VP-Chef muss um Autorität kämpfen

Ein Gefangener? Neo-Finanzminister Michael Spindelegger sprach jüngst zu seinen Mitarbeitern. Im VP-Wirtschaftsbund fürchtet man, die Beamten haben den Minister im Griff.
Die Obmanndebatte geht weiter. Rädelsführer diesmal: Christoph Leitl vom Wirtschaftsflügel.

Michael Spindelegger ist angezählt. Zum zweiten Mal.

Es ist erst ein paar Wochen her, da musste der ÖVP-Chef und Finanzminister die Chefs seiner Landesparteien zu einer nächtlichen Krisensitzung nach Wien beordern – die Art und Weise, wie Spindelegger die Regierungsämter vergeben und die Bildungsdebatte planiert hatte, war auf breiten Unmut gestoßen. Spindelegger konnte den Zorn wieder notdürftig einfangen. Doch kaum haben sich die Wogen gelegt, rumort es wieder in der ÖVP.

Das Epizentrum diesmal: der Wirtschaftsflügel.

Der Anlass für den jüngsten Groll: die geplante Steuer-Anhebungen, die vor allem zulasten der Unternehmen gehen. „Entgegen den Versprechen der ÖVP wird die Wirtschaft nicht entfesselt. Der Unmut in den Betrieben ist groß wie nie“, sagt ein Wirtschaftsbündler.

Nannten Kritiker bislang die EU-Wahl als Spindeleggers letzte Chance, um den Verbleib an der Parteispitze zu retten, wird ein früheres Datum kolportiert: Da die Nationalratsabgeordneten des Wirtschaftsbundes angedeutet haben, sie könnten dem zu Ungunsten der Wirtschaft ausgestalteten Budget nicht zustimmen, ist de facto schon der nächste Donnerstag eine erste Deadline – am 13. Februar tagt der Finanzauschuss im Parlament, und bei dieser Sitzung wird sich zeigen, ob eine neue Allianz aus ÖVP-Wirtschaftsbund, FPÖ, Grünen, Neos und Team Stronach zur Rettung der „GmbH light“ hält und damit Spindeleggers Steuerpaket zu Fall bringt – oder nicht.

Gefangener Parteichef

Wort- und Rädelsführer der parteiinternen Kritiker ist Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl.

In einem überraschend offenen Interview mit dem ORF-Report hatte Leitl dem Finanzminister unverblümt die Führungskompetenz abgesprochen: Spindelegger sei ein „Gefangener“ seiner eigenen Beamtenschaft; quasi als „D’rüberstreuer“ befundeten namhafte Funktionäre wie der für gewöhnlich zurückhaltende Grazer ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl, Spindelegger sei ein Problem und die Partei sei inhaltlich zu schmal aufgestellt.

Die Frage ist nun: Ist die interne Aufregung damit wieder vom Tisch – wie weiland im Jänner?

Die Anzeichen mehren sich, dass der Zorn gegenüber Spindelegger nachhaltig ist.

Neue Allianzen

So schmiedet der Wirtschaftsflügel um Christoph Leitl externe Allianzen: Am Mittwoch traf sich Leitl mit den Grünen; kommende Woche folgen Termine mit Neos, FPÖ und dem Team Stronach, und mit allen eint Leitl ein Ansinnen: Man will die GmbH light retten – eine Spitze gegen den Finanzminister, der das Budget im Auge hat (siehe rechts).

Fritz Amann, WKÖ-Vizepräsident vom Ring freiheitlicher Wirtschaftstreibender: „Wir sind absolut für eine Allianz zur Rettung zu haben.“

Leitl selbst wollte am Mittwoch nicht weiter nachlegen. Nur soviel: „Wer die Positionen der Wirtschaftskammer unterstützt, ist willkommen – das ist im Interesse der Standortverbesserung.“

Zu Spindeleggers Verteidigung rückte derweil nur Landeshauptmann Josef Pühringer aus. Der Oberösterreicher gestand offen ein, die Partei sei in einer „schwierigen Situation“ , Spindelegger bleibe aber Obmann.

Dass Leitl beim Steuerpaket mit anderen Fraktionen zusammenarbeiten könnte, kann sich Pühringer nicht vorstellen: „Ich gehe davon aus, dass keine Intrige gegen den Bundesparteiobmann in dieser Form geplant ist.“

Werner Kogler, der Finanzsprecher der Grünen, griff das bereitwillig auf: „Pühringer hat Recht. Es ist keine Intrige. Wir reden nur von einer Sachkoalition zur Rettung der GmbH light.“

GmbH light

Reform der Reform der Reform Als Reform für mehr Gründungen wurde im Juli 2013 die „GmbH light“ mit 10.000 Euro Stammkapital (statt 35.000) eingeführt. Die Koalitions- verhandler wollten die Reform der Reform: Wegen Tausender Umgründungen und hohem Steuerentfall sollten wieder 35.000 Euro von den Gründern verlangt werden. Es folgte ein Aufschrei des Wirtschaftsbundes. Jetzt wird über die Reform der Reform der Reform gestritten: 10.000 Euro für die Firmengründung, dann aber Gewinn einbehalten, um über 10 Jahre auf 35.000 Euro zu kommen.

11 Fakten zu Michael Spindelegger

Es kommt nicht oft vor, dass sich der schwarze Wirtschaftsbund und die Grünen zusammentun. Doch beim Versuch, die „GmbH light“ zu retten, so wie sie erst im Sommer 2013 eingeführt worden ist, treffen sich die Interessen von Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl und den Grünen. Schon macht das Wort von der „GmbH Leitl“ die Runde.

Am Mittwoch soll die weitere Vorgangsweise besprochen werden. Leitl trifft sich mit Werner Kogler, dem Finanzsprecher der Grünen, und Volker Plass, dem Chef der Grünen Wirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich.

Kogler sagte zum KURIER: „Wir kämpfen für die selbe Sache. Wir brauchen die GmbH light als besondere Einstiegschance für junge Startunternehmer.“

Was Leitl und Kogler missfällt: 2013 wurde die GmbH light mit 10.000 Euro Stammkapital (statt bis dahin 35.000 Euro) eingeführt. Dann wurde sie im Zuge des Steuerpaketes von Finanzminister Spindelegger gestrichen. Nur um nach einem Aufschrei eine Mischvariante vorzulegen: Gründer brauchen 10.000 Euro zum Firmenstart, müssen dann aber über Jahre Gewinn einbehalten, um die „alten“ 35.000 Euro zu erreichen.

Kogler will das im Parlament zu Fall bringen: „Wir gehen die Allianz mit dem Wirtschaftsbund ein, auch um Leitls Abgeordnete zu stärken.“ Gegen das Abgabenänderungsgesetz braucht es im Parlament die Stimmen aller Oppositions-Abgeordneter sowie der sieben Wirtschaftsbündler.

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