KZ-Gedenkstätte Gusen: Österreich weist Kritik aus Polen zurück

Gedenkinschrift am ehemaligen KZ-Mauthausen
Die polnische Vize-Kulturministerin hatte beklagt, dass Erinnerungsarbeit in Österreich durch die Behörden behindert werde.

Das Innenministerium hat Kritik aus Polen, die österreichischen Behörden behinderten die Bemühungen um das Andenken an das ehemalige Konzentrationslager Gusen, scharf zurückgewiesen.

Man sei über die Aussagen der polnischen Vize-Kulturministerin Magdalena Gawin "einigermaßen verwundert", zumal "seit längerem" Gespräche unter Einbeziehung Polens dazu liefen und die Kritik gerade zum Gedenktag erfolge, sagte Ministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck der APA am Sonntag auf Anfrage. Grundböck sprach von "einseitigen medialen Anwürfen wider besseren Wissens". Der Zeitpunkt der Kritik widerspreche dem "Geist der Gemeinsamkeit im Gedenken".

Gawin, die einer polnischen Delegation angehörte, die am Wochenende an den offiziellen Feierlichkeiten zum Gedenken an die Befreiung der NS-Konzentrationslager in Österreich teilnahm, hatte am Samstag laut polnischer Nachrichtenagentur PAP gesagt, die Erinnerungsarbeit werde von Österreich behindert und stoße auf einen "Mangel an gutem Willen seitens der österreichischen Behörden".

Europäisches Bildungszentrum

Polen setzt sich in Zusammenarbeit mit der Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung für den Bau eines europäischen Bildungszentrums auf dem Gelände des früheren KZ Gusen ein, um dort Konferenzen und Jugend-Begegnungen abzuhalten. Die österreichischen Behörden würden sich hingegen "seit Jahrzehnten" darauf berufen, dass das frühere Lager im privaten Eigentum stehe. "Wir haben diese These überprüft. Wir haben den Eigentümer kontaktiert, der sich sogleich bereit erklärt hat, das Grundstück zu verkaufen", sagte Gawin, Vertreterin der nationalkonservativen Regierung in Warschau.

Es sei bedauerlich, dass den Polen die Möglichkeit verwehrt werde, sich auf dem Standort des früheren Lagers zu versammeln. "Über 90 Prozent" aller Lagerinsassen seien 1940 Polen gewesen. Nach polnischen Angaben wurden in Gusen zwischen 27.000 und 35.000 Polen ermordet.

Der Nationalrat hatte im Juli des Vorjahres die Umwandlung der Gedenkstätte Mauthausen in eine gemeinnützige Bundesanstalt beschlossen. Deren Aufgabe ist es, das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in den Konzentrationslagern Mauthausen und Gusen sowie deren Außenlagern zu bewahren, Zeugnisse der Geschichte zu sammeln, die damaligen Geschehnisse einer möglichst breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, wissenschaftliche Forschung zu betreiben und Überlebende und Angehörige zu betreuen. Auch Präventionsarbeit gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung und die Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Gedenkstätten gehören zum gesetzlichen Aufgabenkatalog.

Situation bei Gusen komplexer

Laut Grundböck wurde die Gedenkstätte Mauthausen seither organisatorisch und inhaltlich "völlig umgewandelt". Was Gusen betrifft, sei die Situation jedoch "komplexer": "Das weiß Polen auch." In die laufenden Gespräche seien neben Vertretern Polens auch das Bundesdenkmalamt und der Eigentümer eingebunden. Mutmaßungen, wonach polnische Nationalisten das Gedenken für ihre Anliegen instrumentalisieren könnten, wollte der Sprecher nicht kommentieren.

Als die Umwandlung in eine Bundesanstalt 2016 beschlossen wurde, stimmten die Grünen mit Nein. Ein Grund dafür war, dass der Wunsch Polens, beim Namen der Gedenkstätte Gusen zu ergänzen, nicht berücksichtigt worden sei - seien in dem dortigen Nebenlager doch sogar mehr Menschen umgekommen als in Mauthausen, wie der Grüne Abgeordnete Harald Walser damals sagte.

2001 war zur Errichtung einer Gedenkstätte in Gusen, wo vor allem Häftlinge aus von Hitlerdeutschland besetzten europäischen Staaten interniert waren, ein Personenkomitee gebildet worden, das Ideen dafür erarbeiten sollten. Dem Komitee gehörten der damalige polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski, der damalige Nationalratspräsident und spätere Bundespräsident Heinz Fischer, der damalige oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer und Innenminister Ernst Strasser an. Im Mai 2004 wurde direkt neben dem Memorial Gusen ein neues Besucherzentrum eröffnet. Die Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers Gusen wurde im Herbst 2005 präsentiert.

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