dienst-Chauffeur, sondern ein pensionierter Fahrer den ich privat dafür bezahlt habe. Ich wollte nicht einen Tag unterwegs, und nicht im ORF sein.

Lindner: "Habe Situation selbst verschuldet"
Monika Lindner (69) über die Ermittlungen: „Ich bin überzeugt, es wird zu keiner Anklage kommen“.
Welche Zukunftspläne haben Sie nun? Doch nur Golf spielen und jagen?
Im Moment versuche ich nur an den Punkt zu gelangen, wo sich niemand mehr für mich interessiert und ich wieder rehabilitiert bin. Die Vorstandsmitglieder der St. Anna Kinderkrebsforschung bestätigen mir zwar im Gespräch, dass ich nichts Unredliches gemacht habe. Es kränkt mich aber, dass einige, wenn ich sie bitte, das auch der Öffentlichkeit mitzuteilen, einen Rückzieher machen und mit der Ausrede kommen, ihre Krisenagentur hat ihnen davon abgeraten, hinter Monika Lindner zu stehen.

Angesichts dieses Imageverlustes: Verfluchen Sie den Tag, als Frank Stronach Ihnen den Floh ins Ohr setzte, Abgeordnete zu werden?
Es war eine sehr spontane Entscheidung, die unter großem Zeitdruck passierte. Der erste Schritt war aber noch nicht schlimm. Aber die zweite Entscheidung als freie Abgeordnete zu gehen, ist sehr fragwürdig. Da hat mir meine Familie, sprich mein Stiefsohn, schwere Vorwürfe gemacht.

Ihr Stiefsohn wollte nicht, dass Sie wilde Abgeordnete werden...
Nein. Er war vehement dagegen. Ich neige nicht dazu „hätti, wari, tätti“ zu sagen. Es ist, wenn Sie so wollen, eine selbst verschuldete Situation. Aber sich mit Selbstvorwürfen zu konfrontieren, kann mit Magengeschwüren enden. Man muss versuchen, in irgendeiner Form mit seinen Handlungen zurechtzukommen.

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