Grüne verteidigen VfGH, SPÖ ortet "Krieg gegen Justiz" seitens ÖVP

Grüne verteidigen VfGH, SPÖ ortet "Krieg gegen Justiz" seitens ÖVP
Der Rücktritt des nunmehrigen Ex-VfGH-Richters Brandstetter sei nur der erste, "es werden weitere folgen".

Die Grünen begrüßten am Freitag den Rücktritt von Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter (ÖVP) nach Bekanntwerden seines Chats mit Sektionschef Christian Pilnacek. Dieser Chat sei "inakzeptabel" gewesen und der Rückzug Brandstetters auch angesichts der Ermittlungen gegen ihn alternativlos, meinte Klubchefin Sigrid Maurer in einer Stellungnahme gegenüber der APA. 

Auf die Frage der Nachbesetzung - ob die Grünen nun den Anspruch auf ein zweites "Ticket" anmelden - ging Maurer nur insofern ein, als sie die Wichtigkeit der im Informationsfreiheitsgesetz geplanten Cooling-Off-Phase für Politiker unterstrich. Denn: "Dass mit Brandstetter ein ehemaliger Politiker zum Mitglied des VfGH berufen wurde, hat sich nicht bewährt."

Zu dem Chat merkte Maurer an, dass Brandstetter der Herabwürdigung zweier Verfassungsrichterinnen auf Basis ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts "nichts entgegengesetzt, sondern sich auch noch daran beteiligt" habe. Der Rücktritt sei die richtige Konsequenz gewesen, um weiteren, schweren Schaden für den VfGH abzuwenden. Maurer würdigte den VfGH: Dessen unabhängige und störungsfreie Arbeit sei "enorm wichtig", seine Mitglieder hätten "vielfach bewiesen, dass sie gewissenhaft und unabhängig agieren".

Mit scharfer Kritik an der ÖVP hat sich am Freitag auch SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried zu Wort gemeldet. Er warf den Türkisen vor, "Krieg" gegen die Justiz zu führen und diese "systematisch zu diffamieren". Leichtfried begrüßte bei einer Pressekonferenz den Rücktritt von Brandstetter als Verfassungsrichter, erinnerte aber daran, dass es Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) gewesen sei, der Brandstetter vom Ministeramt direkt in den VfGH befördert habe.

Brandstetters Rücktritt sei nur der erste, "es werden weitere folgen", sagte Leichtfried und nannte Finanzminister Gernot Blümel und ÖBAG-Chef Thomas Schmid als potenzielle Rücktrittskandidaten. "Das System Kurz beginnt anständig zu bröckeln, wobei anständig hier das falsche Wort ist", so Leichtfried. Die Reaktion der ÖVP auf den Rückzug Brandstetters bezeichnete er als "skrupellos". Anstelle des ÖVP-Fraktionsführers im U-Ausschuss Andreas Hanger würde er "zerknirscht in sich gehen" und sich "schämen für die Respektlosigkeit", die die ÖVP der Justiz und dem Rechtsstaat gegenüber lege. Stattdessen greife die ÖVP die Justiz weiter an. "Die ÖVP führt eine Art Krieg gegen die WKStA und damit gegen den Rechtsstaat."

Die Chats des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek zeigen laut Leichtfried, dass der jahrelange höchste Beamte im Justizressort "Teil des Netzwerkes gewesen ist". "Die "türkise Truppe" von Kanzler Kurz glaube offenbar, dass sie über dem Recht und dem Staat stehe und Regeln nur für den "Pöbel" gelten, so Leichtfried in Anspielung auf ein Zitat von Thomas Schmid.

Er forderte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) auf, "dem entgegen zu treten, damit die Richter und Staatsanwälte wissen, dass jemand hinter ihnen steht". Die SPÖ fordere zudem, mehr Personal und mehr Geld für die WKStA und die Verlängerung des Ibiza-U-Ausschusses. Dass die NEOS vertrauliche Akten aus dem U-Ausschuss hinausgespielt haben, kommentierte Leichtfried nur knapp: Die SPÖ würde sich an die Gesetze halten.

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