Letzter Ministerrat beginnt wieder einmal mit Gefecht

Im Ministerratszimmer des Kanzleramtes versammeln sich wöchentlich die Regierungsmitglieder.
Wie so oft wird im Rahmen des Ministerrates eine Attacke geritten – der aktuelle Anlass: Die 5G-Strategie für schnelleres Internet.

Der Steinsaal im Bundeskanzleramt war in den vergangen Jahren vor allem eines: Schauplatz zahlloser Polit-Scharmützel. Hier, wo wöchentlich die Regierungsmitglieder von Journalisten und Kameraleuten umzingelt und befragt werden, wo Minister medienwirksam ihre Anliegen positionieren – hier haben sich in der zu Ende gehenden Legislaturperiode unter anderem schon Reinhold Lopatka und Rudolf Hundstorfer zum Thema Mindestsicherung, Gabriele Heinisch-Hosek und Sophie Karmasin in Familiendebatten, sowie Gerald Klug und Johanna Mikl-Leitner in der Flüchtlingsdebatte über Medien ihre Gefechte ausgetragen. Lopatka und Karmasin zählen derzeit noch zur Riege der Spitzenpolitiker im Bund, die anderen Genannten wurden bereits ersetzt. Personell hat die derzeitige Regierung mit der vor vier Jahren angelobten nur noch sehr wenig gemein: Von den 16 einst von Heinz Fischer ernannten Regierungsmitgliedern (inklusive Staatssekretären) sind heute nur noch Sebastian Kurz, Andrä Rupprechter, Sophie Karmasin, Wolfgang Brandstetter (alle ÖVP) und Alois Stöger (SPÖ) im Amt. Nebst aller Personal-Rochaden ist eines unverändert: Die Fetzen zwischen Rot und Schwarz fliegen im Rahmen der Regierungssitzung nach wie vor. Diese Woche hat der rote Verkehrsminister Jörg Leichtfried die ÖVP im Vorfeld ins Visier genommen. Der Anlass: Die ÖVP, sagt Leichtfried, blockiere die vor Monaten im Regierungsprogramm vereinbarte und seit Juli fertig ausgearbeitete 5G-Strategie für ein schnelleres Internet.

SPÖ: "Spielchen"

Mit dem Beschluss der Strategie könnten laut Verkehrsressort Fördergelder abgeholt und Geschäftsmodelle entwickelt werden, um bei der 5G-Technologie früh dabei zu sein. Die Ziele: Noch heuer soll es demnach erste 5G-Testregionen geben, bis 2020 soll der Mobilfunkstandard in jede Landeshauptstadt kommen. Erst vergangenen Freitag ist eine Verhandlungsrunde zu diesem Thema einmal mehr ergebnislos zu Ende gegangen. "Die ÖVP", schimpft Leichtfried, "soll endlich ihre Spielchen beenden und Verantwortung übernehmen". Einige man sich am Mittwoch beim wohl letzten Ministerrat dieser Periode nicht auf die Strategie, verliert das Land laut Leichtfried rund ein Jahr in dieser Technologie. "Wir hinken dann hinterher, die Telekom-Unternehmen investieren ihr Geld nicht bei uns, sondern im Ausland. Mit ihrer Blockade schadet die ÖVP dem Standort", sagt Leichtfried zum KURIER. Gibt es keine Einigung, darf sich die nächste Regierung darum kümmern. Die zwei im Oktober noch vorgesehenen Ministerratstermine dürften Regierungskreisen zufolge nämlich abgesagt werden – es sei denn, SPÖ und ÖVP wollen vor der Wahl noch ein gemeinsames Anliegen angehen. Momentan gilt dies allerdings eher als unwahrscheinlich.

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